Hofer Andrea | Waser Karl
Anlässlich der Umsetzung der EU Richtlinie 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union kam es zu zahlreichen Gesetzesänderungen im Arbeitsrecht. Betroffen von den Änderungen sind die Bestimmungen über das Ausstellen eines Dienstzettels. Neu geregelt wurden die Arbeitgeberverpflichtungen in Bezug auf Aus-, Fort- und Weiterbildung und das Recht auf Mehrfachbeschäftigung. Hinzu kommen noch Begleitmaßnahmen in Form von Sanktionen sowie Benachteiligungsverbot, Motivkündigungsschutz und schriftliche Kündigungsbegründung.
Dienstzettel
Das Ausstellen eines Dienstzettels war auch bisher für den Arbeitgeber gem. § 2 Abs 1 AVRAG schon verpflichtend. Der Arbeitgeber muss bei Beginn des Arbeitsverhältnisses unverzüglich einen Dienstzettel ausstellen. Auch bei Änderungen von den Angaben im Dienstzettel ist dem Arbeitnehmer ein Änderungsdienstzettel auszuhändigen. Weiters ist die Verpflichtung über das Erstellen eines Auslandsdienstzettels bei einem Auslandsaufenthalt von über einem Monat gesetzlich geregelt.
Verpflichtender Inhalt eines Dienstzettels
In § 2 Abs 2 AVRAG sind die Mindestangaben, welche ein Dienstzettel zu enthalten hat, angeführt. Diese wurden nun um die hervorgehobenen inhaltlichen Punkte erweitert:
- Name und Anschrift des Arbeitgebers,
- Name und Anschrift des Arbeitnehmers,
- Beginn des Arbeitsverhältnisses,
- bei Arbeitsverhältnissen auf bestimmte Zeit das Ende des Arbeitsverhältnisses,
- Dauer der Kündigungsfrist, Kündigungstermin, Hinweis auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren,
- gewöhnlicher Arbeits(Einsatz)ort, erforderlichenfalls Hinweis auf wechselnde Arbeits(Einsatz)orte, Sitz des Unternehmens,
- allfällige Einstufung in ein generelles Schema,
- vorgesehene Verwendung und kurze Beschreibung der zu erbringenden Arbeitsleistung,
- die betragsmäßige Höhe des Grundgehalts oder ‑lohns, weitere Entgeltbestandteile wie z.B. Sonderzahlungen, gegebenenfalls die Vergütung von Überstunden, Fälligkeit und Art der Auszahlung des Entgelts,
- Ausmaß des jährlichen Erholungsurlaubes,
- vereinbarte tägliche oder wöchentliche Normalarbeitszeit des Arbeitnehmers, sofern es sich nicht um Arbeitsverhältnisse handelt, auf die das Hausbesorgergesetz, BGBl. Nr. 16/1970, anzuwenden ist, gegebenenfalls Angaben zu den Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen, und
- Bezeichnung der auf den Arbeitsvertrag allenfalls anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (Kollektivvertrag, Satzung, Mindestlohntarif, festgesetzte Lehrlingsentschädigung, Betriebsvereinbarung) und Hinweis auf den Raum im Betrieb, in dem diese zur Einsichtnahme aufliegen,
- Name und Anschrift des Trägers der Sozialversicherung und der Betrieblichen Vorsorgekasse (BV‑Kasse) des Arbeitnehmers oder für Arbeitnehmer, die dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG), BGBl. Nr. 414/1972, unterliegen, Name und Anschrift der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse,
- Dauer und Bedingungen einer vereinbarten Probezeit,
- gegebenenfalls den Anspruch auf eine vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung.
Bei den Punkten 5, 6, 9 (ausgenommen die Angaben zum Grundgehalt oder ‑lohn), 10, 11, 14, 15 kann lt. § 2 Abs 5 AVRAG auf die für das Dienstverhältnis geltenden Bestimmungen in Gesetzen oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (zB Kollektivvertrag) oder in betriebsüblich angewendete Reiserichtlinien verwiesen werden.
Verpflichtender Inhalt eines Auslandsdienstzettels
Auch für Auslandsdienstzettel waren Anpassungen nötig, um die EU RL 2019/1152 umzusetzen. § 2 Abs 3 AVRAG wurde daher um folgende hervorgehobene Punkte ergänzt:
- der Staat, in dem die Arbeitsleistung erbracht werden soll und deren voraussichtliche Dauer,
- dieWährung, in der das Entgelt auszuzahlen ist,
- allenfalls Bedingungen für die Rückführung nach Österreich und
- allfällige zusätzliche Vergütungen für die Auslandstätigkeit einschließlich eines höheren Mindestentgelts nach den lohnrechtlichen Bestimmungen des Staates, in dem die Arbeitsleistung erbracht wird,
- allfälliger Aufwandersatz nach anwendbaren österreichischen Bestimmungen und nach den Bestimmungen des Staates, in dem die Arbeitsleistung erbracht wird,
- einen Hinweis auf die Website des Staates, in dem die Arbeitsleistung erbracht wird, nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2014/67/EU zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems, ABl. Nr. L 159 vom 28.05.2014, S. 11.
Ein Auslandsdienstzettel ist ab einer Tätigkeit von über einem Monat im Ausland zu erstellen.
Änderungsdienstzettel
Für Änderungsdienstzettel wurde die Frist für die Ausstellung geändert. Bisher musste die Meldung über die Änderung unverzüglich, jedoch spätestens einen Monat nach dem Wirksamwerden der Änderung erfolgen. Neu ist, dass die Meldung über die Änderung spätestens am Tag des Wirksamwerdens getätigt werden muss.
Art der Übermittlung
Neu geregelt wurde ebenfalls, dass die Aushändigung des Dienstzettels nach Wahl des Arbeitnehmers elektronisch erfolgen kann. Bislang musste die Ausstellung des Dienstzettelts in schriftlicher Form erfolgen. Was genau unter elektronischer Form zu verstehen ist, wird nicht näher geregelt. Die EU-RL 2019/1152 regelt jedoch in Art 3, dass eine elektronische Zurverfügungstellung möglich ist, „sofern die Informationen für den Arbeitnehmer zugänglich sind, gespeichert und ausgedruckt werden können“. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die Übermittlung per diverser Messenger Dienste (z.B. WhatsApp) nicht ausreichend sein wird.
Ausnahmebestimmungen
Die Regelung im § 2 Abs 4 AVRAG, dass die Verpflichtung zur Aushändigung eines Dienstzettels bei einer Dauer eines Dienstverhältnisses unter einem Monat entfällt, wurde gestrichen. Somit ist neu, dass bei einer Dauer des Dienstverhältnisses von unter einem Monat ebenfalls ein Dienstzettel auszustellen ist.
Bereits bestehende und weiterhin geltende Ausnahmebestimmungen besagen, dass kein Dienstzettel ausgestellt werden muss, wenn ein Dienstvertrag abgeschlossen wird. Ebenso entfällt die Pflicht zur Ausstellung eines Auslandsdienstzettels, wenn andere schriftliche Unterlagen, wie zum Beispiel ein Entsendevertrag, vorliegen. Der Dienstvertrag und der Entsendevertrag müssen jedoch alle Angaben enthalten, welche auch für den Dienstzettel verpflichtend sind.
Freie Dienstnehmer
Auch an freie Dienstnehmer war bisher schon lt. § 1164a ABGB ein Dienstzettel auszuhändigen, wenn das freie Dienstverhältnis länger als einen Monat gedauert hat. Auch für freie Dienstnehmer sind Auslandsdienstzettel und Änderungsdienstzettel auszustellen.
Auch im ABGB wurden daher Änderungen im Rahmen der Umsetzung der EU RL 2019/1152 vorgenommen. Es wurden im Wesentlichen wieder die inhaltlichen Vorgaben für Dienstzettel angepasst, sowie auch die Frist für die Ausstellung der Änderungsdienstzettel.
Sanktionen
Neu geregelt wurde der § 7a AVRAG über die „Nichtaushändigung eines Dienstzettels“. Die Verwaltungsstrafe beläuft sich pro Arbeitnehmer, welcher keinen Dienstzettel ausgehändigt bekommt, zwischen 100 Euro und 436 Euro. Sind mehr als 5 Arbeitnehmer betroffen oder wurde der Arbeitgeber in den letzten 3 Jahren vor der neuerlichen Übertretung bereits rechtskräftig bestraft, erhöht sich die Verwaltungsstrafe auf 500 Euro bis 2.000 Euro. Es erfolgt keine Strafkumulation im Falle des höheren Strafausmaßes bei mehr als 5 betroffenen Arbeitnehmern, da hier lt. § 7a AVRAG nur eine Verwaltungsübertretung vorliegt. Weiters kann die Verwaltungsbehörde von einer Geldbuße absehen, wenn nach der Einleitung des Strafverfahrens der Arbeitgeber zwischenzeitlich den Dienstzettel ausgehändigt hat und nur ein geringes Verschulden vorliegt.
Verpflichtung zur Kostenübernahme bei Aus-, Fort- und Weiterbildungen
Die EU-RL 2019/1152 gibt vor, dass dem Arbeitnehmer Weiterbildungen kostenlos bereitgestellt werden müssen und als Arbeitszeit gelten, wenn die Weiterbildung auf Grund von gesetzlichen Vorgaben, Kollektivvertrag, Verordnungen oder Dienstvertrag für die Ausübung der vereinbarten Tätigkeit notwendig ist. Die Umsetzung erfolgt im neu geschaffenen § 11b AVRAG.
Wird daher zb im Dienstvertrag vereinbart, dass regelmäßig gewisse Weiterbildungen zu erfolgen haben, um die vereinbarte Tätigkeit entsprechend leisten zu können, dann dürfen die Kosten nicht an den Arbeitnehmer weiterverrechnet werden und die Dauer der Weiterbildung ist als Arbeitszeit zu werten.
Recht auf Mehrfachbeschäftigung
Auch bisher waren Arbeitnehmer gem. der Judikatur schon berechtigt, einer Nebenbeschäftigung nachzugehen, soweit aus Sicht des anderen Arbeitsverhältnisses nichts dagegenspricht. Da die EU-RL 2019/1152 im Artikel 9 ein Recht auf Mehrfachbeschäftigung regelt, wurde dieses nun unter §2i AVRAG gesetzlich verankert.
Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer dennoch nicht benachteiligen, wenn dieser ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber eingeht. Zwei Ausnahmetatbestände wurden jedoch mit aufgenommen. Demnach kann der Arbeitgeber die Unterlassung der Mehrfachbeschäftigung verlangen, wenn die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen nicht eingehalten werden oder wenn die Nebenbeschäftigung der Beschäftigung im bestehenden Arbeitsverhältnis abträglich ist.
“Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen” bedeutet, dass bei mehreren Beschäftigungen alle Arbeitsverhältnisse zusammen die im Arbeitszeitgesetz geregelten Höchstarbeitszeiten nicht überschreiten dürfen. Daher kann der Arbeitgeber die Nebenbeschäftigung untersagen, wenn dadurch die Höchstgrenzen der Arbeitszeit überschritten werden.
Der bestehenden Beschäftigung abträglich sind Nebenbeschäftigungen, die sich auf den Arbeitgeber unzumutbar auswirken. Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer seinen Dienstvertragspflichten aufgrund der Nebenbeschäftigung nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen kann oder wenn die Tätigkeit mit dem bestehenden Arbeitgeber in Konkurrenz steht.
EU-RL 2019/1152 Art 9 Abs 2 regelt darüber hinaus noch folgende Gründe, bei denen der Arbeitgeber die Nebenbeschäftigung untersagen kann:
- aus der Mehrbelastung resultierende Gefährdung der Gesundheit und der Sicherheit des Dienstnehmers (Arbeitnehmerschutz);
- mögliche Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen;
- aus den insgesamt ausgeübten Tätigkeiten entstehende Interessenskonflikte;
- Schädigung des Ansehens des Dienstgebers.
Ausdrücklich klargestellt wurde aber auch, dass das Konkurrenzverbot lt. Angestelltengesetz davon unberührt bleibt.
Begleitmaßnahmen
Zu den oben dargestellten arbeitsrechtlichen Anpassungen wurden auch Begleitmaßnahmen beschlossen.
Motivkündigungsschutz
Der Schutz vor motivbedingten Kündigungen gilt nun auch für Fälle, in denen ein Dienstzettel vorenthalten wird oder eine zulässige Mehrfachbeschäftigung vorliegt.
Begründung einer Kündigung
Die Begründungspflicht bei Kündigungen seitens des Arbeitgebers wurde auch im Zusammenhang mit der Vorenthaltung eines Dienstzettels/Dienstscheins, einer zulässigen Mehrfachbeschäftigung oder den Rechten des Arbeitnehmers bezüglich Arbeitszeit und Kostenübernahme aus Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen gesetzlich festgelegt. Der Arbeitnehmer kann innerhalb von 5 Kalendertagen nach Erhalt der Kündigung eine Begründung der Kündigung seitens des Arbeitgebers verlangen. Der Arbeitgeber muss dann innerhalb von 5 Kalendertagen nach dem Verlangen die Begründung an den Arbeitnehmer übermitteln. Die Begründung der Kündigung hat ihren Zweck darin, dass der Arbeitnehmer besser abschätzen kann, ob eine Klage erfolgsbringend ist oder nicht.
Benachteiligungsverbot
Das Verbot von Benachteiligungen, Diskriminierung oder negativen Konsequenzen wird um die Geltendmachung von Rechten in Bezug auf die Ausstellung des Dienstzettels, die Mehrfachbeschäftigung sowie Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen erweitert.
Inkrafttreten der neuen Bestimmungen
Die neuen Bestimmungen sind mit dem folgenden Tag der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten. Die Änderungen gelten daher ab dem 28.03.2024.
Bezüglich der Ausstellung der Dienstzettel gelten die Bestimmungen nur für ab diesem Zeitpunkt abgeschlossene Arbeitsverhältnisse.
FAZIT
Durch die Erweiterung der inhaltlichen Vorgaben im Dienstzettel wird es bei den Unternehmen Änderungsbedarf in Bezug auf die Dienstzettelvorlagen geben. Wird ein Dienstvertrag vereinbart, wodurch das Aushändigen eines Dienstzettels wegfällt, dann ist auch eventuell eine Überarbeitung der Inhalte der Dienstverträge notwendig, wenn der Dienstvertag nicht alle neu geregelten Inhalte eines Dienstzettels bereits enthält.
Aus-, Fort- und Weiterbildungengelten als Arbeitszeit und der Arbeitgeber muss die damit verbundenen Kosten tragen, wenn sie durch gesetzliche Vorschriften, Verordnungen, kollektive Rechtsgestaltungsnormen oder den Arbeitsvertrag vorgeschrieben sind. Wenn dies der Fall ist, kann der Arbeitgeber keinen Ausbildungskostenrückersatz mit dem Arbeitnehmer vereinbaren.
Die Begründung für Kündigungen wird voraussichtlich zusätzliche Fragen aufwerfen. Zum Beispiel stellt sich die Frage, ob allgemeine Begründungen – wie betriebsbezogene oder personenbezogene Kündigung – ausreichend sind oder diese detaillierter angeführt werden müssen.
Zum Originalbeitrag
Hofer Andrea | Waser Karl
Anlässlich der Umsetzung der EU Richtlinie 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union kam es zu zahlreichen Gesetzesänderungen im Arbeitsrecht. Betroffen von den Änderungen sind die Bestimmungen über das Ausstellen eines Dienstzettels. Neu geregelt wurden die Arbeitgeberverpflichtungen in Bezug auf Aus-, Fort- und Weiterbildung und das Recht auf Mehrfachbeschäftigung. Hinzu kommen noch Begleitmaßnahmen in Form von Sanktionen sowie Benachteiligungsverbot, Motivkündigungsschutz und schriftliche Kündigungsbegründung.
Dienstzettel
Das Ausstellen eines Dienstzettels war auch bisher für den Arbeitgeber gem. § 2 Abs 1 AVRAG schon verpflichtend. Der Arbeitgeber muss bei Beginn des Arbeitsverhältnisses unverzüglich einen Dienstzettel ausstellen. Auch bei Änderungen von den Angaben im Dienstzettel ist dem Arbeitnehmer ein Änderungsdienstzettel auszuhändigen. Weiters ist die Verpflichtung über das Erstellen eines Auslandsdienstzettels bei einem Auslandsaufenthalt von über einem Monat gesetzlich geregelt.
Verpflichtender Inhalt eines Dienstzettels
In § 2 Abs 2 AVRAG sind die Mindestangaben, welche ein Dienstzettel zu enthalten hat, angeführt. Diese wurden nun um die hervorgehobenen inhaltlichen Punkte erweitert:
Bei den Punkten 5, 6, 9 (ausgenommen die Angaben zum Grundgehalt oder ‑lohn), 10, 11, 14, 15 kann lt. § 2 Abs 5 AVRAG auf die für das Dienstverhältnis geltenden Bestimmungen in Gesetzen oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (zB Kollektivvertrag) oder in betriebsüblich angewendete Reiserichtlinien verwiesen werden.
Verpflichtender Inhalt eines Auslandsdienstzettels
Auch für Auslandsdienstzettel waren Anpassungen nötig, um die EU RL 2019/1152 umzusetzen. § 2 Abs 3 AVRAG wurde daher um folgende hervorgehobene Punkte ergänzt:
Ein Auslandsdienstzettel ist ab einer Tätigkeit von über einem Monat im Ausland zu erstellen.
Änderungsdienstzettel
Für Änderungsdienstzettel wurde die Frist für die Ausstellung geändert. Bisher musste die Meldung über die Änderung unverzüglich, jedoch spätestens einen Monat nach dem Wirksamwerden der Änderung erfolgen. Neu ist, dass die Meldung über die Änderung spätestens am Tag des Wirksamwerdens getätigt werden muss.
Art der Übermittlung
Neu geregelt wurde ebenfalls, dass die Aushändigung des Dienstzettels nach Wahl des Arbeitnehmers elektronisch erfolgen kann. Bislang musste die Ausstellung des Dienstzettelts in schriftlicher Form erfolgen. Was genau unter elektronischer Form zu verstehen ist, wird nicht näher geregelt. Die EU-RL 2019/1152 regelt jedoch in Art 3, dass eine elektronische Zurverfügungstellung möglich ist, „sofern die Informationen für den Arbeitnehmer zugänglich sind, gespeichert und ausgedruckt werden können“. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die Übermittlung per diverser Messenger Dienste (z.B. WhatsApp) nicht ausreichend sein wird.
Ausnahmebestimmungen
Die Regelung im § 2 Abs 4 AVRAG, dass die Verpflichtung zur Aushändigung eines Dienstzettels bei einer Dauer eines Dienstverhältnisses unter einem Monat entfällt, wurde gestrichen. Somit ist neu, dass bei einer Dauer des Dienstverhältnisses von unter einem Monat ebenfalls ein Dienstzettel auszustellen ist.
Bereits bestehende und weiterhin geltende Ausnahmebestimmungen besagen, dass kein Dienstzettel ausgestellt werden muss, wenn ein Dienstvertrag abgeschlossen wird. Ebenso entfällt die Pflicht zur Ausstellung eines Auslandsdienstzettels, wenn andere schriftliche Unterlagen, wie zum Beispiel ein Entsendevertrag, vorliegen. Der Dienstvertrag und der Entsendevertrag müssen jedoch alle Angaben enthalten, welche auch für den Dienstzettel verpflichtend sind.
Freie Dienstnehmer
Auch an freie Dienstnehmer war bisher schon lt. § 1164a ABGB ein Dienstzettel auszuhändigen, wenn das freie Dienstverhältnis länger als einen Monat gedauert hat. Auch für freie Dienstnehmer sind Auslandsdienstzettel und Änderungsdienstzettel auszustellen.
Auch im ABGB wurden daher Änderungen im Rahmen der Umsetzung der EU RL 2019/1152 vorgenommen. Es wurden im Wesentlichen wieder die inhaltlichen Vorgaben für Dienstzettel angepasst, sowie auch die Frist für die Ausstellung der Änderungsdienstzettel.
Sanktionen
Neu geregelt wurde der § 7a AVRAG über die „Nichtaushändigung eines Dienstzettels“. Die Verwaltungsstrafe beläuft sich pro Arbeitnehmer, welcher keinen Dienstzettel ausgehändigt bekommt, zwischen 100 Euro und 436 Euro. Sind mehr als 5 Arbeitnehmer betroffen oder wurde der Arbeitgeber in den letzten 3 Jahren vor der neuerlichen Übertretung bereits rechtskräftig bestraft, erhöht sich die Verwaltungsstrafe auf 500 Euro bis 2.000 Euro. Es erfolgt keine Strafkumulation im Falle des höheren Strafausmaßes bei mehr als 5 betroffenen Arbeitnehmern, da hier lt. § 7a AVRAG nur eine Verwaltungsübertretung vorliegt. Weiters kann die Verwaltungsbehörde von einer Geldbuße absehen, wenn nach der Einleitung des Strafverfahrens der Arbeitgeber zwischenzeitlich den Dienstzettel ausgehändigt hat und nur ein geringes Verschulden vorliegt.
Verpflichtung zur Kostenübernahme bei Aus-, Fort- und Weiterbildungen
Die EU-RL 2019/1152 gibt vor, dass dem Arbeitnehmer Weiterbildungen kostenlos bereitgestellt werden müssen und als Arbeitszeit gelten, wenn die Weiterbildung auf Grund von gesetzlichen Vorgaben, Kollektivvertrag, Verordnungen oder Dienstvertrag für die Ausübung der vereinbarten Tätigkeit notwendig ist. Die Umsetzung erfolgt im neu geschaffenen § 11b AVRAG.
Wird daher zb im Dienstvertrag vereinbart, dass regelmäßig gewisse Weiterbildungen zu erfolgen haben, um die vereinbarte Tätigkeit entsprechend leisten zu können, dann dürfen die Kosten nicht an den Arbeitnehmer weiterverrechnet werden und die Dauer der Weiterbildung ist als Arbeitszeit zu werten.
Recht auf Mehrfachbeschäftigung
Auch bisher waren Arbeitnehmer gem. der Judikatur schon berechtigt, einer Nebenbeschäftigung nachzugehen, soweit aus Sicht des anderen Arbeitsverhältnisses nichts dagegenspricht. Da die EU-RL 2019/1152 im Artikel 9 ein Recht auf Mehrfachbeschäftigung regelt, wurde dieses nun unter §2i AVRAG gesetzlich verankert.
Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer dennoch nicht benachteiligen, wenn dieser ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber eingeht. Zwei Ausnahmetatbestände wurden jedoch mit aufgenommen. Demnach kann der Arbeitgeber die Unterlassung der Mehrfachbeschäftigung verlangen, wenn die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen nicht eingehalten werden oder wenn die Nebenbeschäftigung der Beschäftigung im bestehenden Arbeitsverhältnis abträglich ist.
“Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen” bedeutet, dass bei mehreren Beschäftigungen alle Arbeitsverhältnisse zusammen die im Arbeitszeitgesetz geregelten Höchstarbeitszeiten nicht überschreiten dürfen. Daher kann der Arbeitgeber die Nebenbeschäftigung untersagen, wenn dadurch die Höchstgrenzen der Arbeitszeit überschritten werden.
Der bestehenden Beschäftigung abträglich sind Nebenbeschäftigungen, die sich auf den Arbeitgeber unzumutbar auswirken. Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer seinen Dienstvertragspflichten aufgrund der Nebenbeschäftigung nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen kann oder wenn die Tätigkeit mit dem bestehenden Arbeitgeber in Konkurrenz steht.
EU-RL 2019/1152 Art 9 Abs 2 regelt darüber hinaus noch folgende Gründe, bei denen der Arbeitgeber die Nebenbeschäftigung untersagen kann:
Ausdrücklich klargestellt wurde aber auch, dass das Konkurrenzverbot lt. Angestelltengesetz davon unberührt bleibt.
Begleitmaßnahmen
Zu den oben dargestellten arbeitsrechtlichen Anpassungen wurden auch Begleitmaßnahmen beschlossen.
Motivkündigungsschutz
Der Schutz vor motivbedingten Kündigungen gilt nun auch für Fälle, in denen ein Dienstzettel vorenthalten wird oder eine zulässige Mehrfachbeschäftigung vorliegt.
Begründung einer Kündigung
Die Begründungspflicht bei Kündigungen seitens des Arbeitgebers wurde auch im Zusammenhang mit der Vorenthaltung eines Dienstzettels/Dienstscheins, einer zulässigen Mehrfachbeschäftigung oder den Rechten des Arbeitnehmers bezüglich Arbeitszeit und Kostenübernahme aus Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen gesetzlich festgelegt. Der Arbeitnehmer kann innerhalb von 5 Kalendertagen nach Erhalt der Kündigung eine Begründung der Kündigung seitens des Arbeitgebers verlangen. Der Arbeitgeber muss dann innerhalb von 5 Kalendertagen nach dem Verlangen die Begründung an den Arbeitnehmer übermitteln. Die Begründung der Kündigung hat ihren Zweck darin, dass der Arbeitnehmer besser abschätzen kann, ob eine Klage erfolgsbringend ist oder nicht.
Benachteiligungsverbot
Das Verbot von Benachteiligungen, Diskriminierung oder negativen Konsequenzen wird um die Geltendmachung von Rechten in Bezug auf die Ausstellung des Dienstzettels, die Mehrfachbeschäftigung sowie Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen erweitert.
Inkrafttreten der neuen Bestimmungen
Die neuen Bestimmungen sind mit dem folgenden Tag der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten. Die Änderungen gelten daher ab dem 28.03.2024.
Bezüglich der Ausstellung der Dienstzettel gelten die Bestimmungen nur für ab diesem Zeitpunkt abgeschlossene Arbeitsverhältnisse.
FAZIT
Durch die Erweiterung der inhaltlichen Vorgaben im Dienstzettel wird es bei den Unternehmen Änderungsbedarf in Bezug auf die Dienstzettelvorlagen geben. Wird ein Dienstvertrag vereinbart, wodurch das Aushändigen eines Dienstzettels wegfällt, dann ist auch eventuell eine Überarbeitung der Inhalte der Dienstverträge notwendig, wenn der Dienstvertag nicht alle neu geregelten Inhalte eines Dienstzettels bereits enthält.
Aus-, Fort- und Weiterbildungengelten als Arbeitszeit und der Arbeitgeber muss die damit verbundenen Kosten tragen, wenn sie durch gesetzliche Vorschriften, Verordnungen, kollektive Rechtsgestaltungsnormen oder den Arbeitsvertrag vorgeschrieben sind. Wenn dies der Fall ist, kann der Arbeitgeber keinen Ausbildungskostenrückersatz mit dem Arbeitnehmer vereinbaren.
Die Begründung für Kündigungen wird voraussichtlich zusätzliche Fragen aufwerfen. Zum Beispiel stellt sich die Frage, ob allgemeine Begründungen – wie betriebsbezogene oder personenbezogene Kündigung – ausreichend sind oder diese detaillierter angeführt werden müssen.
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