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Umsatzsteuer: One-Stop-Shop – Kommt der große Wurf?

(Bild: © iStock/Barriography)

Die bereits erprobten Umsatzsteuer One-Stop-Shops für Versandhändler sowie das Reverse-Charge-System für ausländische Unternehmer sollen entsprechend einem Vorschlag der EU-Kommission „VAT in the Digital Age (ViDA)“ ab 01.01.2025 wesentlich erweitert werden. Das soll nach deren Vorstellung eine große Verwaltungsvereinfachung für alle grenzüberschreitend tätigen Unternehmen bedeuten.

Der One-Stop-Shop ermöglicht Unternehmen für „grenzüberschreitende“ Leistungen, die Umsatzsteuer für gewisse Umsätze an Private in einem Mitgliedstaat zu erklären und abzuführen.

Beim Reverse-Charge-System geht die Umsatzsteuerschuld in der Unternehmerkette auf den Leistungsempfänger über und dieser wird Steuerschuldner. Sofern dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug zusteht, führt das für sich zu keiner Zahllast.

Erfahren Sie mehr über die geplanten Änderungen im One-Stop-Shop-Verfahren (B2C) ab 01.01.2025

1. Grundlagen der Umsatzsteuer

Die Umsatzsteuer soll grundsätzlich den Verbrauch besteuern. Daher soll die Umsatzsteuer in jenem Land endgültig zur Belastung werden, in dem die Leistung vom Letztverbraucher konsumiert wird. Im internationalen Waren- und Dienstleistungsverkehr gilt daher – wie für alle Verbrauchsteuern – das Bestimmungslandprinzip.

Im internationalen Geschäft sitzt in der Regel aber nur der Empfänger der Leistung im Bestimmungsland und nicht der leistende Unternehmer. In der Unternehmerkette wird daher sehr oft der Leistungsempfänger zum Steuerschuldner (Reverse-Charge-System).

Für Leistungen an Private mussten sich daher im grenzüberschreitenden Geschäft die Unternehmer sehr oft im Bestimmungsland mit sehr hohen Compliance-Kosten registrieren lassen. Der Anwendungsbereich des One-Stop-Shops soll entsprechend dem Kommissionsvorschlag massiv ausgedehnt und sollen die Kosten für die richtige Abfuhr der Umsatzsteuer damit wesentlich reduziert werden.

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2. One-Stop-Shop

Basierend auf den Erfahrungen des Mini-One-Stop-Shop (MOSS) für elektronisch erbrachte Dienstleistungen, Telekommunikations-, Fernseh- und Rundfunkdienstleistungen an Private wurde mit 01.07.2021 dieses Konzept der Umsatzsteuerabfuhr massiv ausgedehnt. Nachfolgend werden die unterschiedlichen aktuellen Anwendungsmöglichkeiten angeführt.

2.1. EU-One-Stop-Shop

Der EU-One-Stop-Shop (EU-OSS) kann grundsätzlich von allen im Gemeinschaftsgebiet niedergelassenen Unternehmern verwendet werden. Drittlandsunternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet nicht niedergelassen sind, können den EU-OSS nur für innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze – bzw. als Plattform auch für innerstaatliche Lieferungen – verwenden.

Der EU-One-Stop-Shop kann daher für folgende Umsätze genutzt werden:

  • Sonstige Leistungen an Private von EU-Unternehmern in Mitgliedstaaten, in denen der leistende Unternehmer nicht niedergelassen ist
  • Innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze von EU-Unternehmern und Drittländern
  • Innerstaatliche Lieferungen über eine Plattform und für die die Plattform Steuerschuldner ist.

2.2. Import-One-Stop-Shop

Unternehmer, die Einfuhrversandhandelsumsätze tätigen, bei denen der Einzelwert pro Sendung EUR 150 nicht übersteigt, haben die Möglichkeit, sich in nur einem Mitgliedstaat umsatzsteuerlich erfassen zu lassen und nur in diesem Staat die in allen Mitgliedstaaten geschuldete Umsatzsteuer für die Versandhandelsumsätze über den Import-One-Stop-Shop (IOSS) zu erklären und abzuführen.

Ein Unternehmer kann die Sonderregelung des IOSS nutzen, wenn er

  • sein Unternehmen oder eine Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der EU hat, ODER
  • sich durch einen in der EU niedergelassenen Unternehmer vertreten lässt (Fiskalvertreter).

2.3. Nicht-EU-OSS

Der Nicht-EU-OSS kann nur von im Drittland ansässigen Unternehmern für Dienstleistungen an Private in der EU verwendet werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist, dass der Unternehmer

  • in der EU keine Niederlassung hat,
  • Dienstleistungen an Private in der EU erbringt, und
  • in keinem Mitgliedstaat einer Sperre unterliegt.

3. Alles, was man rund um den One-Stop-Shop wissen muss

3.1. Was ist One-Stop-Shop Umsatzsteuer?

Das One-Stop-Shop (OSS)-System bietet Unternehmern die Möglichkeit, sich umsatzsteuerlich in nur einem Mitgliedstaat zu registrieren (= Mitgliedstaat der Identifizierung) und gewisse unter die jeweilige Sonderregelung fallenden Leistungen an Private in anderen Mitgliedstaaten nur über diesen Mitgliedstaat zu erklären und die Umsatzsteuer zu bezahlen. Die abgeführte Steuer wird dann in weiterer Folge vom Mitgliedstaat der Identifizierung an den jeweiligen Mitgliedstaat überwiesen.

Bisher können so vor allem Versandhandelsumsätze an Private in anderen Ländern sowie Dienstleistungen an Private, welche in anderen Ländern steuerbar sind, über den OSS umsatzsteuerlich abgewickelt werden.

3.2. Was ist der innergemeinschaftliche Versandhandel?

Der innergemeinschaftliche Versandhandel bezeichnet Lieferungen von Waren von einem Mitgliedstaat an Private und sogenannte „Schwellenerwerber“ in einem anderen Mitgliedstaat. Seit 01.07.2021 sind Versandhandelsumsätze in der EU grundsätzlich ab dem ersten Cent im Bestimmungsland zu versteuern. Dies soll eine Besteuerung im Land des Verbrauchs gewährleisten.

3.3. Wie funktioniert der One-Stop-Shop?

Entscheidet sich ein Unternehmer dazu, den One-Stop-Shop zu nutzen, dann meldet er für alle davon betroffenen Leistungen – wenn Österreich sein Mitgliedstaat der Identifizierung ist – über FinanzOnline pro Quartal die jeweiligen Umsätze pro Mitgliedstaat und bezahlt die daraus resultierende Steuerlast an das österreichische Finanzamt. Dieses leitet die Steuer dann an die jeweiligen Länder weiter. Auch Korrekturen für Umsätze aus vorigen Perioden müssen dann über den One-Stop-Shop vorgenommen werden.

3.4. Wann muss ich mich für den OSS registrieren?

Die Inanspruchnahme des OSS ist freiwillig und soll eine Erleichterung darstellen.

3.5. Kann man das OSS-Verfahren nur für bestimmte EU-Länder verwenden?

Wenn sich ein Unternehmer dazu entscheidet, den One-Stop-Shop zu nutzen, dann muss er das für alle Länder machen, in welchen er solche Umsätze generiert. Der OSS kann nicht auf einzelne Länder beschränkt werden.

3.6. Welche Umsätze fallen unter das OSS-Verfahren?

Sofern der OSS genutzt wird, sind folgende Umsätze von EU-Unternehmern zu melden:

  • Innergemeinschaftliche (dh innerhalb der EU grenzüberschreitende) Versandhandelsumsätze an folgende Abnehmer (EU-OSS):
    • Private Endabnehmer
    • Unternehmen, die den Gegenstand nicht fürs Unternehmen erwerben
    • Unternehmen, die nur steuerfreie Umsätze mit Vorsteuerausschluss ausführen
    • Kleinunternehmer
    • Pauschalierte Landwirte
    • Juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben wie zB Kammern oder Gemeinden.
  • Dienstleistungen an Nichtunternehmer (B2C), sofern der Unternehmer in dem Mitgliedstaat, in dem die Leistung erbracht wird, nicht niedergelassen ist (EU-OSS)
  • Gewisse innerstaatliche Lieferungen durch Nicht-EU-Unternehmern, die durch Plattformen unterstützt werden (EU-OSS)
  • Einfuhr-Versandhandelsumsätze bis max. EUR 150 (IOSS).

3.7. Was kann nicht über den OSS erklärt werden?

In der Praxis hat sich gezeigt, dass wesentliche Umsätze nicht über den OSS gemeldet werden können. Dazu zählen:

  • Rein innerstaatliche Lieferungen (zB im Rahmen von Reihengeschäften)
  • „Rücksendung“ in ein anderes Mitgliedsland.
  • Grenzüberschreitende Verbringungen zur eigenen Verfügung

Beispiel einer grenzüberschreitenden Verbrinung zur eigenen Verfügenung
Ein österreichischer Unternehmer hat Waren in einem Amazon-Lager in Deutschland gelagert und Amazon schickt aus logistischen Gründen die Waren von dem deutschen Lager in ein Lager in Polen. In der Folge muss der Unternehmer eine ig Lieferung als ig Verbringen in Deutschland und einen ig Erwerb als ig Verbringen in Polen melden und somit ist für den österreichischen Unternehmer sowohl in Deutschland als auch in Polen jeweils eine umsatzsteuerliche Registrierung erforderlich.  

3.8. Wie erfolgt die Registrierung zum One-Stop-Shop?

Die Antragstellung für eine Registrierung zum EU-OSS erfolgt in Österreich elektronisch über FinanzOnline. Hierfür ist eine österreichische UID-Nummer notwendig.

3.9. In welchem Mitgliedstaat muss die Registrierung erfolgen?

Ein Unternehmer, der den (EU-) OSS verwenden möchte, hat sich grundsätzlich in jenem Mitgliedstaat zu registrieren, von dem aus er sein Unternehmen betreibt (= Mitgliedstaat der Identifikation). Voraussetzung für die Registrierung ist, dass der Unternehmer Umsätze tätigt, die unter die Regelungen für den OSS fallen.

3.10. Wie hoch ist die neue Lieferschwelle?

Seit 01.07.2021 gibt es nur noch eine EU-einheitliche Lieferschwelle in Höhe von EUR 10.000, welche für alle Versandhandelsumsätze in alle Länder sowie für alle in anderen EU-Ländern steuerpflichtige Dienstleistungen an Nichtunternehmer gilt. Diese relativ niedrige Schwelle ist daher nur als Ausnahme für Kleinstunternehmer gedacht.

3.11. Wie erfolgt die Geltendmachung von Vorsteuern in Zusammenhang mit OSS-Umsätzen?

Vorsteuern für Umsätze, die über den OSS gemeldet wurden, sind grundsätzlich im Vorsteuererstattungsverfahren geltend zu machen, sofern nicht andere Umsätze zu einer Veranlagung führen. Dies erfolgt für österreichische Unternehmer für in anderen EU-Ländern angefallene Vorsteuern ebenfalls über FinanzOnline über einen separaten Menüpunkt.

3.12. Was bedeutet Abgangsland im Zusammenhang mit dem OSS?

Bei der Registrierung ist auch ein Unternehmensprofil zu befüllen, wo etwaige umsatzsteuerliche Betriebsstätten im Ausland sowie jene Länder anzugeben sind, aus denen die Waren versendet werden (Abgangsland). Werden zB Waren aus einem Fremdlager in Deutschland versendet und hat der Unternehmer keine umsatzsteuerliche Betriebsstätte in Deutschland, so ist Deutschland als Abgangsland im Unternehmensprofil zu hinterlegen.

Der Unternehmer ist verpflichtet, jede Änderung bis zum 10. Tag des Folgemonats elektronisch bekanntzugeben. Wird dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, so kann der Steuerpflichtige von der Teilnahme an der EU-OSS Sonderregelung ausgeschlossen werden.

3.13. Wo findet man die anwendbaren Steuersätze?

Die Besteuerung im Bestimmungsland hat insbesondere zur Folge, dass der anzuwendende Steuersatz des Bestimmungslandes bekannt sein muss. Unter folgendem Link können Tabellen zu den Steuersätzen in den einzelnen EU-Ländern downgeloadet werden: https://taxation-customs.ec.europa.eu/vat-rates_de

Sofern die Zolltarifnummern der versendeten Waren bekannt sind, kann auch über eine Plattform der EU-Kommission (Access2Markets) abgefragt werden: https://trade.ec.europa.eu/access-to-markets/de/home

3.14. Ist der OSS auf Kleinunternehmer anwendbar?

Ist ein Kleinunternehmer im Inland gemäß § 6 Absatz 1 Ziffer 27 UStG 1994 von der Umsatzsteuer unecht befreit, so gilt diese Befreiung entsprechend der Judikatur derzeit eindeutig nur für die im Inland erzielten Umsätze (ab 2025 sollen hier Änderungen kommen).

Erbringt ein solcher Kleinunternehmer Umsätze, die in einem anderen Mitgliedstaat steuerpflichtig sind, wie zB innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze in einem anderen Land, so kann die Kleinunternehmerbefreiung für diese Umsätze nicht angewendet werden und die Umsätze sind auch für den Kleinunternehmer umsatzsteuerpflichtig. Der OSS kann für die entsprechenden Umsätze daher auch von Kleinunternehmern genutzt werden. Für eine Registrierung zum OSS ist eine UID-Nummer notwendig, welche der Kleinunternehmer aus diesem Grund beim zuständigen Finanzamt anfordern muss.

4. Vor- und Nachteile des OSS-Verfahrens

4.1. Vorteile des One-Stop-Shops

Bei Inanspruchnahme des OSS kann der Unternehmer umsatzsteuerliche Registrierungen sowie die damit einhergehenden Compliance-Verpflichtungen in anderen Ländern vermeiden, sofern er keine anderen Umsätze hat, die eine solche Registrierung dennoch erfordern. Der Unternehmer muss nur bei Rückfragen oder Prüfungen mit den Behörden anderer Länder in Kontakt treten.

4.2. Nachteile des One-Stop-Shops

Vorsteuern können nicht über den OSS geltend gemacht werden, sondern sind wie bisher im Erstattungsverfahren geltend zu machen; sie sind daher oftmals vorzufinanzieren.

5. Pflichten in Zusammenhang mit dem One-Stop-Shop-Verfahren

5.1. Fristen und Meldungen

Die vierteljährlichen OSS-Umsatzsteuererklärungen sind spätestens am letzten Tag des auf den jeweiligen Erklärungszeitraum folgenden Monats (30. April, 31. Juli, 31. Oktober, 31. Jänner) über das Portal für den EU-OSS (FinanzOnline) elektronisch abzugeben. Eine EU-OSS-Umsatzsteuererklärung ist auch dann abzugeben, wenn im Erklärungszeitraum keine Umsätze ausgeführt werden, die unter die Sonderregelung fallen.

Ebenso hat die Zahlung des laut der EU-OSS-Umsatzsteuererklärung fälligen Umsatzsteuerbetrages spätestens bis zum Letzen des Folgemonats nach Quartalsende – 30. April, 31. Juli, 31. Oktober, 31. Jänner) – auf das Abgabenkonto des zuständigen Finanzamtes zu erfolgen.

5.2. Zahlungsmodalitäten

Zahlungen sind über die in FinanzOnline integrierte elektronische Zahlung oder unter Verwendung des in den MBS-Produkten bzw. im Telebankingsystem angebotenen Services „Finanzamtszahlung“ zu leisten.

Im Zuge der Zahlung sind die Abgabenkontonummer, die Abgabenart UU und der Zeitraum in der Form MMMMJJJJ sowie der Betrag anzugeben.

5.3. Aufzeichnungspflichten

Die Aufzeichnungen müssen eine Feststellung ermöglichen, ob die Erklärung korrekt ist. Die Aufzeichnungen sind zehn Jahre aufzubewahren und über Aufforderung des Finanzamtes oder der zuständigen Behörde auf elektronischem Wege zur Verfügung zu stellen.

Die Aufzeichnungen müssen nach Mitgliedstaaten getrennt erfolgen und die folgenden Informationen gemäß Artikel 63c VO (EU) 282/2011 enthalten:

  • Mitgliedstaat des Verbrauchs, in dem die Dienstleistung erbracht bzw. die Ware geliefert wird
  • Art der erbrachten Dienstleistung bzw. Beschreibung und Menge der gelieferten Waren
  • Datum der Dienstleistungserbringung bzw. der Lieferung
  • Steuerbemessungsgrundlage unter Angabe der verwendeten Währung
  • Jede nachträgliche Erhöhung oder Senkung der Steuerbemessungsgrundlage
  • Anzuwendender Umsatzsteuersatz
  • Betrag der zu zahlenden Umsatzsteuer unter Angabe der verwendeten Währung
  • Datum und Betrag der erhaltenen Zahlungen
  • Alle erhaltenen Vorauszahlungen
  • Falls eine Rechnung ausgestellt wurde, die darin enthaltenen Informationen
  • Informationen zum Leistungsort, d.h.
    • In Bezug auf Dienstleistungen: die Informationen zur Bestimmung des Ortes, an dem die Erwerberin/der Erwerber ansässig ist oder ihren/seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat
    • In Bezug auf Gegenstände: die Informationen zur Bestimmung des Ortes, an dem die Beförderung der Gegenstände zur Erwerberin/zum Erwerber beginnt und endet
  • Jegliche Nachweise über etwaige Rücksendungen von Gegenständen, einschließlich der Steuerbemessungsgrundlage und des anzuwendenden Steuersatzes

5.4. Widerruf der Teilnahme am EU-OSS-Verfahren

Wenn ein Unternehmer seine Tätigkeit einstellt, ist eine Beendigung direkt über den EU-OSS in FinanzOnline vorzunehmen. Eine freiwillige Beendigung ist auch möglich, wenn ein Unternehmer beispielsweise all seine OSS-tauglichen Umsätze anstatt über den OSS per Veranlagung in den betroffenen Ländern meldet.

Eine Beendigung ist grundsätzlich jederzeit möglich, aber spätestens 15 Tage vor Ende eines Quartals elektronisch zu erklären. Mit Beginn des folgenden Quartals entfaltet die Beendigung ihre Wirkung.

5.5. Was muss man machen, um wieder am EU-OSS teilzunehmen?

Wenn ein Unternehmer nach Beendigung wieder am EU-OSS-Verfahren teilnehmen möchte bzw. seine OSS-Tätigkeiten wieder aufnimmt, ist eine neuerliche Registrierung bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Teilnahme an EU-OSS jederzeit möglich.

6. Geplante Änderungen im One-Stop-Shop-Verfahren (B2C) ab 01.01.2025

Der Vorschlag der EU-Kommission „VAT in the Digital Age (ViDA)“ will die in anderen Ländern notwendigen umsatzsteuerlichen Registrierungen von Unternehmern erheblich reduzieren, um somit die Compliance-Kosten zu senken. Dafür soll einerseits das System des OSS erweitert werden, damit künftig mehr Umsatzsteuer für grenzüberschreitende Umsätze an Private (B2C) elektronisch über einen einzigen Mitgliedstaat erklärt werden können („Single-VAT-registration“). Andererseits soll das Reverse-Charge-System für grenzüberschreitende Umsätze zwischen Unternehmern (B2B) verpflichtend für alle Mitgliedstaaten erweitert werden.

6.1. OSS-Erweiterung der „Single-VAT-registration“

6.1.1. B2C-Lieferungen

In Zukunft soll der One-Stop-Shop auch auf folgende bisher nicht vom OSS abgedeckte Lieferungen an Nichtunternehmer (B2C) ausgeweitet werden:

  • B2C-Lieferungen von Waren mit Installation oder Montage (Werklieferungen) sind an jenem Ort zu besteuern, wo die Installation bzw. Montage durchgeführt wird. Wird also ein dem Kunden gelieferter Gegenstand auch vor Ort beim Kunden geliefert und montiert, und befindet sich der Kunde in einem anderen EU-Land, so ist dies im Land des Kunden umsatzsteuerbar; allerdings soll die Umsatzsteuer hierfür zukünftig über den OSS im Sitzstaat des Unternehmers gemeldet und bezahlt werden können.
  • B2C-Lieferungen von Waren an Bord von Schiffen, Luftfahrzeugen oder in der Bahn während einer Beförderung innerhalb des EU-Gebiets (wie zB Lebensmittel oder Getränke) sind am Abgangsort des Schiffes, Luftfahrzeugs oder der Bahn steuerbar. Befindet sich also der Abgangsort des Beförderungsmittels in einem anderen EU-Land als dem Sitzstaat des Unternehmers, so sollen diese Umsätze in der Zukunft über den OSS im Sitzstaat des Unternehmers gemeldet und bezahlt werden können.
  • B2C-Lieferungen von Energie wie Gas, Elektrizität und Wärme sind dort steuerbar, wo der Abnehmer der Energie diese tatsächlich nutzt bzw verbraucht. Wird also an Abnehmer in anderen EU-Ländern als dem Sitzstaat des Unternehmers geliefert, sind diese Umsätze zwar im Land des Verbrauchs steuerbar, sollen aber in der Zukunft ebenfalls über den OSS im Sitzstaat des Unternehmers gemeldet und bezahlt werden können.

Vorsteuern können auch in Zukunft nicht über das OSS-Verfahren abgewickelt werden und sind daher grundsätzlich im Erstattungsverfahren geltend zu machen.

Sofern der Kommissionsvorschlag zeitnah beschlossen wird, sollen diese Regelungen sukzessive mit 1.1.2024 bzw. 1.1.2025 in Kraft treten. In Anbetracht der Tatsachen, dass einerseits Einstimmigkeit im EU-Rat erforderlich ist und andererseits darauffolgend die legistische und vor allem technische Umsetzung in den Mitgliedstaaten auch noch erfolgen muss, erscheinen diese Ziele sehr ambitioniert.

6.1.2. Innergemeinschaftliche Verbringungen

Zukünftig soll es (voraussichtlich ab 1.1.2025) auch möglich sein, innergemeinschaftliche (ig) grenzüberschreitende Verbringungen von Waren zur eigenen Verfügung des Unternehmers über den OSS zu melden, dh dass für die Meldungen der ig Lieferung als ig Verbringen im Ursprungsland und den ig Erwerb als ig Verbringen im Bestimmungsland der OSS im Sitzstaat verwendet werden kann und somit keine Registrierungen in den jeweiligen Ländern mehr erforderlich sind. Der ig Erwerb im Bestimmungsland soll zudem steuerbefreit sein. Die über den OSS erklärten ig Verbringungen sind – bis zur geplanten generellen Abschaffung der ZM – nicht in die ZM aufzunehmen.

6.2. Abschaffung der Konsignationslager-Regelung

Die in 2020 eingeführte Vereinfachungsregelung für Konsignationslager hatte zum Ziel, Registrierungen in anderen Mitgliedstaaten zu vermeiden und soll mit Implementierung des VIDA-Vorschlages zum 01.01.2025 wieder abgeschafft werden.

Künftig können dann die ig Verbringungen ins fremde Lager über den OSS gemeldet werden, und für die anschließende innerstaatliche Lieferung bei Entnahme der Ware aus dem Lager soll die Steuerschuld auf den Empfänger (Reverse Charge) übergehen und dieser hat den Umsatz entsprechend zu melden.

6.3. Ausweitung des Reverse-Charge-Systems innerhalb des Binnenmarktes

Das Reverse-Charge-System kommt bisher einheitlich im Binnenmarkt vor allem dann zur Anwendung, wenn ein ausländischer Unternehmer eine Dienstleistung erbringt, die nach der B2B-Generalnorm am Ort des Leistungsempfängers steuerbar ist.

Reverse Charge soll künftig verpflichtend in allen EU-Staaten im B2B-Bereich zur Anwendung kommen, wenn sie von einem Unternehmer erbracht werden, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Steuer geschuldet wird. Somit sind zukünftig beispielsweise auch erfasst:

  • Grundstücksleistungen wie zB Vermietung
  • Montage- bzw Werklieferung
  • Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen
  • Ruhende innerstaatliche Lieferungen im Rahmen von Reihengeschäften etc.

Voraussetzung ist, dass der Empfänger eine UID-Nummer des Bestimmungslands hat, dh es ist eine Registrierung des Empfängers im Bestimmungsland erforderlich.

7. Fazit

Die massive Ausweitung des One-Stop-Shops sowie die Erweiterung des Reverse-Charge-Systems soll – wie von der Wirtschaft gefordert – wesentliche Erleichterungen für die Abfuhr der Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Geschäft bringen. Damit verbunden sind aber auch Begleitmaßnahmen durch die Verwaltung, die möglicherweise wesentliche höhere Aufwände für Prüfungen bringen.

Im Detail sind noch sehr viele Fragen offen, daher ist die endgültige Fassung der Richtlinienänderung inklusive der Inkrafttretensbestimmungen zu prüfen. Auch die Umsetzung bis 01.01.2025 ist fraglich. Die Änderungen werden allerdings eine neue Evaluierung aller Geschäftsfälle und in der Folge vielseitige Anpassungen in den IT-Systemen der Unternehmer erforderlich machen.

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Lia Pachler

Lia Pachler

Senior Consultant

Senior Consultant mit den Schwerpunkten der finanzstrafrechtlichen sowie nationalen und internationalen umsatzsteuerlichen Beratung.

Veronika Seitweger

Veronika Seitweger

Steuerberaterin | Wirtschaftsprüferin | Partnerin bei TPA Österreich Die Leiterin des Umsatz-Kompetenzcenters verbindet Unternehmensberatung und Steuerberatung mit Accounting zu einem sinnvollen Ganzen!

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