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KONZERNRECHNUNGSLEGUNG | Der Konzerneigenkapitalspiegel nach UGB

(Bild: © iStock/Souda)

Cani Devis  |  Grufeneder Lisa  |  Hochreiter Barbara

Die „Darstellung der Komponenten des Eigenkapitals und ihrer Entwicklung“ gehört gemäß § 250 Abs 1 UGB zu den zwingenden Bestandteilen eines unternehmensrechtlichen Konzernabschlusses. Da das Gesetz jedoch die inhaltliche Ausgestaltung des Konzerneigenkapitalspiegels nicht näher regelt, hat sich das AFRAC um Detailregelungen im Sinne einer systematischen Darstellung des Konzerneigenkapitals und dessen Entwicklung angenommen. Die AFRAC-Stellungnahme 35 enthält daher detaillierte Vorgaben zur Darstellung des Konzerneigenkapitals und erläutert dessen einzelne Komponenten (Konzerneigenkapitalspiegel). Zudem werden ausgewählte Bilanzierungsfragen thematisiert, die Auswirkungen auf die Eigenkapitaldarstellung haben. Im folgenden Beitrag fassen wir nochmals die wesentlichen Regelungen zusammen und weisen auf mögliche Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung hin.

Das “Austrian Financial Reporting and Auditing Committee” (AFRAC) ist die maßgebliche Institution für die Festlegung von Rechnungslegungsstandards in Österreich. Die Stellungnahme “Die Darstellung der Komponenten des Eigenkapitals und ihrer Entwicklung gemäß § 250 Abs 1 UGB” (AFRAC-Stellungnahme 35 “Konzerneigenkapitalspiegel (UGB)”) wurde im Mai 2020 veröffentlicht (siehe dazu bereits den ersten Überblick in unserem NEWS-Beitrag “BILANZIERUNG | Eigenkapitalentwicklung im Konzernabschluss” vom 13.9.2020) und ist seither für (verpflichtende oder freiwillige) Konzernabschlüsse anzuwenden, die nach den Vorschriften des österreichischen Unternehmensgesetzbuches (UGB) aufgestellt werden. Hingegen gilt die Stellungnahme NICHT für Konzernabschlüsse, die nach internationalen Rechnungslegungsstandards (zB IFRS) erstellt werden. Im Folgenden gehen wir nochmals näher auf die Kerninhalte der AFRAC-Stellungnahme 35 ein:

Komponenten des Konzerneigenkapitals

Der Konzerneigenkapitalspiegel ist ein verpflichtender Bestandteil des Konzernabschlusses. Da das Gesetz keine spezifischen Inhalte festlegt, dient die AFRAC-Stellungnahme als Orientierungshilfe für die Darstellung der Eigenkapitalentwicklung. Das Konzerneigenkapital umfasst das eingeforderte Nennkapital (Grund-, Stammkapital), Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen und Bilanzgewinn/-verlust, allfällige eigene Anteile und dafür gebildete Rücklagen (§ 225 Abs 5 UGB), eine allfällige Rücklage für Anteile an Mutterunternehmen (§ 225 Abs 5 UGB) sowie Eigenkapitalposten aufgrund von Konsolidierungsmaßnahmen (§§ 254 Abs 3, 259 Abs 1 und 261 UGB). Der Konzerneigenkapitalspiegel stellt die Entwicklung des bilanzierten Konzerneigenkapitals für das Geschäftsjahr sowie das Vorjahr dar. 

Demnach umfasst der Konzerneigenkapitalspiegel zumindest folgende Komponenten in schematischer Darstellung:

 Eingefordertes Nennkapital (Grund-, Stammkapital) des Mutterunternehmens
Nennbetrag bzw rechnerischer Wert eigener Anteile des Mutterunternehmens
+Kapitalrücklagen
+/-Rücklagen aus erfolgsneutral erfassten Wertänderungen
+/-kumuliertes Ergebnis
=das den Gesellschaftern des Mutterunternehmens zuzurechnende Eigenkapital
+Nicht beherrschende Anteile
=Konzerneigenkapital


​​​​​​​Erläuterungen zu den einzelnen Komponenten

  • Eingefordertes Nennkapital: Das Nennkapital im Konzernabschluss entspricht dem im Einzelabschluss des Mutterunternehmens ausgewiesenen Nennkapital. Eingeforderte ausstehende Einlagen von einbezogenen Tochterunternehmen werden entsprechend den Konsolidierungsvorschriften (§ 255 UGB) eliminiert. Bestehen eingeforderte ausstehende Einlagen gegenüber Dritten bzw nicht einbezogenen Tochterunternehmen, sind diese als Forderung gesondert auszuweisen.
  • Eigene Anteile: Eigene Anteile des Mutterunternehmens müssen im Konzernabschluss wie im Einzelabschluss des Mutterunternehmens behandelt werden. Zusätzlich sind Anteile am Mutterunternehmen, die von Tochterunternehmen oder anteilsmäßig konsolidierten Unternehmen gehalten werden (Rückbeteiligungen), ebenfalls als eigene Anteile zu behandeln und offen vom Nennkapital abzuziehen. Ein Unterschiedsbetrag zwischen Nennbetrag und Anschaffungskosten ist in den nicht gebundenen Kapitalrücklagen und den freien Gewinnrücklagen zu berücksichtigen. Im Konzernabschluss ist auch eine Verrechnung gegen gebundene Kapitalrücklagen sowie gesetzliche bzw satzungsmäßige Gewinnrücklagen möglich. 
  • Kapitalrücklagen: Diese beinhalten die Einlagen der Gesellschafter des Mutterunternehmens, die über das Nennkapital hinausgehen, und decken sich üblicherweise mit den Kapitalrücklagen im Einzelabschluss des Mutterunternehmens. Da dem Konzernabschluss keine Ausschüttungsfunktion zukommt, ist auch keine Aufteilung in gebundene und nicht gebundene Rücklagen erforderlich.
  • Rücklagen aus erfolgsneutral erfassten Wertänderungen: Hier werden die erfolgsneutral erfassten Währungsumrechnungsdifferenzen aufgrund von Wechselkursschwankungen aus der Einbeziehung ausländischer Tochterunternehmen erfasst und sind diese als eigene Komponente im Konzerneigenkapitalspiegel darzustellen.
  • Kumuliertes Ergebnis: Auch die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten von Gewinnrücklagen entfällt im Konzernabschluss aufgrund der Tatsache, dass dieser keine Relevanz für die Zulässigkeit von Ausschüttungen hat. Aus demselben Grund ist zudem erlaubt, die Gewinnrücklagen und den Bilanzgewinn oder -verlust unter dem Posten „kumuliertes Ergebnis“ zusammenzufassen. Eine detailliertere Darstellung kann freiwillig erfolgen, sofern die gesetzlichen und satzungsmäßigen Gewinnrücklagen jenen des Mutterunternehmens entsprechen. 
  • Nicht beherrschende Anteile: Dieser Posten betrifft die Kapitalanteile von Minderheitsgesellschaftern an Tochterunternehmen, die nicht vollständig zum Konzern gehören. Sie sind im Konzerneigenkapital gesondert auszuweisen.

Aufgrund der Tatsache, dass der Konzernabschluss keine Basis für Gewinnausschüttungen darstellt, dürfen – wie oben beschrieben – gewisse Posten, die in den Jahresabschlüssen gemäß UGB nach ihrer Art detailliert aufgesplittet werden müssen (insb. Kapital- und Gewinnrücklagen), im Konzernabschluss zusammengefasst werden. Im Sinne der Informationspflicht wird in der AFRAC-Stellungnahme 35 allerdings empfohlen, den Betrag vom kumulierten Ergebnis, der den Gesellschaftern des Mutterunternehmens zum Stichtag als Gewinnausschüttung zur Verfügung steht, als ergänzende Angabe anzuführen. Ebenso wird empfohlen, den Betrag der Kapitalrücklagen und des kumulierten Ergebnisses anzugeben, welcher beim Mutterunternehmen einer Ausschüttungssperre oder anderen Verfügungsbeschränkungen unterliegt (zB gemäß § 235 UGB oder laut Satzung bzw Gesellschaftsvertrag). Diese ergänzenden Angaben können gesamthaft entweder unter dem Konzerneigenkapitalspiegel oder im Konzernanhang angeführt werden. 

Darstellung der Entwicklung des Konzerneigenkapitals

Die Veränderungen des Konzerneigenkapitals aufgrund von Änderungen des Konsolidierungskreises sind unsaldiert und somit gesondert auszuweisen. Zu beachten ist, dass die entsprechenden Beträge zumindest in vollen Tausend Euro sowohl für das Geschäftsjahr als auch für das Vorjahr anzugeben sind. Nach Maßgabe der Wesentlichkeit (siehe AFRAC 34 bzw dazu bereits unseren NEWS-Beitrag “BILANZIERUNG | Wesentlichkeit im UGB-Abschluss (AFRAC-Stellungnahme)” vom 20.11.2019) sind auch größere Einheitsangaben möglich. 

Die AFRAC-Stellungnahme 35 enthält weiters auch ein Beispiel für die Darstellung des Konzerneigenkapitalspiegels:  ​​​​​​​

Bei der Darstellung ist zu beachten, dass der Jahresüberschuss/-fehlbetrag im Eigenkapitalspiegel jedenfalls mit jenem in der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung abstimmbar sein muss. Zudem ist eine Aufteilung in “den Gesellschaftern des Mutterunternehmens zuzurechnender Jahresüberschuss/-fehlbetrag” und in “den nicht beherrschenden Anteilen zuzurechnenden Jahresüberschuss/-fehlbetrag” vorzunehmen. 

Weiters ist es wichtig, bei der Darstellung der Komponenten des Eigenkapitals und ihrer Entwicklung die Veränderungen getrennt nach ihrer Herkunft (Unternehmenssphäre versus Eigentümersphäre) darzustellen und diese mit einer Zwischensumme abzutrennen. Dadurch wird das Konzerngesamtergebnis ersichtlich, welches durch das Unternehmen im Geschäftsjahr (= Unternehmenssphäre) erwirtschaftet wurde. Erst nach der Darstellung des Konzerngesamtergebnisses werden die Veränderungen des Eigenkapitals durch Eingriffe aus der Eigentümersphäre aufgeschlüsselt. Zudem sind wesentliche Veränderungen aus der Eigentümersphäre zu erläutern. 

Hinweise zur praktischen Anwendung

In der Praxis stellen insbesondere erfolgsneutral erfasste Wertänderungen Probleme bei der Zuordnung dar, weshalb wir im Folgenden noch näher auf einige dieser Wertänderungen und deren Darstellung im Konzerneigenkapitalspiegel eingehen möchten. Dazu werden wir zunächst den allgemeinen Grundsatz, dass wesentliche Veränderungen aufgeschlüsselt dargestellt werden müssen, erläutern und sodann drei Arten von Kapitalveränderungen darstellen: 

  • Wesentliche Veränderungen des Konzerneigenkapitals: Eine saldierte Darstellung von wesentlichen Mehrungen bzw Minderungen des Konzerneigenkapitals als erfolgsneutral erfasste Wertänderungen ist gemäß AFRAC-Stellungnahme 35 nicht erlaubt. Wesentliche Veränderungen sind unsaldiert in separaten Zeilen und Spalten des Konzerneigenkapitalspiegels auszuweisen. Dafür erlaubt die AFRAC-Stellungnahme auch die Untergliederung und/oder Umbenennung der Posten der Eigentümersphäre. Als Beispiel werden erfolgsneutrale Effekte aus Erst- oder Endkonsolidierungen angeführt, die entsprechend in einer eigenen Zeile dargestellt werden müssen.
  • Veränderungen des Konzerneigenkapitals aufgrund von Auf- bzw Abstockungen von Anteilen an Tochterunternehmen: Für die Auf- oder Abstockung von Anteilen an Tochterunternehmen, ohne dass der Status Tochterunternehmen abhanden kommt, räumt die AFRAC-Stellungnahme 35 für deren Darstellung im Eigenkapital ein Wahlrecht ein. Dieser Vorgang kann entweder als Erwerbs- bzw Veräußerungsvorgang oder als Kapitalvorgang abgewickelt werden. Eine einmal gewählte Vorgehensweise ist dannstetig auf jegliche Auf- bzw Abstockungen anzuwenden. Unabhängig von der gewählten Variante ist bei wesentlichen Beträgen die erfolgsneutral erfasste Wertänderung jedenfalls in einer gesonderten Zeile “Auf- bzw Abstockung von Anteilen an Tochterunternehmen” darzustellen. 
  • Veränderungen des Konzerneigenkapitals aufgrund vom Erwerb oder Verkauf eines Tochterunternehmens: Zu beachten ist, dass unter obigen Posten lediglich Anteilsänderungen von Tochterunternehmen, die den Status als Tochterunternehmen nicht verändern, zu führen sind. Kommt es hingegen durch den Erwerb oder Verkauf von Anteilen zum Statuswechsel (Unternehmen wird zum Tochterunternehmen oder Unternehmen verliert den Status als Tochterunternehmen), handelt es sich um einen Erwerbs- bzw Veräußerungsvorgang. Dadurch bewirkte Veränderungen des Konzerneigenkapitals sind demnach in der Zeile “ Erwerb bzw Verkauf Tochterunternehmen” darzustellen. 
  • Veränderungen des Konzerneigenkapitals aufgrund von Kapitalerhöhungen bzw -herabsetzungen: Hier ist zu beachten, dass nicht nur Kapitalerhöhungen bzw -herabsetzungen beim Mutterunternehmen im Eigenkapitalspiegel darzustellen sind, sondern auch der Anteil anderer Gesellschafter an der Kapitalerhöhung bzw -herabsetzung bei Tochterunternehmen. Wurde das Kapital des Mutterunternehmens erhöht bzw vermindert,betrifft es demnach den ersten Teil des Konzerneigenkapitals (das den Gesellschaftern des Mutterunternehmens zuzurechnende Eigenkapital). Wurde das Kapital eines Tochterunternehmens, das nicht zu 100 % im Besitz des Mutterunternehmens ist, erhöht bzw vermindert, kommt es zu Veränderungen des zweiten Teils des Konzerneigenkapitals (nicht beherrschenden Anteile). 

FAZIT

Die AFRAC-Stellungnahme 35 “Konzerneigenkapitalspiegel (UGB)“ bietet klare Leitlinien für die einheitliche Darstellung des Konzerneigenkapitals und dessen Entwicklung in unternehmensrechtlichen Konzernabschlüssen. Die Stellungnahme erleichtert somit nicht nur die Erstellung des Konzerneigenkapitalspiegels nach UGB, sondern bietet aufgrund der einheitlich systematischen Darstellung auch einen Mehrwert für Konzernabschlussadressaten

Für weiterführende Fragen zu dieser oder anderen Rechnungslegungsstandards sowie insbesondere Praxisfragen zu deren Handhabung stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen unserer Service Line “Audit” gerne zur Verfügung!


Autoren

Cani Devis

Grufeneder Lisa

Hochreiter Barbara

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