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Am Punkt #100 mit Bernhard Müller – Energiepreise und Versorgungssicherheit

Energiepreise und Versorgungssicherheit: Welche Maßnahmen werden gesetzt?

Seit September 2021 sind auf den Strommärkten sehr hohe Preise zu beobachten. Hauptsächlich ist dies eine Folge des hohen Gaspreises. Die Eskalation Russlands gegen die Ukraine hat seit Februar 2022 dazu geführt, dass die Gaslieferungen deutlich zurückgegangen sind. Zudem hat der Angriffskrieg zu einer Unsicherheit hinsichtlich der Versorgung mit anderen Rohstoffen wie Steinkohle und Erdöl geführt. Dadurch kam es zu zusätzlichen erheblichen Strompreissteigerungen und Strompreisschwankungen.

Der Preisanstieg an den Stromgroßhandelsmärkten hat zu einem drastischen Anstieg der Endkundenstrompreise geführt.

Von der derzeitigen Energiekrise sind alle Mitgliedstaaten betroffen, es bedarf daher einer raschen und koordinierten Reaktion auf Unionsebene. Mithilfe der Festlegung von Notfallmaßnahmen könnte vorrübergehend das Risiko gemindert werden, dass die Strompreise und die Kosten für Strom für Endkunden ein noch weniger tragfähiges Niveau erreichen.

Die Verordnung über die Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise

Inhalt der Verordnung:

  • Die Verordnung sieht eine Senkung des Stromverbrauches insbesondere in Spitzenzeiten um 5 % und insgesamt um 10 % vor.
  • Weiters sieht die Verordnung eine Einnahmenobergrenze des Strompreises auf einen Betrag in Höhe von EUR 180 pro MWh vor.
  • Auch soll ein Solidaritätsbeitrag von Unternehmen im Bereich der fossilen Brennstoffe eingeführt werden.

Die Mitgliedstaaten können die Maßnahmen, um den Stromverbrauch zu verringern, frei wählen, insbesondere wird es sich hierbei um Sensibilisierungskampagnen handeln. Aber auch Auktionen oder Ausschreibungssysteme werden angewandt werden. Das Ziel der Stromeinsparung soll bis 31.3.2023 erreicht werden.

Erneuerbare Energien, aber auch Kernenergie und fossile Brennstoffe erwirtschaften derzeit unerwartet hohe Gewinne. Von der EU werden diese Gewinne als unverhältnismäßig angesehen weswegen diese eine Obergrenze in Höhe von EUR 180 pro MWh festgelegt hat. Die verpflichtende Erlösobergrenze gilt bis zum 31.3.2023 und zwar unionsweit, damit es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen kommen kann, weil einzelne Mitgliedstaaten unterschiedliche Maßnahmen treffen.

Bei der Erlösobergrenze und dem Solidaritätsbeitrag geht es um eine Umverteilung, welche eine finanzielle Unterstützung für die Endverbraucher, sohin für die Haushalte gewährleisten soll. Die Versorger:innen, die Strom unter kostendeckenden Preisen liefern, sollen subventioniert werden. Maßnahmen, die zur Senkung der Stromkosten beitragen, sollen umgesetzt und die eingesparten Kosten in erneuerbare Energien investiert werden. Beim Solidaritätsbeitrag kommt noch hinzu, dass energieintensive Unternehmen unterstützt werden, wenn sie in erneuerbare Energieträger investieren.

Die Umsetzung wird von den Mitgliedstaaten selbst überwacht.

Förderungen:

  • Befristeter Krisenrahmen auf EU-Ebene: Dieser sieht Förderungen für Unternehmen vor, die besonders energieintensiv produzieren;
  • Unternehmensenergiekostenzuschuss;
  • das Gasdiversitätsgesetz;
  • eine Reduktion der Energieabgaben für die Unternehmen;
  • ein Entwurf für ein Strompreisausgleichskostengesetz.

Die maximale Förderungshöhe bei Strom und Gas beträgt EUR 400.000,-. Bei großen Betrieben, kann die Förderung allerdings bis zu einem Betrag in Höhe von EUR 50 Millionen anwachsen. Derzeit ist allerdings nur der direkte Strom- und Gasbezug förderbar, nicht aber der indirekte Bezug.

Für die Konsumentinnen und Konsumenten wurde der Energiekostenausgleich in Form eines Gutscheins in Höhe von EUR 150,- bereitgestellt.

Die Energielenkung

Als die Europäische Union die Gasspeicherverordnung erlassen hat, wurde das Gaswirtschaftsgesetz novelliert. Österreich hat zusätzlich noch verfügt, dass die strategische Gasreserve von 20 TWh angekauft und eingelagert wurde, welche im Notfall für Energielenkungsmaßnahmen zur Verfügung steht. Auch wurde eine geschützte Menge festgelegt: 50 % der Gasmenge. Unternehmen können sich sohin beim Kauf von Gas darauf verlassen, dass 50 % des Gases einbehalten werden können, selbst wenn Energielenkungsmaßnahmen gesetzt werden, außer im absoluten Notfall.

Bei der sogenannten Energielenkung werden Strom- und Gaskapazitäten eingeschränkt, umverteilt und priorisiert, damit die Stromversorgung aufrecht erhalten bleiben kann.

Was für Maßnahmen gibt es?

Gas

  • Die SoS Verordnung: es werden bestimmte geschützte Kunden (Haushalte) priorisiert.
  • Das Gassparprogramm, um die Gasnachfrage zu reduzieren.
  • Aufbauend auf die SoS Verordnung: der österreichische Gasnotfallplan.

Strom

  • Notfallmaßnahmenverordnung
  • EU-Verordnung zur Risikovorsorge im Elektrizitätssektor
  • Energielenkungsmaßnahmen

Der Begriff „geschützte Kunden“ stammt aus dem Gasbereich und umfasst Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie soziale Dienste und kritische Infrastrukturen. Auch im Strombereich sollen die Haushalte priorisiert werden.

Merit Order

Was ist die Merit Order?

Wenn Strom zu produzieren ist, werden zunächst die Kraftwerke, die Billigstrom produzieren eingeschaltet. Wenn der „billige Strom“, beispielsweise aus erneuerbaren Energieträgern, den Strombedarf nicht mehr decken kann, wird das nächstteuere Kraftwerk ans Netz geschalten. Der Preis entspricht allerdings nicht den Grenzkosten des jeweiligen Kraftwerks, sondern den Grenzkosten des letzten zur Deckung der Nachfrage gerade noch benötigten Kraftwerks. Das sogenannte Grenzkraftwerk. In der Regel ist dies ein Gaskraftwerk.

Das Merit-Order-Prinzip schafft den Anreiz, dass das Grenzkraftwerk mit den hohen Kosten ans Netz geht und damit auch die Versorgung sichert. Nun ist allerdings das Problem, dass der Gaspreis explodiert ist und damit das Preisgefüge aus dem Gleichgewicht gekommen ist.

Das Merit-Order-Prinzip ist in letzter Zeit immer öfter in Kritik geraten, folgende Möglichkeiten zur Reformierung der Merit Order gibt es:

  • Iberisches Modell
  • Multi-Merit-Order
  • Pay-as-bid

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