Die Überschreitung von (Kosten-)Voranschlägen aus haftungs- und versicherungsrechtlicher Sicht
Georg Jeremias, Georg Seebacher und Georg Gonschorowski *
In der Baubranche spielen (Kosten-)Voranschläge eine entscheidende Rolle. Oft werden zur Kostenermittlung fachkundige Personen (wie Ziviltechniker und Angehörige technischer Büros, im Folgenden der Einfachheit halber kurz: Ziviltechniker) beigezogen, was jedoch ein erhebliches Haftungsrisiko bei Überschreitungen birgt. Dieser Beitrag beleuchtet mögliche Haftungsszenarien und den damit verbundenen Versicherungsschutz.
1. Einleitung
Für jedes Bauvorhaben spielt die Kostenfrage eine entscheidende Rolle. Der Bauherr ist naturgemäß daran interessiert, für möglichst wenig Geld ein qualitativ möglichst hochwertiges Objekt zu erhalten. Neben dieser grundlegenden Richtung möchte der Bauherr – wie auch andere Projektbeteiligte – bereits ab der Anfangsphase eines Projekts wissen, wie viel ihn das Bauvorhaben kosten wird. Von der Erstellung und umso mehr von der Einhaltung eines Budgets hängt der wirtschaftliche Erfolg eines Bauvorhabens entscheidend ab.
In der durchaus heiklen Kostenfrage werden oft fachkundige Personen, insbesondere Ziviltechniker, zur Unterstützung beigezogen. Diese Tätigkeiten bergen allerdings ein nicht zu vernachlässigendes Haftungsrisiko. Denn werden Kosten nicht eingehalten, wird rasch ein Schuldiger gesucht. Mit solchen Konstellationen können in weiterer Folge die Haftpflichtversicherer konfrontiert werden, womit die Frage des Versicherungsschutzes relevant wird.
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit (potenziellen) Haftungsszenarien und dem Versicherungsschutz.
2. Voranschläge in der Planungs- und Baubranche
Gesetzliche Anknüpfungspunkte für (Kosten-)Voranschläge findet man im Werkvertragsrecht. Der Kostenvoranschlag im Sinne von § 1170a ABGB und § 5 KSchG dient dem Werkbesteller in erster Linie als Information über die voraussichtlichen Kosten des zu erbringenden Werks.[1] Es geht um eine Berechnung des voraussichtlichen Werklohns unter Offenlegung der Entgeltfaktoren.[2] Diese Regelungen mit weitgehend abschließenden Rechtsfolgen befassen sich zusammengefasst mit der Entgeltvereinbarung zwischen Werkbesteller und Werkunternehmer. Für den vorliegenden Beitrag ergeben sich daraus keine relevanten schadens- oder deckungsrechtlichen Schlussfolgerungen.
Die in der Baubranche gängigen Kostenvoranschläge verfolgen andere Zwecke. Auftraggeber (Bauherren) sind aus (Budget-)Planungsgründen auf möglichst genaue Prognosen der zu erwarteten Kosten des Vorhabens angewiesen. Es geht also nicht um den Werklohn Einzelner, sondern um eine Gesamtabschätzung.
Um ein möglichst genaues Bild zu erhalten, sind Ziviltechniker häufig beauftragt, einen Voranschlag für die Baukosten zu erstellen. Üblich sind in diesem Zusammenhang die Begriffe „Kostenschätzung“, „Kostenberechnung“ und „Kostenermittlung“. Je weiter fortgeschritten das Bauvorhaben, insbesondere die Planungstiefe, ist, desto genauer sollte die Ermittlung sein, worauf auch die unterschiedlichen Begriffe hinweisen.
Die Verpflichtung zur Erstellung des Voranschlags bzw zur Kostenermittlung ist entweder ausdrücklich vereinbart oder sie ergibt sich aus der umfassenden Beratungspflicht des Ziviltechnikers, die auch die Berücksichtigung von wirtschaftlichen Gesichtspunkten umfasst.[3] Der Ziviltechniker hat bei der Planung die allenfalls beschränkten Mittel des Bauherrn zu berücksichtigen und dessen Vorgaben entsprechend möglichst kostengünstig zu planen.[4]
Ist die Kostenermittlung Vertragsbestandteil, kann sich die Frage ihrer Ausgestaltung und Verbindlichkeit stellen. In der Praxis gängig ist eine Unterteilung in Baukostenrahmen, Baukostenobergrenze bzw -limit und Baukostengarantie. Der Baukostenrahmen stellt eine Ermittlung einer bestimmten Bandbreite der erwarteten Baukosten dar, wobei die Bandbreite mit fortschreitender Projektdauer kleiner wird. Eine Obergrenze stellt demgegenüber einen Höchstwert dar. Wird eine Baukostengarantie vereinbart, so garantiert der Architekt die Einhaltung dieser Obergrenze und hat übersteigende Kosten selbst zu tragen.[5] Es ist im Einzelfall zu ermitteln, welche dieser Arten vereinbart wurde. Im Zweifel ist von einer unverbindlichen (Bau-)Kostenermittlung auszugehen.[6] Für die Annahme einer Baukostengarantie wird aufgrund der weitreichenden Rechtsfolgen zu Recht ein strenger Maßstab angelegt.[7]
Der OGH hält mit Verweis auf die deutsche Rechtsprechung und Lehre zur vergleichbaren Rechtslage fest, dass der Ziviltechniker verpflichtet ist, die Kosten des Bauvorhabens laufend zu kontrollieren und den Bauherrn zu informieren. Diese Pflicht entfällt nur dann, wenn der Bauherr Kenntnis von den kostenerhöhenden Umständen hat und sich deren Konsequenzen für die weitere Planung und Durchführung bewusst ist.[8]
3. Haftungsgrundlagen und Einordnung des Schadens
Wurde eine Kostenermittlung zwischen Bauherrn und Ziviltechniker vereinbart und diese in der Folge überschritten, so haftet der Ziviltechniker für den aus der Überschreitung entstandenen Schaden nach den Grundsätzen des vertraglichen Schadenersatzes.[9] Der Ziviltechniker ist Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB und hat sein fehlendes Verschulden gemäß § 1298 ABGB (Beweislastumkehr) nachzuweisen.
Allerdings begründet nicht jede Überschreitung der (ursprünglich) ermittelten Kosten eine Haftung. Sind höhere Kosten auf nachträglich mit dem Bauherrn vereinbarte Änderungen des ursprünglichen Leistungsumfangs zurückzuführen,[10] haftet der Ziviltechniker jedenfalls dann nicht für die Mehrkosten, wenn er rechtzeitig auf die Überschreitung durch die Nachträge hingewiesen hat.[11]
Im Gegensatz zu Rechtswidrigkeit und Verschulden können die Haftungsvoraussetzungen Schaden und Kausalität bei der Überschreitung eines Kostenvoranschlags (einer Kostenermittlung) juristische Schwierigkeiten bereiten. Dabei können vor allem das Baustadium, in dem die Überschreitung bemerkt wird, und die Reaktion des Bauherrn darauf sowie die Einordnung des Schadens eine entscheidende Rolle spielen.
Stellt sich vor Baubeginn heraus, dass das Vorhaben selbst bei Umplanungen nur zu deutlich höheren als den geschätzten Kosten durchgeführt werden kann, kann sich der Bauherr (berechtigterweise) gegen eine Umsetzung entscheiden. Hat er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Kostenermittlung bereits Aufwendungen getätigt, können diese ersatzfähige Schäden darstellen. Denkbar wären hier beispielsweise Aufwendungen im Zusammenhang mit der Einholung von Gutachten und Bewilligungen oder auch Kapitalbeschaffungskosten. Eine Differenzierung zwischen Vertrauensschaden und Nichterfüllungsschaden ist hier nicht entscheidend, da das Ergebnis (die nun nutzlosen Aufwendungen stellen einen Schaden dar) dasselbe ist.[12]
Ein Überschreiten der veranschlagten Kosten kann sich natürlich erst während der Bauausführungsphase herausstellen. Je weiter fortgeschritten das Bauvorhaben ist, desto unwahrscheinlicher wird ein gänzlicher Projektabbruch sein. Bei einer gänzlichen Baueinstellung wäre der Bauherr vor allem mit Verstößen gegen seine Schadensminderungsobliegenheit konfrontiert. Die Fertigstellung zu höheren Kosten verursacht in der Regel einen weitaus geringeren Nachteil als ein gänzlicher Baustopp mit allen damit verbundenen Vermögensnachteilen.
Entschließt sich der Bauherr zur Fortsetzung trotz höherer Kosten, muss er zumeist zusätzliches, teureres Kapital beschaffen. Solche Zinsmehrbelastungen können ersatzfähige Schäden darstellen, wenn bei der ursprünglichen Projektfinanzierung der Kapitalmehrbetrag zu günstigeren Konditionen hätte beschafft werden können, als dies nach Erkennen der Kostenüberschreitung der Fall ist.[13] Der Schaden besteht hier in der Differenz der für das später beschaffte Kapital entrichteten Zinsen zu jenem hypothetischen Zinsbetrag, der bei einer früheren Beschaffung (in der Regel zu Beginn des Bauvorhabens) zu entrichten gewesen wäre.
Praktisch relevant ist auch der Fall, in dem ein ausführender Unternehmer selbst einen Planer beizieht und aufgrund eines – von diesem erstellten – (unrichtigen) Kostenvoranschlags mit dem Bauherrn einen echten Pauschalpreis vereinbart. Die tatsächlich entstandenen Mehrkosten kann der Unternehmer nicht mehr auf den Bauherrn überwälzen und bleibt zunächst darauf sitzen. Ein Regress gegen den Planer ist denkbar.[14]
Ist die Überschreitung der veranschlagten Kosten auf zu gering bemessene Materialmengen bzw -massen zurückzuführen, ist bei der Bewertung des Schadens Vorsicht geboten. Bei richtiger Massen- und darauf aufbauender Kostenermittlung wären die tatsächlich erforderlichen Mengen berücksichtigt worden. Die Aufwendungen für die erforderlichen Mehrmengen sind nicht ersatzfähige Sowiesokosten. Diese treten dann auf, wenn ein Werk einen bestimmten Erfolg aufweisen soll, dieser aber mit den im Vertrag vorgesehenen qualitativ und/oder quantitativ einzusetzenden Mitteln nicht erreicht werden kann.[15] Der Bauherr kann nicht den Ersatz jener Kosten begehren, die er auch bei ordnungsgemäßer Kostenkalkulation sowieso zu tragen gehabt hätte, da sie ihn (zumeist)[16] nicht schlechter stellen, als er bei korrekter Kalkulation stünde. Es entsteht dem Bauherrn kein Schaden. Er hätte auch bei fehlerfreier Mengen- bzw Massenermittlung dieselben Kosten zu tragen gehabt, vorausgesetzt, er hätte das Projekt auch bei Kenntnis der höheren Kosten durchführen lassen, wovon in den meisten Fällen auszugehen ist. Den Ziviltechniker trifft diesfalls keine Haftung.[17]
4. Gründe für die Überschreitung: Planungsfehler vs Massenermittlungsfehler
4.1. Vorbemerkung
Die Unrichtigkeit der Kostenermittlung kann sich typischerweise aus zwei Gründen ergeben: Entweder die Planung war mangelhaft oder die zur planmäßigen Ausführung notwendigen Materialmengen bzw -massen wurden fehlerhaft ermittelt.
4.2. Planungsfehler
Ein Planungsfehler liegt zB vor, wenn der Plan – entgegen der einschlägigen verpflichtenden Norm – dünnere und daher günstigere Träger für eine Dachkonstruktion vorsieht. Während der Bauphase wird der Fehler jedoch bemerkt und die teureren, vorschriftskonformen Träger werden verbaut. Die höheren Kosten werden dem Bauherrn verrechnet. Die veranschlagten Kosten werden überschritten. Dem Bauherrn entsteht aber allein aus dieser Tatsache kein Schaden, da er bei ordentlicher Planung die Kosten ohnehin zu tragen gehabt hätte (Sowiesokosten). Die zuvor erwähnte Zinsmehrbelastung kann allerdings ebenso ein ersatzfähiger Schaden sein wie eine durch die Beischaffung größerer Träger verursachte Verzögerung in der Bauausführung.
4.3. Massenermittlungsfehler
Auch bei Mengen- bzw Massenermittlungsfehlern ist die Ersatzfähigkeit des Schadens genau zu prüfen. Vergisst etwa der Ziviltechniker nur bei der Kostenermittlung ein Stockwerk eines 13-stöckigen Hauses und wird dieses in der Folge planungskonform 13-stöckig errichtet, so werden zwar die erwarteten Kosten überschritten, der Bauherr erhält dafür aber mehr Nutzfläche. Solche Vorteile hat sich der Bauherr anrechnen zu lassen.[18] Gleiches gilt, wenn durch einen Rechenfehler statt 400 Fenstern nur 40 in die Kostenermittlung aufgenommen werden. In beiden Fällen erleidet der Auftraggeber allein aus dieser Tatsache keinen Schaden. Die schlussendlich entstehenden Kosten wären bei ordnungsgemäßer Mengenermittlung sowieso entstanden. Eine Zinsmehrbelastung kann hingegen ein Schaden sein.
5. Versicherungsrechtliche Konsequenzen
5.1. Allgemeines und relevante Bedingungen
Sobald ein Ziviltechniker mit Schadenersatzforderungen konfrontiert wird, mögen sie auch unberechtigt sein, wird die Frage des Versicherungsschutzes relevant. Gerade bei größeren Bauprojekten kann eine Haftung existenzbedrohende Folgen haben. Grundsätzlich umfasst die Berufshaftpflichtversicherung eines Ziviltechnikers Schadenersatzverpflichtungen aus seiner beruflichen Tätigkeit. Durch Risikoausschlüsse wird der Versicherungsschutz allerdings (wieder) beschränkt.[19]
Für bestimmte Branchen gibt es Musterbedingungen, die den meisten dortigen Versicherungsverträgen zugrunde gelegt oder von den jeweiligen Versicherern als Basis für die eigenen Hausbedingungen verwendet werden. Für den hier interessierenden Bereich sind die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung
- von befugten technischen Büros (AHTB)[20] sowie
- von staatlich befugten und beeideten Architekten und Zivilingenieuren für Hochbau, Ingenieurkonsulenten und Zivilingenieuren für Bauwesen sowie für Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen (AHBA)[21]
einschlägig. Darüber hinaus gibt es zu den von einzelnen Ziviltechnikerkammern abgeschlossenen Verträgen eigene Bedingungen (wie etwa die Allgemeine Bedingungen zur Haftpflichtversicherung für ZiviltechnikerInnen des Kammerbereichs für Steiermark und Kärnten [ZT19]).[22]
5.2. Der Risikoausschluss „Überschreitung von Voranschlägen“
5.2.1. Vorbemerkung
Neben zahlreichen anderen Risikoausschlüssen gewähren die Berufshaftpflichtversicherer der Ziviltechniker keine Deckung für die Haftung aus fehlerhaften Kostenermittlungen bzw Kostenvoranschlägen.
Art 6.4.6 AHBA und Art 6.4.6 AHTB normieren gleichlautend:
„4. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen
…
4.6. aus der Überschreitung von Voranschlägen …“
Präziser definiert ist der Ausschluss in Art 8.10.6 ZT19:
„10. Reine Vermögensschäden
Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen reiner Vermögensschäden aus
…
10.6. der Überschreitung von Voranschlägen, soweit sich diese rein kalkulatorisch ergeben und nicht auf Baumängel oder -schäden zurückzuführen sind. Auch bei Überschreitung von Voranschlägen durch Baumängel oder -schäden erfolgt für jenen Teil an Mehrkosten keine Deckung durch Zahlung, der auch ohne Fehler aufzuwenden gewesen wäre (= Sowieso-Kosten). Die Abwehr von Ansprüchen aus dem Titel ‚Sowieso-Kosten‘ fällt jedoch unter den Versicherungsschutz.“
Argument für diese Ausschlüsse ist einerseits die Befürchtung mangelnder Sorgfalt bei der Kostenermittlung; das Risiko einer zu niedrigen Berechnung würde auf den Versicherer übergewälzt. Andererseits sehen Versicherer Manipulationsmöglichkeiten; Planer könnten mit Bauherrn übereinkommen, die Kosten bewusst niedrig zu veranschlagen und die entstandenen Mehrkosten über die Haftpflichtversicherung an den Versicherer weiterzugeben.[23]
5.2.2. Definition von „Voranschlägen“
Für den Anwendungsbereich dieser Risikoausschlüsse ist es entscheidend, was unter dem Begriff „Voranschläge“ zu verstehen ist. Die Auslegung von Versicherungsbedingungen hat sich nach der Rechtsprechung des OGH am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren. Die einzelnen Klauseln sind objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen,[24] wobei stets der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen ist.[25]
Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter einem Voranschlag: „a) Vorausberechnung der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben, besonders der Kosten für ein Vorhaben; Kalkulation; b) Kurzform für Kostenvoranschlag“.[26]
Unter einem Kostenvoranschlag versteht man demgegenüber die „Berechnung, Veranschlagung von Kosten im Voraus“.[27]
Unter Kalkulation versteht man: „1. Vorausberechnung entstehender Kosten; 2. in Bezug auf etwas angestellte Überlegung; Schätzung“.[28]
Wie diese Begriffe zeigen, stehen die Kosten im Vordergrund. Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer wird den „Kostenvoranschlag“, die „Kostenermittlung“ und auch die „Kostenschätzung“ unter den Risikoausschluss subsumieren, dem Begriff „Voranschlag“ somit ein weiteres Verständnis beimessen. Denn andernfalls hätte der Verfasser der Bedingungen ohnehin den Begriff „Kostenvoranschlag“ verwenden können.
Wenngleich Kostenvoranschläge die überragende Rolle spielen, ist nach unserem Verständnis etwa auch der Voranschlag ausschließlich von Baumaterial (zB Bewehrungsstahllisten ohne Auspreisung) vom Risikoausschluss erfasst, ohne dass dabei die Kostenfrage im Vordergrund stehen muss.
Der Begriff „Voranschlag“ umfasst daher auch die unter Punkt 2. dargestellten unterschiedlichen Varianten der Kostenermittlung (Baukostenrahmen, Baukostenobergrenze und Baukostengarantie).
5.2.3. Wer muss den Voranschlag erstellt haben?
Rechtsprechung des OGH zur Interpretation dieses Risikoausschlusses gibt es bisher kaum. Dies mag darin begründet sein, dass die Ziviltechniker eine bereits abgelehnte Deckung nicht (gerichtlich) von den Versicherern fordern. In der Entscheidung vom 12.12.2007, 7 Ob 259/07z, hat sich der OGH mit dem Risikoausschluss nach Art 6.4.6 AHTB befasst. Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde: Ein technisches Büro plante im Auftrag der Generalunternehmerin eine Sprinkleranlage für ein Hotelprojekt. Jene Unternehmerin, welche die Sprinkleranlage – ebenso im Auftrag der Generalunternehmerin – ausführte, beauftragte das Planungsbüro mit der Erstellung eines Materialauszugs. Das Büro hat in seiner Planungssoftware allerdings Symbole verwendet, die in der weiteren Bearbeitung nicht als Sprinkler erkannt wurden. Deshalb schienen 612 der im Plan vorgesehenen Seitenwandsprinkler im Materialauszug nicht auf. Auf Basis dieses fehlerhaften Materialauszugs traf die ausführende Unternehmerin eine Pauschalpreisvereinbarung mit der Generalunternehmerin. Durch die zusätzlich notwendigen Sprinkler entstanden der ausführenden Unternehmerin Mehrkosten in der Höhe von 82.620 €. Aufgrund der vereinbarten Pauschale konnte sie die Mehrkosten nicht von der Generalunternehmerin fordern, weshalb sie gegen das Planungsbüro Schadenersatz geltend machte. Das Planungsbüro begehrte dafür Deckung bei ihrem Haftpflichtversicherer. Der Versicherer wandte den Ausschlusstatbestand der Überschreitung von Voranschlägen ein.
Der OGH verwies zur Interpretation des Begriffs „Voranschlag“ auf die Rechtsprechung des BGH zu inhaltsgleichen deutschen Versicherungsbedingungen.[29] Demnach bedeute „Voranschlag“, dass der Planer „für seinen Auftraggeber künftig voraussichtlich entstehende Kosten veranschlagt“. Hieraus sei zu schließen, dass er „einen eigenen Voranschlag im Rahmen eines von ihm übernommenen Werkvertrags erstell[en]“[30] muss, um den Tatbestand dieses Risikoausschlusses zu erfüllen.[31] Dies sei fallgegenständlich jedoch nicht vorgelegen, da das Planungsbüro lediglich einen Plan zur Ausführung einer Sprinkleranlage und davon ausgehend einen Materialauszug erstellt hat. Den Voranschlag für die Herstellungskosten habe aber die ausführende Unternehmerin selbst erstellt. Sollten auch solche Überschreitungen von Voranschlägen, die ein Vertragspartner des Versicherten erstellt hat, vom Risikoausschluss erfasst werden, hätte dies in den Versicherungsbedingungen unmissverständlich klargestellt werden müssen.
Dem Ergebnis des OGH ist zuzustimmen. Die Wortlautinterpretation orientiert sich zutreffenderweise am allgemeinen Sprachverständnis. Mit einer Ausweitung dieses Risikoausschlusses auf jegliche Voranschläge, die nur mittelbar mit der eigenen Leistung des Ziviltechnikers zusammenhängen, muss der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer aufgrund der Textierung nicht rechnen. Schließlich wäre damit auch ein starker Eingriff in den Versicherungsschutz verbunden, denn der Versicherungsnehmer kann in der Regel kaum beeinflussen, ob seine Planungsleistung (im weiteren Sinn) von seinem Vertragspartner oder einem Dritten für die Erstellung eines Kostenvoranschlages verwendet wird.
Wie der BGH zutreffend ausführt, greift der Risikoausschluss bei der Erstellung eines eigenen Voranschlags allerdings unabhängig davon ein, wer die veranschlagten Leistungen ausführt.[32]
5.2.4. Planungs- oder Kalkulationsfehler?
Das der OGH-Entscheidung 7 Ob 259/07z zugrunde liegende Urteil des Berufungsgerichts hat neben der Voraussetzung, dass es sich um einen eigenen Voranschlag handeln muss, einen weiteren wichtigen Aspekt thematisiert: „In jedem Fall finde … [der Risikoausschluss] aber nur dann Anwendung, wenn Ursache der jeweiligen Überschreitung tatsächlich ein Rechenfehler sei. Kosten- oder Massenüberschreitungen, die aus Planungsfehlern resultierten, würden nicht vom Risikoausschluss erfasst.“[33]
Der OGH geht darauf – wohl mangels Entscheidungserheblichkeit – nicht näher ein, sondern billigt insgesamt das Ergebnis des Berufungsgerichts. Unseres Erachtens ist auch diese Rechtsansicht zutreffend. Liegt ein versicherter Planungsfehler vor, darf der Versicherungsschutz nur deshalb nicht (wieder) verloren gehen, weil sich der Planungsfehler auch in einem Voranschlag niederschlägt. Andernfalls käme es für den Versicherungsschutz der Planer auf die – überspitzt formuliert – „zufällige“ Gegebenheit an, ob auch ein Voranschlag erstellt wurde oder nicht. Der Voranschlag selbst hat aber auf den eingetretenen Schaden keine Auswirkung. Denkt man sich den Voranschlag weg, ist der (versicherte) Schaden aufgrund des Planungsfehlers nach wie vor vorhanden.
Um dies zu verdeutlichen, sei der Anlassfall der Entscheidung 7 Ob 259/07z adaptiert: Das Planungsbüro erstellt den (fehlerhaften) Ausführungsplan, in dem die Seitenwandsprinkler in der Planungssoftware nicht richtig dargestellt werden. Verwendet nun die Generalunternehmerin diesen Plan und vereinbart sie mit der Bauherrin einen echten Pauschalpreis, wird sie die nicht eingepreisten Mehrkosten beim Planungsbüro geltend machen. Ein ersatzfähiger Schaden liegt dann vor, wenn die Bauherrin auf Basis der tatsächlichen Anzahl der Seitensprinkler bereit gewesen wäre, einen höheren Werklohn zu bezahlen. Denkt man sich in dieser Konstellation einen unrichtigen Kostenvoranschlag des Planungsbüros hinzu (es fehlen Seitenwandsprinkler), wird deutlich, dass der Schaden dennoch auf einen Planungsfehler zurückzuführen ist und Versicherungsschutz besteht.
Diese Konstellation ist mit den sogenannten Maßnahmen mit Doppelcharakter zur Schadensbehebung vergleichbar. Dient eine Maßnahme zugleich der (nicht versicherten) Beseitigung eines Mangels an dem vom Versicherungsnehmer geschuldeten Werk und der Behebung eines (versicherten) Folgeschadens, ist sie in der Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt. Der primär versicherte Mangelfolgeschaden geht dem ausgeschlossenen Erfüllungssurrogat voraus.[34] Der Versicherungsschutz für einen Planungsfehler darf nicht deshalb verloren gehen, weil sich dieser in einem später überschrittenen und damit nicht versicherten Kostenvoranschlag niederschlägt.
Die Abgrenzung, wann die Überschreitung auf einen Planungsfehler zurückzuführen ist und wann ein echter Kalkulationsfehler vorliegt, kann im Einzelfall schwierig sein. Zu großzügig bei der Annahme eines nicht versicherten Kalkulationsfehlers ist unseres Erachtens der BGH. Das deutsche Höchstgericht führt zusammenfassend aus, dass es einem Architekten obliege, auch während der Kostenermittlung die Planung zu überprüfen. Tut er dies nicht, unterlaufe der haftungsbegründende Fehler nicht im Rahmen der Planung, sondern (erneut) in der Kostenermittlung, weshalb der Risikoausschluss einschlägig sei. Die Planüberprüfungspflicht erstrecke sich demnach auch auf die Kostenermittlungsphase.[35] Aus haftungsrechtlicher Sicht ist diesem Pflichtenprogramm zuzustimmen. Wird ein bereits unterlaufener Planungsfehler im Zuge der gebotenen Prüfung nicht korrigiert, ist diese Pflichtverletzung aber nicht der Kalkulation zuzuordnen. Die inhaltliche Überprüfung der Planung ist unseres Erachtens Teil der Planungs- und nicht der Kostenermittlungsaufgaben. Wird ein Planungsfehler nicht erkannt, hat sich dieser fortgesetzt. Es bleibt dabei, dass ein gedeckter Versicherungsfall vorliegt. Der BGH differenziert daher unseres Erachtens nicht zwischen der Qualität des Fehlers (Planung vs Kalkulation), was bei der Deckungsbeurteilung aber entscheidend ist.
Der Versicherungsschutz wäre ansonsten stark entwertet, weil für zahlreiche Planungsfehler nur deshalb keine Deckung bestehen würde, weil der Ziviltechniker auch mit der Kostenermittlung betraut ist. Im Ergebnis wäre jener Versicherungsnehmer, der ein weiteres Leistungsprogramm übernommen hat, – ohne sachliche Rechtfertigung – schlechter gestellt als jener, der nur Planungsleistungen erbringt.[36]
Der Verstoß gegen die sorgfältige Planung selbst und das schuldhafte Nichtentdecken in einer späteren Leistungsphase sind als einheitlicher Versicherungsfall (Planungsfehler) und nicht als zwei separate Fälle zu qualifizieren.[37] Die Versicherungssumme steht daher nur einmal zur Verfügung.
Der Risikoausschluss kann aber verwirklicht sein, wenn ein Planer, der im Auftrag einer Generalunternehmerin handelt, aufgrund eines kalkulatorischen Massenermittlungsfehlers bei der Planung einen (zu niedrigen) Kostenvoranschlag erstellt. In einem solchen Fall ist die Kalkulation und nicht die Planung selbst fehlerhaft. Legt die Generalunternehmerin diesen Voranschlag einer Pauschalpreisvereinbarung mit dem Bauherrn zugrunde und stellt sich während der Ausführung heraus, dass zB größere Mengen an Stahl für den Bau eines Tragwerks für Klärbecken einer Kläranlage notwendig sind, kann die Generalunternehmerin die Mehrkosten nicht vom Bauherrn zurückfordern.[38] Es kommt zu einer Haftung des Planers gegenüber der Generalunternehmerin und zur Anwendbarkeit des Risikoausschlusses, weil die Kostenermittlung des Planers zur Grundlage von Dispositionen seines Vertragspartners wurde, die sich für diesen vermögensschädigend auswirken.[39]
Definitiv unter den Risikoausschluss fallen demnach Überschreitungen, die auf nicht berücksichtigten (vergessenen) Positionen, auf einer zu niedrigen Anzahl an berücksichtigten Einheiten oder auf unrichtigen (marktunüblichen) Einheitspreisen beruhen.
Art 8.10.6 ZT19 differenziert zwischen Planungs- und Kalkulationsfehlern: Der Risikoausschluss ist nur dann verwirklicht, soweit sich die Überschreitung des Voranschlags rein kalkulatorisch ergibt.
5.2.5. Zusammenfassung der Anwendungsvoraussetzungen
Behauptet der Geschädigte einen Schaden, kommt der gegenständliche Risikoausschluss zusammengefasst unter folgenden Voraussetzungen zur Anwendung:
- Der Schaden wird (sinngemäß) auf die Überschreitung eines Voranschlags zurückgeführt, das heißt, es muss eine Aufschlüsselung der voraussichtlich entstehenden Kosten, der erforderlichen Materialien oder Vergleichbares vorliegen.
- Der Voranschlag muss vom Ziviltechniker selbst stammen.
- Die Überschreitung darf nicht auf einem Planungsfehler beruhen, da dieser vom Versicherungsschutz gedeckt ist.
Fazit
Die Überschreitung von geschätzten bzw ermittelten Kosten kann zu einer Haftung des Ziviltechnikers führen. Auf dieser Ebene ist vor allem auf den eingetretenen Schaden und dessen Ersatzfähigkeit zu achten. Denn häufig liegen bloße Sowiesokosten vor, für welche der vermeintliche Schädiger nicht einzustehen hat.
Aus versicherungsrechtlicher Sicht kann in solchen Konstellationen der Risikoausschluss „Überschreitung von Voranschlägen“ eingreifen. Die Anwendungsvoraussetzungen sind im Einzelfall genau zu prüfen. Schäden aus echten Kalkulationsfehlern sind nicht versichert. Schäden, die aufgrund von Planungsfehlern entstehen, sind hingegen grundsätzlich gedeckt, auch wenn sich der Planungsfehler in einer Kalkulation und einem später überschrittenen Voranschlag manifestiert.
Die Abgrenzung zwischen Planungs-, Massen- und Mengenermittlungsfehlern sowie deren Auswirkungen auf den Versicherungsschutz kann im Einzelfall schwierig sein. Hier würde sich eine Klarstellung in der Formulierung des Ausschlusses anbieten, wie sie in etwa in Art 8.10.6 ZT19 vorgenommen wurde. Überschreitungen führen demnach nur zum Ausschluss des Versicherungsschutzes, „soweit sie sich rein kalkulatorisch ergeben“.
Der Versicherungsschutz bleibt grundsätzlich aufrecht, wenn der Voranschlag nicht durch den Ziviltechniker selbst erstellt wurde. Nur eigene Voranschläge sind vom Ausschluss erfasst.
Georg Jeremias / Georg Seebacher / Georg Gonschorowski
Dr. Georg Jeremias ist Rechtsanwalt in Graz und Wien mit dem Spezialgebiet Bau- und Versicherungsvertragsrecht.
Dr. Georg Seebacher ist Rechtsanwalt in Graz und Wien mit dem Spezialgebiet Ziviltechniker- und Baurecht.
Mag. Georg Gonschorowski, BA ist juristischer Mitarbeiter einer Rechtsanwaltskanzlei in Graz.
Fundstelle(n):
bau aktuell 2025, 89
GAAAF-81827
1Krejci/Böhlerin Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4, § ١١٧٠a Rz ٤.
2Kletečkain Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04, § ١١٧٠a Rz ٢; OGH 22. 12. 2004, 3 Ob 46/04t.
3OGH 26.1.2010, 9 Ob 98/09s.
4RIS-Justiz RS0116632.
5Hussian, Die Haftung des Architekten und der örtlichen Bauaufsicht, ZRB 2015, 139 (142); N. Weselik/M. Weselik, Die Haftung des Architekten bei Baukostenüberschreitung, bau aktuell 2024, 11 (12).
6RIS-Justiz RS0125737; zur Baukostenobergrenze und zum Vereinbarungserfordernis jüngst BGH 10.4.2024, VII ZR 116/22.
7N. Weselik/M. Weselik, bau aktuell 2024, 12.
8OGH 26.1.2010, 9 Ob 98/09s, unter Verweis auf Peters in Staudinger, BGB, Anhang II zu § 635 Rz 30; J. Lauer/Ch. Wurm in Schmalzl, Haftung des Architekten und Bauunternehmers5 (2006) Rz 496.
9OGH 26.1.2010, 9 Ob 98/09s. Um zu einer haftungsbegründenden Überschreitung zu gelangen, muss zunächst durch Auslegung geklärt werden, ob die tatsächlichen Kosten eine Obergrenze überschreiten oder außerhalb eines Toleranzrahmens sind; dazu im Detail N. Weselik/M. Weselik, bau aktuell 2024, 12 f.
10Zur Deckung in diesem Fall auch BGH 26.3.1986, IVa ZR 86/84, VersR 1986, 537.
11OGH 18. 7. 2022, 3 Ob 53/02v.
12Harrer/Wagnerin Schwimann/Kodek, ABGB4, § 1300 Rz 105 f; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I4 (2020) Kap B.1 Rz 108.
13Langenin Halm/Engelbrecht/Krahe, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht2 (2006) Kap 29 Rz 33; so auch N. Weselik/M. Weselik, bau aktuell 2024, 15.
14ZB OGH 12. 12. 2007, 7 Ob 259/07z.
15RIS-Justiz RS0117792; RS0115106.
16Siehe Punkt 4.
17Hussian, ZRB 2015, 143.
18Zur Vorteilsanrechnung Hussian, ZRB 2015, 143; N. Weselik/M. Weselik, bau aktuell 2024, 14 f.
19RIS-Justiz RS0080068.
20Abgedruckt in Fenyves/Keltner/Koban, Allgemeine Versicherungsbedingungen6 (2020) 92.
21Abgedruckt in Fenyves/Keltner/Koban, Allgemeine Versicherungsbedingungen6, 83 ff.
22Online abrufbar unter https://www.aon.com/getmedia/f49b25ec-b6a4-41c5-9ad9-1afc69b1e208/ZT19.pdf.
23Langenin Halm/Engelbrecht/Krahe, Handbuch2, Kap 29 Rz 33.
24RIS-Justiz RS0008901; RS0112256.
25RIS-Justiz RS0050063.
26Siehe https://www.duden.de/rechtschreibung/Voranschlag.
27Siehe https://www.duden.de/rechtschreibung/Kostenvoranschlag.
28Siehe https://www.duden.de/rechtschreibung/Kalkulation.
29BGH 5.4.1962, II ZR 133/60, VersR 1962, 461.
30Hervorhebung durch die Verfasser.
31Vgl auch OLG Celle 28.11.2002, 8 U 76/02, BauR 2003, 1071, wonach es zumindest zu einer Kostenschätzung, einer Kostenberechnung oder zu Kostenanschlägen kommen muss, damit der Ausschlusstatbestand überhaupt greifen kann.
32BGH 21.11.1960, III ZR 160/59, NJW 1961, 601.
33Hervorhebung durch die Verfasser.
34OGH 25. 1. 2017, 7 Ob 190/16s.
35BGH 28.5.1986, IVa ZR 231/84, BauR 186, 606, Rn 28.
36Einen vergleichbaren Gedanken hat auch das der BGH-Entscheidung IVa ZR 231/84 zugrundeliegende Urteil des Berufungsgerichts geäußert: Der Haftpflichtversicherer sei besser gestellt, wenn ein Architekt mit sämtlichen Leistungsphasen beauftragt werde, denn dann könne – im Gegensatz zu einem nur planenden Architekten – der Risikoausschluss auch eingewendet werden, wenn sich ein früher Planungsfehler bei der Kostenermittlung in der Vergabephase auswirkt. Der BGH hält dem – soweit ersichtlich – entgegen, dass ein Architekt bereits in der Vorplanungsphase die Kosten zu schätzen habe und sich ein Planungsfehler daher in allen Phasen auf Kostenvoranschläge auswirken könne. Dies mag zutreffen, ändert aber nichts daran, dass die Qualität des Fehlers entscheidend ist.
37Art 7 AHBA und Art 7 AHTB fassen verschiedene Tatbestände zu einem Versicherungsfall zusammen:
„1. … Als ein Versicherungsfall gilt es auch, wenn aus mehreren, auch von verschiedenen Personen gesetzten Verstößen ein einheitlicher Schaden entsteht.
2. Als ein Verstoß gilt auch auf gleicher oder gleichartiger Fehlerquelle beruhendes Tun oder Unterlassen, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.“
Der Verstoß und das Nichterkennen desselben innerhalb eines Vertrages beruht auf einer gleichartigen Fehlerquelle, wobei ein rechtlicher Zusammenhang besteht.
38Garbes, Die Haftpflichtversicherung der Architekten/Ingenieure3 (2008) 81.
39BGH 28.5.1986, IVa ZR 231/84.
Die Überschreitung von (Kosten-)Voranschlägen aus haftungs- und versicherungsrechtlicher Sicht
Georg Jeremias, Georg Seebacher und Georg Gonschorowski *
In der Baubranche spielen (Kosten-)Voranschläge eine entscheidende Rolle. Oft werden zur Kostenermittlung fachkundige Personen (wie Ziviltechniker und Angehörige technischer Büros, im Folgenden der Einfachheit halber kurz: Ziviltechniker) beigezogen, was jedoch ein erhebliches Haftungsrisiko bei Überschreitungen birgt. Dieser Beitrag beleuchtet mögliche Haftungsszenarien und den damit verbundenen Versicherungsschutz.
1. Einleitung
Für jedes Bauvorhaben spielt die Kostenfrage eine entscheidende Rolle. Der Bauherr ist naturgemäß daran interessiert, für möglichst wenig Geld ein qualitativ möglichst hochwertiges Objekt zu erhalten. Neben dieser grundlegenden Richtung möchte der Bauherr – wie auch andere Projektbeteiligte – bereits ab der Anfangsphase eines Projekts wissen, wie viel ihn das Bauvorhaben kosten wird. Von der Erstellung und umso mehr von der Einhaltung eines Budgets hängt der wirtschaftliche Erfolg eines Bauvorhabens entscheidend ab.
In der durchaus heiklen Kostenfrage werden oft fachkundige Personen, insbesondere Ziviltechniker, zur Unterstützung beigezogen. Diese Tätigkeiten bergen allerdings ein nicht zu vernachlässigendes Haftungsrisiko. Denn werden Kosten nicht eingehalten, wird rasch ein Schuldiger gesucht. Mit solchen Konstellationen können in weiterer Folge die Haftpflichtversicherer konfrontiert werden, womit die Frage des Versicherungsschutzes relevant wird.
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit (potenziellen) Haftungsszenarien und dem Versicherungsschutz.
2. Voranschläge in der Planungs- und Baubranche
Gesetzliche Anknüpfungspunkte für (Kosten-)Voranschläge findet man im Werkvertragsrecht. Der Kostenvoranschlag im Sinne von § 1170a ABGB und § 5 KSchG dient dem Werkbesteller in erster Linie als Information über die voraussichtlichen Kosten des zu erbringenden Werks.[1] Es geht um eine Berechnung des voraussichtlichen Werklohns unter Offenlegung der Entgeltfaktoren.[2] Diese Regelungen mit weitgehend abschließenden Rechtsfolgen befassen sich zusammengefasst mit der Entgeltvereinbarung zwischen Werkbesteller und Werkunternehmer. Für den vorliegenden Beitrag ergeben sich daraus keine relevanten schadens- oder deckungsrechtlichen Schlussfolgerungen.
Die in der Baubranche gängigen Kostenvoranschläge verfolgen andere Zwecke. Auftraggeber (Bauherren) sind aus (Budget-)Planungsgründen auf möglichst genaue Prognosen der zu erwarteten Kosten des Vorhabens angewiesen. Es geht also nicht um den Werklohn Einzelner, sondern um eine Gesamtabschätzung.
Um ein möglichst genaues Bild zu erhalten, sind Ziviltechniker häufig beauftragt, einen Voranschlag für die Baukosten zu erstellen. Üblich sind in diesem Zusammenhang die Begriffe „Kostenschätzung“, „Kostenberechnung“ und „Kostenermittlung“. Je weiter fortgeschritten das Bauvorhaben, insbesondere die Planungstiefe, ist, desto genauer sollte die Ermittlung sein, worauf auch die unterschiedlichen Begriffe hinweisen.
Die Verpflichtung zur Erstellung des Voranschlags bzw zur Kostenermittlung ist entweder ausdrücklich vereinbart oder sie ergibt sich aus der umfassenden Beratungspflicht des Ziviltechnikers, die auch die Berücksichtigung von wirtschaftlichen Gesichtspunkten umfasst.[3] Der Ziviltechniker hat bei der Planung die allenfalls beschränkten Mittel des Bauherrn zu berücksichtigen und dessen Vorgaben entsprechend möglichst kostengünstig zu planen.[4]
Ist die Kostenermittlung Vertragsbestandteil, kann sich die Frage ihrer Ausgestaltung und Verbindlichkeit stellen. In der Praxis gängig ist eine Unterteilung in Baukostenrahmen, Baukostenobergrenze bzw -limit und Baukostengarantie. Der Baukostenrahmen stellt eine Ermittlung einer bestimmten Bandbreite der erwarteten Baukosten dar, wobei die Bandbreite mit fortschreitender Projektdauer kleiner wird. Eine Obergrenze stellt demgegenüber einen Höchstwert dar. Wird eine Baukostengarantie vereinbart, so garantiert der Architekt die Einhaltung dieser Obergrenze und hat übersteigende Kosten selbst zu tragen.[5] Es ist im Einzelfall zu ermitteln, welche dieser Arten vereinbart wurde. Im Zweifel ist von einer unverbindlichen (Bau-)Kostenermittlung auszugehen.[6] Für die Annahme einer Baukostengarantie wird aufgrund der weitreichenden Rechtsfolgen zu Recht ein strenger Maßstab angelegt.[7]
Der OGH hält mit Verweis auf die deutsche Rechtsprechung und Lehre zur vergleichbaren Rechtslage fest, dass der Ziviltechniker verpflichtet ist, die Kosten des Bauvorhabens laufend zu kontrollieren und den Bauherrn zu informieren. Diese Pflicht entfällt nur dann, wenn der Bauherr Kenntnis von den kostenerhöhenden Umständen hat und sich deren Konsequenzen für die weitere Planung und Durchführung bewusst ist.[8]
3. Haftungsgrundlagen und Einordnung des Schadens
Wurde eine Kostenermittlung zwischen Bauherrn und Ziviltechniker vereinbart und diese in der Folge überschritten, so haftet der Ziviltechniker für den aus der Überschreitung entstandenen Schaden nach den Grundsätzen des vertraglichen Schadenersatzes.[9] Der Ziviltechniker ist Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB und hat sein fehlendes Verschulden gemäß § 1298 ABGB (Beweislastumkehr) nachzuweisen.
Allerdings begründet nicht jede Überschreitung der (ursprünglich) ermittelten Kosten eine Haftung. Sind höhere Kosten auf nachträglich mit dem Bauherrn vereinbarte Änderungen des ursprünglichen Leistungsumfangs zurückzuführen,[10] haftet der Ziviltechniker jedenfalls dann nicht für die Mehrkosten, wenn er rechtzeitig auf die Überschreitung durch die Nachträge hingewiesen hat.[11]
Im Gegensatz zu Rechtswidrigkeit und Verschulden können die Haftungsvoraussetzungen Schaden und Kausalität bei der Überschreitung eines Kostenvoranschlags (einer Kostenermittlung) juristische Schwierigkeiten bereiten. Dabei können vor allem das Baustadium, in dem die Überschreitung bemerkt wird, und die Reaktion des Bauherrn darauf sowie die Einordnung des Schadens eine entscheidende Rolle spielen.
Stellt sich vor Baubeginn heraus, dass das Vorhaben selbst bei Umplanungen nur zu deutlich höheren als den geschätzten Kosten durchgeführt werden kann, kann sich der Bauherr (berechtigterweise) gegen eine Umsetzung entscheiden. Hat er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Kostenermittlung bereits Aufwendungen getätigt, können diese ersatzfähige Schäden darstellen. Denkbar wären hier beispielsweise Aufwendungen im Zusammenhang mit der Einholung von Gutachten und Bewilligungen oder auch Kapitalbeschaffungskosten. Eine Differenzierung zwischen Vertrauensschaden und Nichterfüllungsschaden ist hier nicht entscheidend, da das Ergebnis (die nun nutzlosen Aufwendungen stellen einen Schaden dar) dasselbe ist.[12]
Ein Überschreiten der veranschlagten Kosten kann sich natürlich erst während der Bauausführungsphase herausstellen. Je weiter fortgeschritten das Bauvorhaben ist, desto unwahrscheinlicher wird ein gänzlicher Projektabbruch sein. Bei einer gänzlichen Baueinstellung wäre der Bauherr vor allem mit Verstößen gegen seine Schadensminderungsobliegenheit konfrontiert. Die Fertigstellung zu höheren Kosten verursacht in der Regel einen weitaus geringeren Nachteil als ein gänzlicher Baustopp mit allen damit verbundenen Vermögensnachteilen.
Entschließt sich der Bauherr zur Fortsetzung trotz höherer Kosten, muss er zumeist zusätzliches, teureres Kapital beschaffen. Solche Zinsmehrbelastungen können ersatzfähige Schäden darstellen, wenn bei der ursprünglichen Projektfinanzierung der Kapitalmehrbetrag zu günstigeren Konditionen hätte beschafft werden können, als dies nach Erkennen der Kostenüberschreitung der Fall ist.[13] Der Schaden besteht hier in der Differenz der für das später beschaffte Kapital entrichteten Zinsen zu jenem hypothetischen Zinsbetrag, der bei einer früheren Beschaffung (in der Regel zu Beginn des Bauvorhabens) zu entrichten gewesen wäre.
Praktisch relevant ist auch der Fall, in dem ein ausführender Unternehmer selbst einen Planer beizieht und aufgrund eines – von diesem erstellten – (unrichtigen) Kostenvoranschlags mit dem Bauherrn einen echten Pauschalpreis vereinbart. Die tatsächlich entstandenen Mehrkosten kann der Unternehmer nicht mehr auf den Bauherrn überwälzen und bleibt zunächst darauf sitzen. Ein Regress gegen den Planer ist denkbar.[14]
Ist die Überschreitung der veranschlagten Kosten auf zu gering bemessene Materialmengen bzw -massen zurückzuführen, ist bei der Bewertung des Schadens Vorsicht geboten. Bei richtiger Massen- und darauf aufbauender Kostenermittlung wären die tatsächlich erforderlichen Mengen berücksichtigt worden. Die Aufwendungen für die erforderlichen Mehrmengen sind nicht ersatzfähige Sowiesokosten. Diese treten dann auf, wenn ein Werk einen bestimmten Erfolg aufweisen soll, dieser aber mit den im Vertrag vorgesehenen qualitativ und/oder quantitativ einzusetzenden Mitteln nicht erreicht werden kann.[15] Der Bauherr kann nicht den Ersatz jener Kosten begehren, die er auch bei ordnungsgemäßer Kostenkalkulation sowieso zu tragen gehabt hätte, da sie ihn (zumeist)[16] nicht schlechter stellen, als er bei korrekter Kalkulation stünde. Es entsteht dem Bauherrn kein Schaden. Er hätte auch bei fehlerfreier Mengen- bzw Massenermittlung dieselben Kosten zu tragen gehabt, vorausgesetzt, er hätte das Projekt auch bei Kenntnis der höheren Kosten durchführen lassen, wovon in den meisten Fällen auszugehen ist. Den Ziviltechniker trifft diesfalls keine Haftung.[17]
4. Gründe für die Überschreitung: Planungsfehler vs Massenermittlungsfehler
4.1. Vorbemerkung
Die Unrichtigkeit der Kostenermittlung kann sich typischerweise aus zwei Gründen ergeben: Entweder die Planung war mangelhaft oder die zur planmäßigen Ausführung notwendigen Materialmengen bzw -massen wurden fehlerhaft ermittelt.
4.2. Planungsfehler
Ein Planungsfehler liegt zB vor, wenn der Plan – entgegen der einschlägigen verpflichtenden Norm – dünnere und daher günstigere Träger für eine Dachkonstruktion vorsieht. Während der Bauphase wird der Fehler jedoch bemerkt und die teureren, vorschriftskonformen Träger werden verbaut. Die höheren Kosten werden dem Bauherrn verrechnet. Die veranschlagten Kosten werden überschritten. Dem Bauherrn entsteht aber allein aus dieser Tatsache kein Schaden, da er bei ordentlicher Planung die Kosten ohnehin zu tragen gehabt hätte (Sowiesokosten). Die zuvor erwähnte Zinsmehrbelastung kann allerdings ebenso ein ersatzfähiger Schaden sein wie eine durch die Beischaffung größerer Träger verursachte Verzögerung in der Bauausführung.
4.3. Massenermittlungsfehler
Auch bei Mengen- bzw Massenermittlungsfehlern ist die Ersatzfähigkeit des Schadens genau zu prüfen. Vergisst etwa der Ziviltechniker nur bei der Kostenermittlung ein Stockwerk eines 13-stöckigen Hauses und wird dieses in der Folge planungskonform 13-stöckig errichtet, so werden zwar die erwarteten Kosten überschritten, der Bauherr erhält dafür aber mehr Nutzfläche. Solche Vorteile hat sich der Bauherr anrechnen zu lassen.[18] Gleiches gilt, wenn durch einen Rechenfehler statt 400 Fenstern nur 40 in die Kostenermittlung aufgenommen werden. In beiden Fällen erleidet der Auftraggeber allein aus dieser Tatsache keinen Schaden. Die schlussendlich entstehenden Kosten wären bei ordnungsgemäßer Mengenermittlung sowieso entstanden. Eine Zinsmehrbelastung kann hingegen ein Schaden sein.
5. Versicherungsrechtliche Konsequenzen
5.1. Allgemeines und relevante Bedingungen
Sobald ein Ziviltechniker mit Schadenersatzforderungen konfrontiert wird, mögen sie auch unberechtigt sein, wird die Frage des Versicherungsschutzes relevant. Gerade bei größeren Bauprojekten kann eine Haftung existenzbedrohende Folgen haben. Grundsätzlich umfasst die Berufshaftpflichtversicherung eines Ziviltechnikers Schadenersatzverpflichtungen aus seiner beruflichen Tätigkeit. Durch Risikoausschlüsse wird der Versicherungsschutz allerdings (wieder) beschränkt.[19]
Für bestimmte Branchen gibt es Musterbedingungen, die den meisten dortigen Versicherungsverträgen zugrunde gelegt oder von den jeweiligen Versicherern als Basis für die eigenen Hausbedingungen verwendet werden. Für den hier interessierenden Bereich sind die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung
einschlägig. Darüber hinaus gibt es zu den von einzelnen Ziviltechnikerkammern abgeschlossenen Verträgen eigene Bedingungen (wie etwa die Allgemeine Bedingungen zur Haftpflichtversicherung für ZiviltechnikerInnen des Kammerbereichs für Steiermark und Kärnten [ZT19]).[22]
5.2. Der Risikoausschluss „Überschreitung von Voranschlägen“
5.2.1. Vorbemerkung
Neben zahlreichen anderen Risikoausschlüssen gewähren die Berufshaftpflichtversicherer der Ziviltechniker keine Deckung für die Haftung aus fehlerhaften Kostenermittlungen bzw Kostenvoranschlägen.
Art 6.4.6 AHBA und Art 6.4.6 AHTB normieren gleichlautend:
„4. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen
…
4.6. aus der Überschreitung von Voranschlägen …“
Präziser definiert ist der Ausschluss in Art 8.10.6 ZT19:
„10. Reine Vermögensschäden
Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen reiner Vermögensschäden aus
…
10.6. der Überschreitung von Voranschlägen, soweit sich diese rein kalkulatorisch ergeben und nicht auf Baumängel oder -schäden zurückzuführen sind. Auch bei Überschreitung von Voranschlägen durch Baumängel oder -schäden erfolgt für jenen Teil an Mehrkosten keine Deckung durch Zahlung, der auch ohne Fehler aufzuwenden gewesen wäre (= Sowieso-Kosten). Die Abwehr von Ansprüchen aus dem Titel ‚Sowieso-Kosten‘ fällt jedoch unter den Versicherungsschutz.“
Argument für diese Ausschlüsse ist einerseits die Befürchtung mangelnder Sorgfalt bei der Kostenermittlung; das Risiko einer zu niedrigen Berechnung würde auf den Versicherer übergewälzt. Andererseits sehen Versicherer Manipulationsmöglichkeiten; Planer könnten mit Bauherrn übereinkommen, die Kosten bewusst niedrig zu veranschlagen und die entstandenen Mehrkosten über die Haftpflichtversicherung an den Versicherer weiterzugeben.[23]
5.2.2. Definition von „Voranschlägen“
Für den Anwendungsbereich dieser Risikoausschlüsse ist es entscheidend, was unter dem Begriff „Voranschläge“ zu verstehen ist. Die Auslegung von Versicherungsbedingungen hat sich nach der Rechtsprechung des OGH am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren. Die einzelnen Klauseln sind objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen,[24] wobei stets der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen ist.[25]
Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter einem Voranschlag: „a) Vorausberechnung der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben, besonders der Kosten für ein Vorhaben; Kalkulation; b) Kurzform für Kostenvoranschlag“.[26]
Unter einem Kostenvoranschlag versteht man demgegenüber die „Berechnung, Veranschlagung von Kosten im Voraus“.[27]
Unter Kalkulation versteht man: „1. Vorausberechnung entstehender Kosten; 2. in Bezug auf etwas angestellte Überlegung; Schätzung“.[28]
Wie diese Begriffe zeigen, stehen die Kosten im Vordergrund. Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer wird den „Kostenvoranschlag“, die „Kostenermittlung“ und auch die „Kostenschätzung“ unter den Risikoausschluss subsumieren, dem Begriff „Voranschlag“ somit ein weiteres Verständnis beimessen. Denn andernfalls hätte der Verfasser der Bedingungen ohnehin den Begriff „Kostenvoranschlag“ verwenden können.
Wenngleich Kostenvoranschläge die überragende Rolle spielen, ist nach unserem Verständnis etwa auch der Voranschlag ausschließlich von Baumaterial (zB Bewehrungsstahllisten ohne Auspreisung) vom Risikoausschluss erfasst, ohne dass dabei die Kostenfrage im Vordergrund stehen muss.
Der Begriff „Voranschlag“ umfasst daher auch die unter Punkt 2. dargestellten unterschiedlichen Varianten der Kostenermittlung (Baukostenrahmen, Baukostenobergrenze und Baukostengarantie).
5.2.3. Wer muss den Voranschlag erstellt haben?
Rechtsprechung des OGH zur Interpretation dieses Risikoausschlusses gibt es bisher kaum. Dies mag darin begründet sein, dass die Ziviltechniker eine bereits abgelehnte Deckung nicht (gerichtlich) von den Versicherern fordern. In der Entscheidung vom 12.12.2007, 7 Ob 259/07z, hat sich der OGH mit dem Risikoausschluss nach Art 6.4.6 AHTB befasst. Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde: Ein technisches Büro plante im Auftrag der Generalunternehmerin eine Sprinkleranlage für ein Hotelprojekt. Jene Unternehmerin, welche die Sprinkleranlage – ebenso im Auftrag der Generalunternehmerin – ausführte, beauftragte das Planungsbüro mit der Erstellung eines Materialauszugs. Das Büro hat in seiner Planungssoftware allerdings Symbole verwendet, die in der weiteren Bearbeitung nicht als Sprinkler erkannt wurden. Deshalb schienen 612 der im Plan vorgesehenen Seitenwandsprinkler im Materialauszug nicht auf. Auf Basis dieses fehlerhaften Materialauszugs traf die ausführende Unternehmerin eine Pauschalpreisvereinbarung mit der Generalunternehmerin. Durch die zusätzlich notwendigen Sprinkler entstanden der ausführenden Unternehmerin Mehrkosten in der Höhe von 82.620 €. Aufgrund der vereinbarten Pauschale konnte sie die Mehrkosten nicht von der Generalunternehmerin fordern, weshalb sie gegen das Planungsbüro Schadenersatz geltend machte. Das Planungsbüro begehrte dafür Deckung bei ihrem Haftpflichtversicherer. Der Versicherer wandte den Ausschlusstatbestand der Überschreitung von Voranschlägen ein.
Der OGH verwies zur Interpretation des Begriffs „Voranschlag“ auf die Rechtsprechung des BGH zu inhaltsgleichen deutschen Versicherungsbedingungen.[29] Demnach bedeute „Voranschlag“, dass der Planer „für seinen Auftraggeber künftig voraussichtlich entstehende Kosten veranschlagt“. Hieraus sei zu schließen, dass er „einen eigenen Voranschlag im Rahmen eines von ihm übernommenen Werkvertrags erstell[en]“[30] muss, um den Tatbestand dieses Risikoausschlusses zu erfüllen.[31] Dies sei fallgegenständlich jedoch nicht vorgelegen, da das Planungsbüro lediglich einen Plan zur Ausführung einer Sprinkleranlage und davon ausgehend einen Materialauszug erstellt hat. Den Voranschlag für die Herstellungskosten habe aber die ausführende Unternehmerin selbst erstellt. Sollten auch solche Überschreitungen von Voranschlägen, die ein Vertragspartner des Versicherten erstellt hat, vom Risikoausschluss erfasst werden, hätte dies in den Versicherungsbedingungen unmissverständlich klargestellt werden müssen.
Dem Ergebnis des OGH ist zuzustimmen. Die Wortlautinterpretation orientiert sich zutreffenderweise am allgemeinen Sprachverständnis. Mit einer Ausweitung dieses Risikoausschlusses auf jegliche Voranschläge, die nur mittelbar mit der eigenen Leistung des Ziviltechnikers zusammenhängen, muss der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer aufgrund der Textierung nicht rechnen. Schließlich wäre damit auch ein starker Eingriff in den Versicherungsschutz verbunden, denn der Versicherungsnehmer kann in der Regel kaum beeinflussen, ob seine Planungsleistung (im weiteren Sinn) von seinem Vertragspartner oder einem Dritten für die Erstellung eines Kostenvoranschlages verwendet wird.
Wie der BGH zutreffend ausführt, greift der Risikoausschluss bei der Erstellung eines eigenen Voranschlags allerdings unabhängig davon ein, wer die veranschlagten Leistungen ausführt.[32]
5.2.4. Planungs- oder Kalkulationsfehler?
Das der OGH-Entscheidung 7 Ob 259/07z zugrunde liegende Urteil des Berufungsgerichts hat neben der Voraussetzung, dass es sich um einen eigenen Voranschlag handeln muss, einen weiteren wichtigen Aspekt thematisiert: „In jedem Fall finde … [der Risikoausschluss] aber nur dann Anwendung, wenn Ursache der jeweiligen Überschreitung tatsächlich ein Rechenfehler sei. Kosten- oder Massenüberschreitungen, die aus Planungsfehlern resultierten, würden nicht vom Risikoausschluss erfasst.“[33]
Der OGH geht darauf – wohl mangels Entscheidungserheblichkeit – nicht näher ein, sondern billigt insgesamt das Ergebnis des Berufungsgerichts. Unseres Erachtens ist auch diese Rechtsansicht zutreffend. Liegt ein versicherter Planungsfehler vor, darf der Versicherungsschutz nur deshalb nicht (wieder) verloren gehen, weil sich der Planungsfehler auch in einem Voranschlag niederschlägt. Andernfalls käme es für den Versicherungsschutz der Planer auf die – überspitzt formuliert – „zufällige“ Gegebenheit an, ob auch ein Voranschlag erstellt wurde oder nicht. Der Voranschlag selbst hat aber auf den eingetretenen Schaden keine Auswirkung. Denkt man sich den Voranschlag weg, ist der (versicherte) Schaden aufgrund des Planungsfehlers nach wie vor vorhanden.
Um dies zu verdeutlichen, sei der Anlassfall der Entscheidung 7 Ob 259/07z adaptiert: Das Planungsbüro erstellt den (fehlerhaften) Ausführungsplan, in dem die Seitenwandsprinkler in der Planungssoftware nicht richtig dargestellt werden. Verwendet nun die Generalunternehmerin diesen Plan und vereinbart sie mit der Bauherrin einen echten Pauschalpreis, wird sie die nicht eingepreisten Mehrkosten beim Planungsbüro geltend machen. Ein ersatzfähiger Schaden liegt dann vor, wenn die Bauherrin auf Basis der tatsächlichen Anzahl der Seitensprinkler bereit gewesen wäre, einen höheren Werklohn zu bezahlen. Denkt man sich in dieser Konstellation einen unrichtigen Kostenvoranschlag des Planungsbüros hinzu (es fehlen Seitenwandsprinkler), wird deutlich, dass der Schaden dennoch auf einen Planungsfehler zurückzuführen ist und Versicherungsschutz besteht.
Diese Konstellation ist mit den sogenannten Maßnahmen mit Doppelcharakter zur Schadensbehebung vergleichbar. Dient eine Maßnahme zugleich der (nicht versicherten) Beseitigung eines Mangels an dem vom Versicherungsnehmer geschuldeten Werk und der Behebung eines (versicherten) Folgeschadens, ist sie in der Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt. Der primär versicherte Mangelfolgeschaden geht dem ausgeschlossenen Erfüllungssurrogat voraus.[34] Der Versicherungsschutz für einen Planungsfehler darf nicht deshalb verloren gehen, weil sich dieser in einem später überschrittenen und damit nicht versicherten Kostenvoranschlag niederschlägt.
Die Abgrenzung, wann die Überschreitung auf einen Planungsfehler zurückzuführen ist und wann ein echter Kalkulationsfehler vorliegt, kann im Einzelfall schwierig sein. Zu großzügig bei der Annahme eines nicht versicherten Kalkulationsfehlers ist unseres Erachtens der BGH. Das deutsche Höchstgericht führt zusammenfassend aus, dass es einem Architekten obliege, auch während der Kostenermittlung die Planung zu überprüfen. Tut er dies nicht, unterlaufe der haftungsbegründende Fehler nicht im Rahmen der Planung, sondern (erneut) in der Kostenermittlung, weshalb der Risikoausschluss einschlägig sei. Die Planüberprüfungspflicht erstrecke sich demnach auch auf die Kostenermittlungsphase.[35] Aus haftungsrechtlicher Sicht ist diesem Pflichtenprogramm zuzustimmen. Wird ein bereits unterlaufener Planungsfehler im Zuge der gebotenen Prüfung nicht korrigiert, ist diese Pflichtverletzung aber nicht der Kalkulation zuzuordnen. Die inhaltliche Überprüfung der Planung ist unseres Erachtens Teil der Planungs- und nicht der Kostenermittlungsaufgaben. Wird ein Planungsfehler nicht erkannt, hat sich dieser fortgesetzt. Es bleibt dabei, dass ein gedeckter Versicherungsfall vorliegt. Der BGH differenziert daher unseres Erachtens nicht zwischen der Qualität des Fehlers (Planung vs Kalkulation), was bei der Deckungsbeurteilung aber entscheidend ist.
Der Versicherungsschutz wäre ansonsten stark entwertet, weil für zahlreiche Planungsfehler nur deshalb keine Deckung bestehen würde, weil der Ziviltechniker auch mit der Kostenermittlung betraut ist. Im Ergebnis wäre jener Versicherungsnehmer, der ein weiteres Leistungsprogramm übernommen hat, – ohne sachliche Rechtfertigung – schlechter gestellt als jener, der nur Planungsleistungen erbringt.[36]
Der Verstoß gegen die sorgfältige Planung selbst und das schuldhafte Nichtentdecken in einer späteren Leistungsphase sind als einheitlicher Versicherungsfall (Planungsfehler) und nicht als zwei separate Fälle zu qualifizieren.[37] Die Versicherungssumme steht daher nur einmal zur Verfügung.
Der Risikoausschluss kann aber verwirklicht sein, wenn ein Planer, der im Auftrag einer Generalunternehmerin handelt, aufgrund eines kalkulatorischen Massenermittlungsfehlers bei der Planung einen (zu niedrigen) Kostenvoranschlag erstellt. In einem solchen Fall ist die Kalkulation und nicht die Planung selbst fehlerhaft. Legt die Generalunternehmerin diesen Voranschlag einer Pauschalpreisvereinbarung mit dem Bauherrn zugrunde und stellt sich während der Ausführung heraus, dass zB größere Mengen an Stahl für den Bau eines Tragwerks für Klärbecken einer Kläranlage notwendig sind, kann die Generalunternehmerin die Mehrkosten nicht vom Bauherrn zurückfordern.[38] Es kommt zu einer Haftung des Planers gegenüber der Generalunternehmerin und zur Anwendbarkeit des Risikoausschlusses, weil die Kostenermittlung des Planers zur Grundlage von Dispositionen seines Vertragspartners wurde, die sich für diesen vermögensschädigend auswirken.[39]
Definitiv unter den Risikoausschluss fallen demnach Überschreitungen, die auf nicht berücksichtigten (vergessenen) Positionen, auf einer zu niedrigen Anzahl an berücksichtigten Einheiten oder auf unrichtigen (marktunüblichen) Einheitspreisen beruhen.
Art 8.10.6 ZT19 differenziert zwischen Planungs- und Kalkulationsfehlern: Der Risikoausschluss ist nur dann verwirklicht, soweit sich die Überschreitung des Voranschlags rein kalkulatorisch ergibt.
5.2.5. Zusammenfassung der Anwendungsvoraussetzungen
Behauptet der Geschädigte einen Schaden, kommt der gegenständliche Risikoausschluss zusammengefasst unter folgenden Voraussetzungen zur Anwendung:
Fazit
Die Überschreitung von geschätzten bzw ermittelten Kosten kann zu einer Haftung des Ziviltechnikers führen. Auf dieser Ebene ist vor allem auf den eingetretenen Schaden und dessen Ersatzfähigkeit zu achten. Denn häufig liegen bloße Sowiesokosten vor, für welche der vermeintliche Schädiger nicht einzustehen hat.
Aus versicherungsrechtlicher Sicht kann in solchen Konstellationen der Risikoausschluss „Überschreitung von Voranschlägen“ eingreifen. Die Anwendungsvoraussetzungen sind im Einzelfall genau zu prüfen. Schäden aus echten Kalkulationsfehlern sind nicht versichert. Schäden, die aufgrund von Planungsfehlern entstehen, sind hingegen grundsätzlich gedeckt, auch wenn sich der Planungsfehler in einer Kalkulation und einem später überschrittenen Voranschlag manifestiert.
Die Abgrenzung zwischen Planungs-, Massen- und Mengenermittlungsfehlern sowie deren Auswirkungen auf den Versicherungsschutz kann im Einzelfall schwierig sein. Hier würde sich eine Klarstellung in der Formulierung des Ausschlusses anbieten, wie sie in etwa in Art 8.10.6 ZT19 vorgenommen wurde. Überschreitungen führen demnach nur zum Ausschluss des Versicherungsschutzes, „soweit sie sich rein kalkulatorisch ergeben“.
Der Versicherungsschutz bleibt grundsätzlich aufrecht, wenn der Voranschlag nicht durch den Ziviltechniker selbst erstellt wurde. Nur eigene Voranschläge sind vom Ausschluss erfasst.
Georg Jeremias / Georg Seebacher / Georg Gonschorowski
Dr. Georg Jeremias ist Rechtsanwalt in Graz und Wien mit dem Spezialgebiet Bau- und Versicherungsvertragsrecht.
Dr. Georg Seebacher ist Rechtsanwalt in Graz und Wien mit dem Spezialgebiet Ziviltechniker- und Baurecht.
Mag. Georg Gonschorowski, BA ist juristischer Mitarbeiter einer Rechtsanwaltskanzlei in Graz.
Fundstelle(n):
bau aktuell 2025, 89
GAAAF-81827
1Krejci/Böhlerin Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4, § ١١٧٠a Rz ٤.
2Kletečkain Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04, § ١١٧٠a Rz ٢; OGH 22. 12. 2004, 3 Ob 46/04t.
3OGH 26.1.2010, 9 Ob 98/09s.
4RIS-Justiz RS0116632.
5Hussian, Die Haftung des Architekten und der örtlichen Bauaufsicht, ZRB 2015, 139 (142); N. Weselik/M. Weselik, Die Haftung des Architekten bei Baukostenüberschreitung, bau aktuell 2024, 11 (12).
6RIS-Justiz RS0125737; zur Baukostenobergrenze und zum Vereinbarungserfordernis jüngst BGH 10.4.2024, VII ZR 116/22.
7N. Weselik/M. Weselik, bau aktuell 2024, 12.
8OGH 26.1.2010, 9 Ob 98/09s, unter Verweis auf Peters in Staudinger, BGB, Anhang II zu § 635 Rz 30; J. Lauer/Ch. Wurm in Schmalzl, Haftung des Architekten und Bauunternehmers5 (2006) Rz 496.
9OGH 26.1.2010, 9 Ob 98/09s. Um zu einer haftungsbegründenden Überschreitung zu gelangen, muss zunächst durch Auslegung geklärt werden, ob die tatsächlichen Kosten eine Obergrenze überschreiten oder außerhalb eines Toleranzrahmens sind; dazu im Detail N. Weselik/M. Weselik, bau aktuell 2024, 12 f.
10Zur Deckung in diesem Fall auch BGH 26.3.1986, IVa ZR 86/84, VersR 1986, 537.
11OGH 18. 7. 2022, 3 Ob 53/02v.
12Harrer/Wagnerin Schwimann/Kodek, ABGB4, § 1300 Rz 105 f; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I4 (2020) Kap B.1 Rz 108.
13Langenin Halm/Engelbrecht/Krahe, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht2 (2006) Kap 29 Rz 33; so auch N. Weselik/M. Weselik, bau aktuell 2024, 15.
14ZB OGH 12. 12. 2007, 7 Ob 259/07z.
15RIS-Justiz RS0117792; RS0115106.
16Siehe Punkt 4.
17Hussian, ZRB 2015, 143.
18Zur Vorteilsanrechnung Hussian, ZRB 2015, 143; N. Weselik/M. Weselik, bau aktuell 2024, 14 f.
19RIS-Justiz RS0080068.
20Abgedruckt in Fenyves/Keltner/Koban, Allgemeine Versicherungsbedingungen6 (2020) 92.
21Abgedruckt in Fenyves/Keltner/Koban, Allgemeine Versicherungsbedingungen6, 83 ff.
22Online abrufbar unter https://www.aon.com/getmedia/f49b25ec-b6a4-41c5-9ad9-1afc69b1e208/ZT19.pdf.
23Langenin Halm/Engelbrecht/Krahe, Handbuch2, Kap 29 Rz 33.
24RIS-Justiz RS0008901; RS0112256.
25RIS-Justiz RS0050063.
26Siehe https://www.duden.de/rechtschreibung/Voranschlag.
27Siehe https://www.duden.de/rechtschreibung/Kostenvoranschlag.
28Siehe https://www.duden.de/rechtschreibung/Kalkulation.
29BGH 5.4.1962, II ZR 133/60, VersR 1962, 461.
30Hervorhebung durch die Verfasser.
31Vgl auch OLG Celle 28.11.2002, 8 U 76/02, BauR 2003, 1071, wonach es zumindest zu einer Kostenschätzung, einer Kostenberechnung oder zu Kostenanschlägen kommen muss, damit der Ausschlusstatbestand überhaupt greifen kann.
32BGH 21.11.1960, III ZR 160/59, NJW 1961, 601.
33Hervorhebung durch die Verfasser.
34OGH 25. 1. 2017, 7 Ob 190/16s.
35BGH 28.5.1986, IVa ZR 231/84, BauR 186, 606, Rn 28.
36Einen vergleichbaren Gedanken hat auch das der BGH-Entscheidung IVa ZR 231/84 zugrundeliegende Urteil des Berufungsgerichts geäußert: Der Haftpflichtversicherer sei besser gestellt, wenn ein Architekt mit sämtlichen Leistungsphasen beauftragt werde, denn dann könne – im Gegensatz zu einem nur planenden Architekten – der Risikoausschluss auch eingewendet werden, wenn sich ein früher Planungsfehler bei der Kostenermittlung in der Vergabephase auswirkt. Der BGH hält dem – soweit ersichtlich – entgegen, dass ein Architekt bereits in der Vorplanungsphase die Kosten zu schätzen habe und sich ein Planungsfehler daher in allen Phasen auf Kostenvoranschläge auswirken könne. Dies mag zutreffen, ändert aber nichts daran, dass die Qualität des Fehlers entscheidend ist.
37Art 7 AHBA und Art 7 AHTB fassen verschiedene Tatbestände zu einem Versicherungsfall zusammen:
„1. … Als ein Versicherungsfall gilt es auch, wenn aus mehreren, auch von verschiedenen Personen gesetzten Verstößen ein einheitlicher Schaden entsteht.
2. Als ein Verstoß gilt auch auf gleicher oder gleichartiger Fehlerquelle beruhendes Tun oder Unterlassen, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.“
Der Verstoß und das Nichterkennen desselben innerhalb eines Vertrages beruht auf einer gleichartigen Fehlerquelle, wobei ein rechtlicher Zusammenhang besteht.
38Garbes, Die Haftpflichtversicherung der Architekten/Ingenieure3 (2008) 81.
39BGH 28.5.1986, IVa ZR 231/84.