Am 28. Juni 2022 hat der VwGH die Frage der ertragsteuerlichen Zurechnung der Dividenden beim kurzfristigen Aktienerwerb und -veräußerung entschieden (VwGH 28.6.2022, Ro 2022/13/0002). Kurze Zeit später wurde das Judikat vom BMF im Entwurf der Information zur Einbehaltung und Rückerstattung von KESt auf Dividenden von börsennotierten Aktiengesellschaften an beschränkt Steuerpflichtige umgesetzt. Die Begutachtungsfrist läuft bis 4. November 2022. Sobald die neue Verwaltungspraxis veröffentlicht wurde, ist sie in sämtlichen offenen Fällen anzuwenden.
VwGH zu Cum-Ex-Trades
Im zugrunde liegenden Sachverhalt hat eine in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Gesellschaft österreichische börsennotierte Aktien außerbörslich gekauft und etwa eine Woche später wieder verkauft. Der Erwerb erfolgte jeweils nach dem Gewinnausschüttungsbeschluss (record date), jedoch noch vor dem Tag, an dem die Aktien erstmals ohne Dividendenberechtigung gehandelt wurden (ex-date). MaW wurden die Aktien immer mit Anspruch auf Dividende (cum dividend) erworben und kurze Zeit nach dem Ex-Tag wieder veräußert. In weiterer Folge wurde auf der Grundlage der DBA-Befreiung für Dividenden der Antrag auf die Rückerstattung der Kapitalertragsteuer (KESt) eingebracht. Das Finanzamt hat jedoch die Rückerstattungsanträge mit dem Argument abgewiesen, dass die Aktien erst nach dem Ex-Tag am Depot eingeliefert wurden, somit in diesem Zeitpunkt kein wirtschaftliches Eigentum über den Dividendenanspruch gegeben war. Diese Ansicht wurde später vom Bundesfinanzgericht bestätigt.
Unter Rückgriff auf seine frühere Judikatur (VwGH 21.11.2995, 95/14/0035) sowie die Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofs (BFH 1.2.2022), hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass das Zurechnungssubjekt der Dividende derjenige sei, der im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien ist. Unbeachtlich sei hingegen die Frage, wer im Zeitpunkt des Zuflusses über die Einkunftsquelle verfügt. Damit ist die Gesellschafterstellung im Zeitpunkt der Hauptversammlung bzw in jenem Zeitpunkt erforderlich, in dem die vermögensrechtliche Forderung auf die Gewinnausschüttung entsteht. Unklar ist, ob auch die potentielle Möglichkeit, an der Entscheidung über die Gewinnverteilung mitzuwirken, erforderlich ist. Der Umstand, dass eine Mitwirkung am Gewinnverteilungsbeschluss bzw generell der Hauptversammlung den Erwerb der Gesellschafterstellung ein bis zwei Wochen davor erfordert, wurde vom Gerichtshof nicht thematisiert.
Entwurf des Schreibens des BMF
Das geplante Schreiben des BMF, das der jüngsten Rechtsprechung des VwGH weitgehend folgt, soll das Schreiben des BMF aus 2014 ersetzen. Nach der noch geltenden Verwaltungspraxis ist für die Zurechnung der Dividende das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien am letzten Cum-Tag entscheidend. Dafür ist aber notwendig, dass die Aktien spätestens am Ende des letzten Cum-Tages ins Depot eingeliefert werden.
In Umsetzung des jüngsten Judikats des VwGH verlangt das BMF nunmehr, dass die Aktien spätestens am Tag vor der Hauptversammlung im Depotbestand sein müssen. Wurden die Aktien nicht spätestens am Ende des letzten Tages vor der Hauptversammlung eingeliefert, sieht das BMF das wirtschaftliche Eigentum noch beim Veräußerer an. Diese Auffassung soll sowohl für Zwecke der KESt-Rückerstattung als auch einer allfälligen Entlastung an der Quelle gemäß § 94 Z 2, Z 6 und Z 12 EStG maßgebend sein. Die Einbeziehung von § 94 Z 2 EStG (Rückerstattung auf der Grundlage der Mutter-Tochter-Richtlinie) oder des § 94 Z 12 EStG (KESt-Befreiung für eine österreichische Privatstiftung) ist allerdings fraglich. Das Schreiben adressiert die KESt-Rückerstattung für börsennotierte Aktien an beschränkt steuerpflichtige Anleger. Eine österreichische Privatstiftung fällt als unbeschränkt steuerpflichtig nicht unter den Anwendungsbereich der geplanten Information.
Autor:innen
Sabine Kirchmayr-Schliesselberger
Steuerberaterin | Prof. an der Universität Wien | Of Counsel
Am 28. Juni 2022 hat der VwGH die Frage der ertragsteuerlichen Zurechnung der Dividenden beim kurzfristigen Aktienerwerb und -veräußerung entschieden (VwGH 28.6.2022, Ro 2022/13/0002). Kurze Zeit später wurde das Judikat vom BMF im Entwurf der Information zur Einbehaltung und Rückerstattung von KESt auf Dividenden von börsennotierten Aktiengesellschaften an beschränkt Steuerpflichtige umgesetzt. Die Begutachtungsfrist läuft bis 4. November 2022. Sobald die neue Verwaltungspraxis veröffentlicht wurde, ist sie in sämtlichen offenen Fällen anzuwenden.
VwGH zu Cum-Ex-Trades
Im zugrunde liegenden Sachverhalt hat eine in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Gesellschaft österreichische börsennotierte Aktien außerbörslich gekauft und etwa eine Woche später wieder verkauft. Der Erwerb erfolgte jeweils nach dem Gewinnausschüttungsbeschluss (record date), jedoch noch vor dem Tag, an dem die Aktien erstmals ohne Dividendenberechtigung gehandelt wurden (ex-date). MaW wurden die Aktien immer mit Anspruch auf Dividende (cum dividend) erworben und kurze Zeit nach dem Ex-Tag wieder veräußert. In weiterer Folge wurde auf der Grundlage der DBA-Befreiung für Dividenden der Antrag auf die Rückerstattung der Kapitalertragsteuer (KESt) eingebracht. Das Finanzamt hat jedoch die Rückerstattungsanträge mit dem Argument abgewiesen, dass die Aktien erst nach dem Ex-Tag am Depot eingeliefert wurden, somit in diesem Zeitpunkt kein wirtschaftliches Eigentum über den Dividendenanspruch gegeben war. Diese Ansicht wurde später vom Bundesfinanzgericht bestätigt.
Unter Rückgriff auf seine frühere Judikatur (VwGH 21.11.2995, 95/14/0035) sowie die Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofs (BFH 1.2.2022), hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass das Zurechnungssubjekt der Dividende derjenige sei, der im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien ist. Unbeachtlich sei hingegen die Frage, wer im Zeitpunkt des Zuflusses über die Einkunftsquelle verfügt. Damit ist die Gesellschafterstellung im Zeitpunkt der Hauptversammlung bzw in jenem Zeitpunkt erforderlich, in dem die vermögensrechtliche Forderung auf die Gewinnausschüttung entsteht. Unklar ist, ob auch die potentielle Möglichkeit, an der Entscheidung über die Gewinnverteilung mitzuwirken, erforderlich ist. Der Umstand, dass eine Mitwirkung am Gewinnverteilungsbeschluss bzw generell der Hauptversammlung den Erwerb der Gesellschafterstellung ein bis zwei Wochen davor erfordert, wurde vom Gerichtshof nicht thematisiert.
Entwurf des Schreibens des BMF
Das geplante Schreiben des BMF, das der jüngsten Rechtsprechung des VwGH weitgehend folgt, soll das Schreiben des BMF aus 2014 ersetzen. Nach der noch geltenden Verwaltungspraxis ist für die Zurechnung der Dividende das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien am letzten Cum-Tag entscheidend. Dafür ist aber notwendig, dass die Aktien spätestens am Ende des letzten Cum-Tages ins Depot eingeliefert werden.
In Umsetzung des jüngsten Judikats des VwGH verlangt das BMF nunmehr, dass die Aktien spätestens am Tag vor der Hauptversammlung im Depotbestand sein müssen. Wurden die Aktien nicht spätestens am Ende des letzten Tages vor der Hauptversammlung eingeliefert, sieht das BMF das wirtschaftliche Eigentum noch beim Veräußerer an. Diese Auffassung soll sowohl für Zwecke der KESt-Rückerstattung als auch einer allfälligen Entlastung an der Quelle gemäß § 94 Z 2, Z 6 und Z 12 EStG maßgebend sein. Die Einbeziehung von § 94 Z 2 EStG (Rückerstattung auf der Grundlage der Mutter-Tochter-Richtlinie) oder des § 94 Z 12 EStG (KESt-Befreiung für eine österreichische Privatstiftung) ist allerdings fraglich. Das Schreiben adressiert die KESt-Rückerstattung für börsennotierte Aktien an beschränkt steuerpflichtige Anleger. Eine österreichische Privatstiftung fällt als unbeschränkt steuerpflichtig nicht unter den Anwendungsbereich der geplanten Information.
Autor:innen
Sabine Kirchmayr-Schliesselberger
Steuerberaterin | Prof. an der Universität Wien | Of Counsel
Tatjana Polivanova-Rosenauer
Steuerberaterin | Partnerin | Gesellschafterin
Yvonne Schuchter-Mang
Steuerberaterin | Partnerin | Gesellschafterin
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