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Energiegemeinschaften des EAG

(Bild: © iStock/Rachaphak) (Bild: © iStock/Rachaphak)

Alles zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) für Energiegemeinschaften in Österreich

Österreichs Gesamtstromverbrauch soll bis 2030 bilanziell zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Bis 2040 soll zudem eine vollständige Klimaneutralität erreicht werden. Zur Realisierung dieser äußerst ambitionierten Ziele setzt der Gesetzgeber im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) gezielte Maßnahmen. Die darin enthaltenen Förderungen umfassen

Photovoltaik, Windenergie, Wasserkraft sowie Biomasse. Insbesondere Photovoltaik wird für der Zielerreichung eine große Rolle spielen: bis 2030 sollen 1.000.000 Dächer in Österreich mit PV-Anlagen ausgestattet worden sein und 13 Terawattstunden (TWh) Strom zusätzlich aus PV erzeugt werden. Im Jahr 2021 wurden 740 Megawattpeak (MWp) neu installiert, was einer Steigerung des jährlichen Zuwachses von 117% gegenüber dem Jahr 2020 (Zuwachs iHv 340 MWp) bedeutet. Es konnten 2021 somit bereits 4,7% der Stromnachfrage in Österreich durch die gesamte installierte Photovoltaik-Leistung von 2.783 MWp gedeckt werden.

Alles zu den EAG Förderungen für Energiegemeinschaften in Österreich für erneuerbare Energien können Sie hier nachlesen!

1. EAG: Energiegemeinschaften

Die Errichtung von gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen ist grundsätzlich schon seit der „kleinen“ Ökostromnovelle 2017 möglich und war bis 2021 lediglich in § 16a ElWOG normiert. Das EAG erweitert die Möglichkeiten im Zusammenhang mit EEG. Bei EEG handelt es sich stets um einen Zusammenschluss von mindestens zwei Personen in Form einer Vereinigung mit Rechtspersönlichkeit, Die genaue Ausgestaltung und Zielsetzung variiert jedoch. Diese ist vor allem davon abhängig, ob es sich um eine Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft oder eine Bürger-Energiegemeinschaft handelt.

Diese neuen Formen der gemeinschaftlichen Energienutzung bzw. -vermarktung erleichtern es, am Energiemarkt teilzunehmen. Dabei steht es den Gemeinschaften zusätzlich auch frei, ob sie den erzeugten Strom ausschließlich an ihre Mitglieder weitergeben oder zusätzlich auch Überschuss-Energie in das öffentliche Stromnetz einspeisen. Das EAG ermöglicht sogar den Zusammenschluss von Privaten und lokalen Behörden.

2. Welche Merkmale haben diese Energiegemeinschaften?

Allgemein wird zwischen zwei Arten von Energiegemeinschaften, welche auf zwei verschiedenen EU- Richtlinien beruhen, unterschieden: Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft und Bürger-Energiegemeinschaft. Nachfolgend werden die wichtigsten Charakteristika der EEG dargestellt.

Unterschiede: Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft und Bürger­Energiegemeinschaft

Grundprinzipien von Energiegemeinschaften

Die Grundprinzipien gelten sowohl für die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft als auch die Bürger-Energiegemeinschaft:
– Erzielung ökologischer, wirtschaftlicher und sozialgemeinschaftlicher Vorteile
– Teilnahme offen und freiwillig

Wer darf teilnehmen?

Erneuerbare-Energie-GemeinschaftBürger-Energiegemeinschaft
Mindestens zwei Mitglieder/Gesellschafter:

– natürliche Personen
– Gemeinden
– Rechtsträger von Behörden
– sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts
– kleine und mittlere Unternehmen (nach Definition der EU-Kommission)
– Keine Teilnahme von Elektrizitäts- und Erdgasunternehmen
Mindestens zwei Mitglieder/Gesellschafter:
– natürliche Personen
– juristische Personen

Gebietskörperschaften
Teilnahme von Energieversorgungsunternehmen möglich (keine Mittel- und Großbetriebe)

Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft: kein Ausschluss aufgrund Größe – > Teilnahme für größere Photovoltaikparks- bzw. Projekte möglich (wichtig: keine Kontrolle durch Versorger oder Stromhändler iSd ElWOG)

Welche Mitglieder/Gesellschafter dürfen Kontrolle ausüben bzw. Entscheidungen treffen?

Erneuerbare-Energie-GemeinschaftBürger-Energiegemeinschaft
– Alle Mitglieder– Natürliche Personen
– Gebietskörperschaft
– kleine Unternehmen (Ausnahme: Elektrizitäts-Unternehmen)

Rechtsform der Energie-Gemeinschaft

Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft & Bürger-Energiegemeinschaft
– Verein
– Genossenschaft
– Personengesellschaft
– Kapitalgesellschaft
– ähnliche Vereinigung mit Rechtspersönlichkeit

Die Möglichkeit zur Errichtung einer Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft bzw. einer Bürger-Energiegemeinschaft in der Rechtsform einer WEG iSd WEG 2002 erscheint zweifelhaft, da die WEG nur eingeschränkte Rechtsfähigkeit besitzt. Allerdings ist die Teilnahme einer WEG als Mitglied einer Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft bzw. Bürger-Energiegemeinschaft möglich. Alternativ wäre auch die Errichtung einer Gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage iSd § 16a ElWOG denkbar, die elektrische Energie zur Deckung des Verbrauchs ihrer „teilnehmenden Berechtigten“ erzeugt.

Tätigkeiten

Erneuerbare-Energie-GemeinschaftBürger-Energiegemeinschaft
– Verbrauch, Speicherung, Verkauf der erzeugten Energie
– Aggregierung Erbringung anderer
– Energiedienstleistungen
– Verbrauch, Speicherung, Verkauf der erzeugten Energie (im Gegensatz zur EEG keine Beschränkung auf erneuerbare Quellen)
– Aggregierung

Energiedienstleistungen für Mitglieder (z.B. Energieeffizienzdienstleistungen, Ladedienstleistungen für Elektrofahrzeuge)

Gewinnerzielung

Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft & Bürger-Energiegemeinschaft
Kein Hauptzweck

(„Zufalls-Gewinne“ durch Verkauf von Überschuss-Energie möglich, dann jedoch verpflichtende Verteilung an die Mitglieder)

Weitere Unterschiede bei Energiegemeinschaften

Erneuerbare-Energie-GemeinschaftBürger-Energiegemeinschaft
Nähe zwischen Erzeugern und VerbrauchernNotwendige Verbindung zwischen Erzeugungs- und Verbrauchsanlage (enges, geografisches Gebiet)Verteilung über ganz Österreich möglich – > daher stärkere Anforderungen an Datenaustausch mit Netzbetreibern (§ 16e Abs 2 ElWOG)
Förderung von InvestitionenInvestitionsförderung iSd EAG möglich (Antrag pro Anlage einzubringen)Keine Erwähnung dieser Möglichkeit im Entwurf des EAG bzw. in Erläuterungen
Formale ErfordernisseVerträge und GründungsdokumentVerträge und Gründungsdokument
SystembenutzungsentgelteErleichterungen vorgesehenKeine Erleichterungen vorgesehen
Contracting- und Leasingmodellezulässigzulässig

Aus den oben dargestellten Rahmenbedingungen für Energiegemeinschaften in Österreich ergeben sich gerade aus gesellschafts- und steuerrechtlicher Sicht äußerst spannende Fragestellungen.

Welche Rechtsform für die Energiegemeinschaft wählen?

Wichtig wird sein, die den gewünschte Kontroll- bzw. Gesellschafterstrukturen entsprechende Rechtsform für die Energiegemeinschaft zu wählen. Zusätzlich zu berücksichtigen sind Themen wie die beschränkte bzw. unbeschränkte Haftung der Mitglieder /Gesellschafter, (Stamm-) Kapitalerfordernisse oder etwaige Mindeststeuern. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Energiegemeinschaften nicht primär auf Gewinn ausgerichtet sind, da die Tätigkeit gegenüber den Mitgliedern erfolgen soll und somit – zumindest in der Theorie – auch kein Mitbewerb zu den Energieversorgern entstehen soll. In den Erläuterungen wird in diesem Zusammenhang auch von Gemeinnützigkeit gesprochen, woraus viele Fragestellungen resultieren.

Dabei ist jedoch noch nicht geklärt, ob der „Gemeinnützigkeitsgriff“ des EAG (aus der EU-Richtlinie übernommen) inkl. Erläuterungen überhaupt jenem des österreichischen Steuerrechts (§ 34 der Bundesabgabenordnung) entspricht. Insbesondere jene Passagen (siehe o.a. Tabelle), welche die Gewinnerzielung und Verteilung an die Mitglieder in einem gewissen Maße (ohne das Maß genau zu definieren) zulassen, sorgen dabei für offene Fragen. Es ist daher aktuell davon auszugehen, dass es sich bei der Tätigkeit der EEG grundsätzlich um eine steuerbare und bei Gewinnen auch steuerpflichtige Tätigkeit handelt (zu den Ausnahmen für Private siehe weiter unten). Dies bestätigt sich auch durch die Handhabung der Finanzverwaltung, welche EEG’s sowohl Steuernummern für Körperschaftsteuer als auch Umsatzsteuer erteilt.

TPA Tipp:

Ab dem 1. Jänner 2024 ist die Mitgliedschaft mit einer Verbrauchs- oder Erzeugungsanlage an mehr als einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage, Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft oder Bürger-Energiegemeinschaft zulässig (§ 111 Abs 8 ElWOG). Zudem soll der Betrieb einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage als Teil einer Energiegemeinschaft möglich sein.

  • PDF: Mehr zu Rechtsformen von Energiegemeinschaften finden Sie auch hier, im Vortrag von Berd Rajal (Schoenherr Lawyers) bei Energy Tomorrow 2021

Rechtliche Rahmenbedingungen von Energiegemeinschaften in Österreich

3. Energiegemeinschaften in der Umsatzsteuer

Vorab: das EAG enthält keinerlei Ausführungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung. Nachdem § 2 UStG den Unternehmerbegriff sehr großzügig definiert (Absicht zur Einnahmenerzielung bei selbstständiger und nachhaltiger Tätigkeit reichen aus), sind Energiegemeinschaften uE als Unternehmer iSd UStG zu qualifizieren. Es wird jedenfalls keine umsatzsteuerliche Liebhaberei vorliegen, da diese eine ausschließliche persönliche Neigung verlangt.

Nachdem die Umsatzsteuer ein für die Investitionsentscheidung höchstrelevanter Faktor ist, wird die Frage des Vorsteuerabzugs bei der Investition in Erzeugungs- und Speichereinrichtungen im Mittelpunkt stehen. Aufgrund der Ausgestaltung der Energiegemeinschaft als eigenständige Rechtspersonen und der sich daraus ergebenden Trennung von den Mitgliedern, sprechen gute Argumente für den Vorsteuerabzug bei Investition. Notwendig dafür wäre ein fremdüblicher Leistungsaustausch zwischen Gemeinschaft und Mitgliedern Für den Anteil der in das öffentliche Stromnetz eingespeisten Energie stellen sich derartige Fragen nicht und ein Vorsteuerabzug sollte daher uE jedenfalls möglich sein.

Auch auf Ebene der Mitglieder der Erneuerbare-Energiegemeinschaft wird idR durch die (Überschuss-)Einspeisung von Strom eine unternehmerische Tätigkeit iSd UStG begründet. Die von den Mitgliedern erzielten Umsätze aus der Lieferung der erzeugten Energie an die Erneuerbare-Energiegemeinschaft unterliegen gemäß § 2 Z 2 UStBBKV dem Reverse Charge System, sofern die Haupttätigkeit der Erneuerbare-Energiegemeinschaft in der Weiterlieferung von Elektrizität besteht (Weiterveräußerung von > 50% der bezogenen Energie durch die Erneuerbare-Energiegemeinschaft und Verbrauch für eigene Zwecke < 5%).

Hinsichtlich des Vorsteuerabzugs ist auf Ebene der Mitglieder auf das Überwiegensprinzip bei Überschusseinspeisung abzustellen: Übersteigt die aus der Photovoltaikanlage für private Zwecke genutzte Strommenge die an die Erneuerbare-Energiegemeinschaft abgegebene Strommenge, steht der Vorsteuerabzug iZm der Anschaffung, Inbetriebnahme und Betrieb der Anlage zur Gänze nicht zu. Bei Volleinspeisung steht demgegenüber der volle Vorsteuerabzug für die Errichtung und den Betrieb der Anlage zu.

Achtung: Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Kleinunternehmerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG ist jedenfalls für das einzelne Mitglied vorab zu prüfen.

4. Rechtsgeschäftsgebühr

Werden Miet-, Pacht- oder sonstige Bestandverträge iZm der Nutzung einer Energieerzeugungsanlage (schriftlich) abgeschlossen, unterliegen diese der Rechtsgeschäftsgebühr iHv 1% (Bemessungsgrundlage: Jahreswert der wiederkehrenden Entgelte (Miete/Pacht) zuzüglich einmaliger Leistungen). Auch die (schriftliche) vertragliche Vereinbarung über die entgeltliche Einräumung einer Dienstbarkeit (Dulden oder Unterlassen zu Gunsten eines Berechtigten) unterliegt der Rechtsgeschäftsgebühr von 2% (Bemessungsgrundlage: Wert des vereinbarten Entgelts).

5. Begünstigungen

Folgende Begünstigungen kommen insbesondere für Erneuerbare-Energiegemeinschaften in Betracht:

  • Entfall des Erneuerbaren-Förderbetrages für innerhalb einer Erneuerbare-Energiegemeinschaft gehandelten Strom;
  • Entfall der Elektrizitätsabgabe für mittels Photovoltaik erzeugten und in der Erneuerbare-Energiegemeinschaft verbrauchten Strom;
    • Ab 1. Juli 2022 gilt die Befreiung für elektrische Energie aus allen erneuerbaren Energieträgern.
  • Reduktion der Netznutzungsentgelte von bis zu 60% für Erneuerbare-Energiegemeinschaften;
  • Investitionsfreibetrag: Für nach dem 31.12.2022 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens (nur bei betrieblichen Einkünften!) besteht die Möglichkeit zur Geltendmachung eines Investitionsfreibetrages in Höhe von 10% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (15% im Bereich der Ökologisierung).
  • Investitionszuschüsse für Photovoltaikanlagen und Stromspeicher: Für die Neuerrichtung und Erweiterung von Photovoltaikanlagen und die damit verbundene Neuerrichtung von Stromspeichern ist die Beantragung eines Investitionszuschusses möglich (Beginn der Beantragung ab 21.04.2022; Achtung: begrenzte Frist der Fördercalls!). Für Informationen zu den Voraussetzungen für die Antragstellung sowie zur Höhe der je nach Kategorie abgestuften Fördersätze dürfen wir auf die Homepage der OeMAG unter folgendem Link verweisen: https://www.oem-ag.at/de/foerderung/.
  • Marktprämie: Die Marktprämie/kWh (für selbst erzeugte und ins öffentliche Elektrizitätsnetz eingespeiste Energie, angegeben in Cent/kWh) wird monatlich auf Basis des sich verändernden Referenzmarktwertes neu ermittelt. Die Auszahlung der Marktprämie erfolgt monatlich durch die EAG-Förderabwicklungsstelle und beginnt ab Nachweis der Inbetriebnahme der Anlage bzw. der Anlagenerweiterung. Die Marktprämie wird für maximal 20 Jahre gewährt. Auch Bürger-Energiegemeinschaften können die Marktprämie in Anspruch nehmen.

Zudem möchten wir in diesem Zusammenhang auf folgende Änderung im Rahmen des Abgabenänderungsgesetzes 2022 hinweisen: Ab der Veranlagung 2022 werden Einkünfte natürlicher Personen aus der Einspeisung von bis zu 12.500 kWh elektrischer Energie aus Photovoltaikanlagen mit einer Engpassleistung von max 25 kWp steuerfrei behandelt.

6. Fazit und Ausblick zu Energie-Gemeinschaften

Die Energiegemeinschaften des EAG bringen eine Vielzahl spannender und durchaus attraktiver Anwendungsmöglichkeiten. Aufgrund der freien Rechtsformwahl und zahlreicher darüberhinausgehender Ausgestaltungsmöglichkeiten wird es darauf ankommen, die passendste Organisationsstruktur zu identifizieren. Gestaltungsspielraum ist jedenfalls zur Genüge vorhanden.

Kontaktieren Sie unsere Experten, wenn Sie Fragen zum EAG und Energiegemeinschaften in Österreich haben.

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Karin Fuhrmann

Karin Fuhrmann

Steuerberaterin | Partnerin bei TPA Österreich

Karin Fuhrmann wurde wiederholt als „Steuerberater des Jahres für Immobilien & Bauwirtschaft“ in Österreich ausgezeichnet.

Sebastian Gstaltner

Sebastian Gstaltner

Berufsanwärter | Consultant

Beratungs-Schwerpunkte auf Erneuerbare Energie, Immobilien-Steuerrecht, Erstellung von Jahresabschlüssen & Steuererklärungen

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