Verletzt ein Unternehmer die ihn treffenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen (verspätete Abgabe von Steuererklärungen, Nichterklärung von Einkünften oder Umsätzen, etc) und kommt es dadurch – unter Umständen auch zu einer bloß vorübergehenden – Abgabenverkürzung, können empfindliche Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz, in gravierenden Fällen sogar Freiheitsstrafen drohen.
Stand: Q3/2014
Strafbarkeit ist nicht nur bei Vorsatz gegeben, auch bloße Sorgfaltsverstöße können zu einer Geldstrafe führen, die Strafbarkeitsschwelle wird schon bei leichter Fahrlässigkeit überschritten. Allerdings kann man durch Erstattung einer Selbstanzeige diese finanzstrafrechtlichen Folgen abwenden. Die Voraussetzungen unter denen eine solche Selbstanzeige strafbefreiend wirkt, werden jetzt aber erneut verschärft. Insbesondere möchte man ein Taktieren hintan halten und damit gleichzeitig auch ein Abgabenmehraufkommen lukrieren.
Die für nach 30.9.2014 erstattete Selbstanzeigen vorgesehenen Verschärfungen bestehen darin, dass eine wiederholte Selbstanzeige für denselben Abgabenanspruch nicht mehr möglich ist und – vereinfachend zusammengefasst – eine Selbstanzeige nach Ankündigung einer Betriebsprüfung einen Strafzuschlag auslöst. Im Detail stellen sich die Neuregelungen wie folgt dar.
1. Keine Möglichkeit einer wiederholten Selbstanzeige
Wurde bereits einmal hinsichtlich desselben Abgabenanspruches, ausgenommen Vorauszahlungen, Selbstanzeige erstattet, war es dem Steuerpflichtigen nach bisheriger Rechtslage (§ 29 Abs 6 FinStrG aF) möglich, bei Entrichtung eines Strafzuschlages in Höhe von 25 %, Strafbefreiung durch erneute Selbstanzeige zu erlangen. Im Zuge der Finanzstrafgesetznovelle 2014 wurde nun in § 29 Abs 3 FinStrG eine neue lit d angefügt, wonach einer abermaligen Selbstanzeige hinsichtlich desselben Abgabenanspruches in Zukunft keine strafaufhebende Wirkung mehr zukommen soll (vereinfachend: „ein Schuss für dieselbe Steuer und dasselbe Jahr“).
Hat ein Abgabepflichtiger zB eine Selbstanzeige für die Jahre 2004 bis 2010 erstattet, weil er Vermietungseinkünfte bisher nicht erklärt hat und erkennt dieser im Nachhinein, dass mangels entsprechender Erkundigung (somit fahrlässig) in seinem Einzelunternehmen im Jahr 2009 bis 2012 zu Unrecht Betriebsausgaben geltend gemacht worden sind, kann dafür für die Jahre 2009 und 2010 keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr erstattet werden, für die Jahre 2011 und 2012 schon. Diesbezüglich ist allerdings zu bedenken, dass man durch Offenlegung der Jahre 2011 und 2012 eine „Spur“ auf die Vergangenheit legen könnte.
Da von diesem neuen Ausschlussgrund Vorauszahlungen ausgenommen sind, gilt das Verbot einer wiederholten Selbstanzeige nicht für Umsatzsteuervorauszahlungen. Wird zB eine unrichtige UVA durch Abgabe einer richtigen USt-Jahreserklärung korrigiert (selbstangezeigt), kann für die Jahresumsatzsteuer zu einem späteren Zeitpunkt dennoch strafbefreiend Selbstanzeige erstattet werden (es liegt kein Fall der wiederholten Selbstanzeige vor).
Die neue Regelung betrifft alle nach dem 30. September 2014 erstatteten Selbstanzeigen und gelangt sowohl für vorsätzlich als auch fahrlässig begangene Finanzvergehen zur Anwendung. Unerheblich ist dabei, ob die „erste“ Selbstanzeige vorsätzlich, fahrlässig oder sogar schuldlos unvollständig erstattet wurde. Weiters ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige nach dem 30.9.2014 auch dann nicht mehr möglich ist, wenn bereits in der Vergangenheit eine solche hinsichtlich desselben Abgabenanspruches erfolgt ist (verdeckte Rückwirkung).
1.1 Berichtigungsschreiben als Selbstanzeige?
Von Bedeutung wird künftig sein, ob ein bloßes Berichtigungsschreiben auch eine Selbstanzeige im Sinne des § 29 FinStrG darstellt. Ist es zu einer Abgabenverkürzung gekommen, trifft einen dafür aber kein Verschulden, besteht zwar die gesetzliche Verpflichtung, eine entsprechende Berichtigung vorzunehmen, eine Selbstanzeige dafür ist aber nicht notwendig. Wird die Berichtigung dennoch „vorsorglich“ als Selbstanzeige ausgestaltet, könnte das den Sperrgrund auslösen, sollte die Bestimmung formal und nicht – wie von uns bevorzugt – materiell ausgelegt werden. Der Abgrenzung zwischen einem bloß notwendigen Berichtigungsschreiben und dem Erfordernis der Erstattung einer Selbstanzeige kommt in Hinblick auf die Neuregelung eine enorme Bedeutung zu.
1.2 Opferschutz und Interessen des Fiskus
Positiv ist in diesem Zusammenhang, dass im Gegensatz zu Deutschland in Österreich durch die Neuregelung kein „Alles-oder-nichts-Prinzip“ geschaffen, sondern Teilselbstanzeigen weiterhin ihre strafaufhebende Wirkung belassen wurde. Dennoch scheint fraglich, ob dem Zweck der Selbstanzeige sowohl aus fiskalischer Sicht als auch aus jener des Abgabepflichtigen nicht eher durch die ursprüngliche Regelung entsprochen wurde.
Während es dem Abgabepflichtigen bisher unter Entrichtung eines Strafzuschlages möglich war, eine neuerliche Selbstanzeige hinsichtlich desselben Abgabenanspruches zu erstatten, ist eine solche Möglichkeit in Zukunft nicht mehr vorgesehen. Insofern wird davon auszugehen sein, dass der Abgabepflichtige, dem fahrlässig eine Unvollständigkeit unterlaufen ist, aufgrund der fehlenden strafaufhebenden Wirkung gerade keine neuerliche Selbstanzeige mehr erstatten wird und im Ergebnis dem Fiskus damit weniger Einnahmen zufließen könnten.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob nicht dem Zweck des Opferschutzes eher entsprochen wäre, wenn die Sperrwirkung des § 29 Abs 3 lit d FinStrG lediglich in Fällen eines vorsätzlich begangenen Finanzvergehens und einer damit verbundenen auf Vorsatz beruhenden Unvollständigkeit der Selbstanzeige zur Anwendung gelangen würde.
1.3 Auslegungsfragen
Die Anknüpfung an „denselben Abgabenanspruch“ kann in Einzelfällen zu Schwierigkeiten und Zufälligkeiten führen. Unklar ist beispielsweise, ob eine vom Dienstgeber in Hinblick auf die Abfuhr der Lohnsteuer erstattete Selbstanzeige eine Sperrwirkung bezüglich der Einkommensteuer des betroffenen Dienstnehmers zur Folge hat. In Hinblick auf den unterschiedlichen Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenansprüche könnte eine solche in Abrede gestellt werden. Gleiches gilt sinngemäß für die Kapitalertragsteuer oder Abfuhrsteuer (§ 99 EStG). Ähnliche Fragen können sich in einer Gruppe, Organschaft oder Mitunternehmerschaft stellen.
Will man in Zukunft einen „Hoeneß-Effekt light“ vermeiden, wird man sich vor Erstattung einer Selbstanzeige gegebenenfalls durch qualifizierte Unterstützung von der Vollständigkeit der Selbstanzeige überzeugen müssen.
2. Abgabenerhöhung nach § 29 Abs 6 FinStrG
Im Einklang mit der bisherigen Rechtslage kommt Selbstanzeigen, die anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet werden, weiterhin eine strafbefreiende Wirkung zu. Soll mit der Selbstanzeige ein vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenes Finanzvergehen saniert werden, so ist jedoch in Zukunft eine Abgabenerhöhung („Strafzuschlag“) zu entrichten, um strafbefreiende Wirkung zu erlangen.
Der Strafzuschlag bemisst sich dabei wie folgt: Die Abgabenerhöhung beträgt grundsätzlich 5 % eines sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrbetrages. Übersteigt der Mehrbetrag EUR 33.000, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt der Mehrbetrag EUR 100.000, mit 20 % und übersteigt der Mehrbetrag EUR 250.000, mit 30 % zu bemessen. In jenen Fällen, in denen eine strafbefreiende Wirkung nicht eintritt, entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung. Für bloß leicht fahrlässig begangene Finanzvergehen ist keine Abgabenerhöhung vorgesehen. In Hinblick auf den Zweck der Selbstanzeige ist diese Differenzierung jedenfalls zu begrüßen, weil gerade bei hohen Beträgen der Zuschlag wie eine Strafe wirkt.
In Zusammenhang mit dem in § 29 Abs 6 FinStrG verankerten Strafzuschlag ist allerdings zu beachten, dass der Ausschlussgrund des § 29 Abs 3 lit c FinStrG weiterhin anwendbar bleibt und folglich Straffreiheit dann nicht eintritt, wenn die Selbstanzeige hinsichtlich eines vorsätzlich begangenen Finanzvergehens erst nach Beginn der Amtshandlung erstattet wird. Die neue Rechtslage ist auf alle nach dem 30. September 2014 erstatteten Selbstanzei-gen anzuwenden und soll, entsprechend den Gesetzesmaterialien, einem Taktieren bei der Selbstanzeige vorbeugen. Der Steuerpflichtige soll davon abgehalten werden, bis zur Ankündigung einer Prüfung zuzuwarten und erst offenzulegen, wenn dieser keine Chance mehr hat, unentdeckt zu bleiben.
2.1 Zuschlag der Höhe nach angemessen?
In Hinblick auf die derzeitige Spruchpraxis der Gerichte stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber mit den gewählten Prozentsätzen und Wertgrenzen nicht etwas über das Ziel hinausgeschossen hat, da ein nach § 29 Abs 6 FinStrG zu leistender Strafzuschlag unter Umständen sogar über der Strafhöhe im Fall einer Verurteilung liegen kann. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die letztendliche Strafhöhe nur schwer abschätzbar ist und die Nebenfolgen einer Verurteilung nicht unterschätzt werden dürfen.
2.2 Reichweite des Strafzuschlages
Hinsichtlich der Frage, welche Abgaben und Zeiträume der mit der Prüfungsanmeldung verbundene Strafzuschlag treffen soll, sind weder aus dem Gesetzestext selbst noch den dazu ergangenen Materialien Erkenntnisse zu gewinnen. Da der weiterhin aufrecht bleibende Sperrgrund des § 29 Abs 3 lit c FinStrG allerdings eine ähnliche Zielrichtung wie der nunmehrige Abs 6 verfolgt, kann zur Beurteilung wohl auf die dazu ergangene Rechtsprechung bzw die diesbezügliche Beurteilung der Lehre zurückgegriffen werden, wonach § 29 Abs 3 lit c FinStrG lediglich auf die in der Prüfungsanmeldung bezeichneten Steuern und Zeiträume zur Anwendung gelangen soll. Gleiches muss somit uE auch für den Strafzuschlag des § 29 Abs 6 FinStrG gelten, da eine differenzierte Sichtweise zu erheblichen Interpretationsschwierigkeiten führen könnte. Entscheidende Bedeutung wird vor diesem Hintergrund in Hinkunft der Form der Prüfungsankündigung zukommen.
3. Abschließende Würdigung
Im Zuge der Finanzstrafgesetznovelle 2014 wurde die in § 29 FinStrG verankerte Selbstanzeige deutlich verschärft. Die sich daraus ergebenden Unsicherheiten dürften wohl vor allem dem Umstand geschuldet sein, dass der Gesetzgeber aufgrund politischen Drucks die Neuregelung rasch und ohne Begutachtungsverfahren umgesetzt hat. Abzuwarten bleibt, wie die aufgezeigten Unsicherheiten in der Praxis bzw von der Rechtsprechung beurteilt werden.
Taktieren im Sinne von Zuwarten, bis sich die Betriebsprüfung ankündigt, kann in Zukunft zu beträchtlichen Zusatzkosten führen. Will man diese vermeiden, wird man laufend dafür Sorge tragen müssen, dass den steuerlichen Pflichten rechtzeitig entsprochen wird. Nicht zu lösen werden allerdings jene Fälle sein, in denen ohne böse Absicht Korrekturen nicht vollständig erfolgen und sich in der Folge ein erneuter Korrekturbedarf ergibt.
Autor:
Stb Mag. Rainer Brandl / Mag. Alexander Lehner, LeitnerLeitner Wien – Linz – Salzbug
Verletzt ein Unternehmer die ihn treffenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen (verspätete Abgabe von Steuererklärungen, Nichterklärung von Einkünften oder Umsätzen, etc) und kommt es dadurch – unter Umständen auch zu einer bloß vorübergehenden – Abgabenverkürzung, können empfindliche Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz, in gravierenden Fällen sogar Freiheitsstrafen drohen.
Stand: Q3/2014
Strafbarkeit ist nicht nur bei Vorsatz gegeben, auch bloße Sorgfaltsverstöße können zu einer Geldstrafe führen, die Strafbarkeitsschwelle wird schon bei leichter Fahrlässigkeit überschritten. Allerdings kann man durch Erstattung einer Selbstanzeige diese finanzstrafrechtlichen Folgen abwenden. Die Voraussetzungen unter denen eine solche Selbstanzeige strafbefreiend wirkt, werden jetzt aber erneut verschärft. Insbesondere möchte man ein Taktieren hintan halten und damit gleichzeitig auch ein Abgabenmehraufkommen lukrieren.
Die für nach 30.9.2014 erstattete Selbstanzeigen vorgesehenen Verschärfungen bestehen darin, dass eine wiederholte Selbstanzeige für denselben Abgabenanspruch nicht mehr möglich ist und – vereinfachend zusammengefasst – eine Selbstanzeige nach Ankündigung einer Betriebsprüfung einen Strafzuschlag auslöst. Im Detail stellen sich die Neuregelungen wie folgt dar.
1. Keine Möglichkeit einer wiederholten Selbstanzeige
Wurde bereits einmal hinsichtlich desselben Abgabenanspruches, ausgenommen Vorauszahlungen, Selbstanzeige erstattet, war es dem Steuerpflichtigen nach bisheriger Rechtslage (§ 29 Abs 6 FinStrG aF) möglich, bei Entrichtung eines Strafzuschlages in Höhe von 25 %, Strafbefreiung durch erneute Selbstanzeige zu erlangen. Im Zuge der Finanzstrafgesetznovelle 2014 wurde nun in § 29 Abs 3 FinStrG eine neue lit d angefügt, wonach einer abermaligen Selbstanzeige hinsichtlich desselben Abgabenanspruches in Zukunft keine strafaufhebende Wirkung mehr zukommen soll (vereinfachend: „ein Schuss für dieselbe Steuer und dasselbe Jahr“).
Hat ein Abgabepflichtiger zB eine Selbstanzeige für die Jahre 2004 bis 2010 erstattet, weil er Vermietungseinkünfte bisher nicht erklärt hat und erkennt dieser im Nachhinein, dass mangels entsprechender Erkundigung (somit fahrlässig) in seinem Einzelunternehmen im Jahr 2009 bis 2012 zu Unrecht Betriebsausgaben geltend gemacht worden sind, kann dafür für die Jahre 2009 und 2010 keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr erstattet werden, für die Jahre 2011 und 2012 schon. Diesbezüglich ist allerdings zu bedenken, dass man durch Offenlegung der Jahre 2011 und 2012 eine „Spur“ auf die Vergangenheit legen könnte.
Da von diesem neuen Ausschlussgrund Vorauszahlungen ausgenommen sind, gilt das Verbot einer wiederholten Selbstanzeige nicht für Umsatzsteuervorauszahlungen. Wird zB eine unrichtige UVA durch Abgabe einer richtigen USt-Jahreserklärung korrigiert (selbstangezeigt), kann für die Jahresumsatzsteuer zu einem späteren Zeitpunkt dennoch strafbefreiend Selbstanzeige erstattet werden (es liegt kein Fall der wiederholten Selbstanzeige vor).
Die neue Regelung betrifft alle nach dem 30. September 2014 erstatteten Selbstanzeigen und gelangt sowohl für vorsätzlich als auch fahrlässig begangene Finanzvergehen zur Anwendung. Unerheblich ist dabei, ob die „erste“ Selbstanzeige vorsätzlich, fahrlässig oder sogar schuldlos unvollständig erstattet wurde. Weiters ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige nach dem 30.9.2014 auch dann nicht mehr möglich ist, wenn bereits in der Vergangenheit eine solche hinsichtlich desselben Abgabenanspruches erfolgt ist (verdeckte Rückwirkung).
1.1 Berichtigungsschreiben als Selbstanzeige?
Von Bedeutung wird künftig sein, ob ein bloßes Berichtigungsschreiben auch eine Selbstanzeige im Sinne des § 29 FinStrG darstellt. Ist es zu einer Abgabenverkürzung gekommen, trifft einen dafür aber kein Verschulden, besteht zwar die gesetzliche Verpflichtung, eine entsprechende Berichtigung vorzunehmen, eine Selbstanzeige dafür ist aber nicht notwendig. Wird die Berichtigung dennoch „vorsorglich“ als Selbstanzeige ausgestaltet, könnte das den Sperrgrund auslösen, sollte die Bestimmung formal und nicht – wie von uns bevorzugt – materiell ausgelegt werden. Der Abgrenzung zwischen einem bloß notwendigen Berichtigungsschreiben und dem Erfordernis der Erstattung einer Selbstanzeige kommt in Hinblick auf die Neuregelung eine enorme Bedeutung zu.
1.2 Opferschutz und Interessen des Fiskus
Positiv ist in diesem Zusammenhang, dass im Gegensatz zu Deutschland in Österreich durch die Neuregelung kein „Alles-oder-nichts-Prinzip“ geschaffen, sondern Teilselbstanzeigen weiterhin ihre strafaufhebende Wirkung belassen wurde. Dennoch scheint fraglich, ob dem Zweck der Selbstanzeige sowohl aus fiskalischer Sicht als auch aus jener des Abgabepflichtigen nicht eher durch die ursprüngliche Regelung entsprochen wurde.
Während es dem Abgabepflichtigen bisher unter Entrichtung eines Strafzuschlages möglich war, eine neuerliche Selbstanzeige hinsichtlich desselben Abgabenanspruches zu erstatten, ist eine solche Möglichkeit in Zukunft nicht mehr vorgesehen. Insofern wird davon auszugehen sein, dass der Abgabepflichtige, dem fahrlässig eine Unvollständigkeit unterlaufen ist, aufgrund der fehlenden strafaufhebenden Wirkung gerade keine neuerliche Selbstanzeige mehr erstatten wird und im Ergebnis dem Fiskus damit weniger Einnahmen zufließen könnten.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob nicht dem Zweck des Opferschutzes eher entsprochen wäre, wenn die Sperrwirkung des § 29 Abs 3 lit d FinStrG lediglich in Fällen eines vorsätzlich begangenen Finanzvergehens und einer damit verbundenen auf Vorsatz beruhenden Unvollständigkeit der Selbstanzeige zur Anwendung gelangen würde.
1.3 Auslegungsfragen
Die Anknüpfung an „denselben Abgabenanspruch“ kann in Einzelfällen zu Schwierigkeiten und Zufälligkeiten führen. Unklar ist beispielsweise, ob eine vom Dienstgeber in Hinblick auf die Abfuhr der Lohnsteuer erstattete Selbstanzeige eine Sperrwirkung bezüglich der Einkommensteuer des betroffenen Dienstnehmers zur Folge hat. In Hinblick auf den unterschiedlichen Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenansprüche könnte eine solche in Abrede gestellt werden. Gleiches gilt sinngemäß für die Kapitalertragsteuer oder Abfuhrsteuer (§ 99 EStG). Ähnliche Fragen können sich in einer Gruppe, Organschaft oder Mitunternehmerschaft stellen.
Will man in Zukunft einen „Hoeneß-Effekt light“ vermeiden, wird man sich vor Erstattung einer Selbstanzeige gegebenenfalls durch qualifizierte Unterstützung von der Vollständigkeit der Selbstanzeige überzeugen müssen.
2. Abgabenerhöhung nach § 29 Abs 6 FinStrG
Im Einklang mit der bisherigen Rechtslage kommt Selbstanzeigen, die anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet werden, weiterhin eine strafbefreiende Wirkung zu. Soll mit der Selbstanzeige ein vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenes Finanzvergehen saniert werden, so ist jedoch in Zukunft eine Abgabenerhöhung („Strafzuschlag“) zu entrichten, um strafbefreiende Wirkung zu erlangen.
Der Strafzuschlag bemisst sich dabei wie folgt: Die Abgabenerhöhung beträgt grundsätzlich 5 % eines sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrbetrages. Übersteigt der Mehrbetrag EUR 33.000, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt der Mehrbetrag EUR 100.000, mit 20 % und übersteigt der Mehrbetrag EUR 250.000, mit 30 % zu bemessen. In jenen Fällen, in denen eine strafbefreiende Wirkung nicht eintritt, entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung. Für bloß leicht fahrlässig begangene Finanzvergehen ist keine Abgabenerhöhung vorgesehen. In Hinblick auf den Zweck der Selbstanzeige ist diese Differenzierung jedenfalls zu begrüßen, weil gerade bei hohen Beträgen der Zuschlag wie eine Strafe wirkt.
In Zusammenhang mit dem in § 29 Abs 6 FinStrG verankerten Strafzuschlag ist allerdings zu beachten, dass der Ausschlussgrund des § 29 Abs 3 lit c FinStrG weiterhin anwendbar bleibt und folglich Straffreiheit dann nicht eintritt, wenn die Selbstanzeige hinsichtlich eines vorsätzlich begangenen Finanzvergehens erst nach Beginn der Amtshandlung erstattet wird. Die neue Rechtslage ist auf alle nach dem 30. September 2014 erstatteten Selbstanzei-gen anzuwenden und soll, entsprechend den Gesetzesmaterialien, einem Taktieren bei der Selbstanzeige vorbeugen. Der Steuerpflichtige soll davon abgehalten werden, bis zur Ankündigung einer Prüfung zuzuwarten und erst offenzulegen, wenn dieser keine Chance mehr hat, unentdeckt zu bleiben.
2.1 Zuschlag der Höhe nach angemessen?
In Hinblick auf die derzeitige Spruchpraxis der Gerichte stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber mit den gewählten Prozentsätzen und Wertgrenzen nicht etwas über das Ziel hinausgeschossen hat, da ein nach § 29 Abs 6 FinStrG zu leistender Strafzuschlag unter Umständen sogar über der Strafhöhe im Fall einer Verurteilung liegen kann. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die letztendliche Strafhöhe nur schwer abschätzbar ist und die Nebenfolgen einer Verurteilung nicht unterschätzt werden dürfen.
2.2 Reichweite des Strafzuschlages
Hinsichtlich der Frage, welche Abgaben und Zeiträume der mit der Prüfungsanmeldung verbundene Strafzuschlag treffen soll, sind weder aus dem Gesetzestext selbst noch den dazu ergangenen Materialien Erkenntnisse zu gewinnen. Da der weiterhin aufrecht bleibende Sperrgrund des § 29 Abs 3 lit c FinStrG allerdings eine ähnliche Zielrichtung wie der nunmehrige Abs 6 verfolgt, kann zur Beurteilung wohl auf die dazu ergangene Rechtsprechung bzw die diesbezügliche Beurteilung der Lehre zurückgegriffen werden, wonach § 29 Abs 3 lit c FinStrG lediglich auf die in der Prüfungsanmeldung bezeichneten Steuern und Zeiträume zur Anwendung gelangen soll. Gleiches muss somit uE auch für den Strafzuschlag des § 29 Abs 6 FinStrG gelten, da eine differenzierte Sichtweise zu erheblichen Interpretationsschwierigkeiten führen könnte. Entscheidende Bedeutung wird vor diesem Hintergrund in Hinkunft der Form der Prüfungsankündigung zukommen.
3. Abschließende Würdigung
Im Zuge der Finanzstrafgesetznovelle 2014 wurde die in § 29 FinStrG verankerte Selbstanzeige deutlich verschärft. Die sich daraus ergebenden Unsicherheiten dürften wohl vor allem dem Umstand geschuldet sein, dass der Gesetzgeber aufgrund politischen Drucks die Neuregelung rasch und ohne Begutachtungsverfahren umgesetzt hat. Abzuwarten bleibt, wie die aufgezeigten Unsicherheiten in der Praxis bzw von der Rechtsprechung beurteilt werden.
Taktieren im Sinne von Zuwarten, bis sich die Betriebsprüfung ankündigt, kann in Zukunft zu beträchtlichen Zusatzkosten führen. Will man diese vermeiden, wird man laufend dafür Sorge tragen müssen, dass den steuerlichen Pflichten rechtzeitig entsprochen wird. Nicht zu lösen werden allerdings jene Fälle sein, in denen ohne böse Absicht Korrekturen nicht vollständig erfolgen und sich in der Folge ein erneuter Korrekturbedarf ergibt.
Autor:
Stb Mag. Rainer Brandl / Mag. Alexander Lehner, LeitnerLeitner Wien – Linz – Salzbug