Erceg Svetlana | Kastner Sissy
Im Rahmen der Lohnabrechnung sind lohnsteuerfreie Gehaltskomponenten von hoher Bedeutung und bergen immer wieder ein entsprechendes Lohnsteuerhaftungsrisiko für den Arbeitgeber. Insbesondere im Projektgeschäft stehen Taggelder, die anlässlich einer Dienstreise geleistet werden, auf dem Prüfstand der Steuerbehörden. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage befasst, ob Taggelder anlässlich einer ständig im Werk des Auftraggebers ausgeübten Montagetätigkeit lohnsteuerfrei ausbezahlt werden können.
Eine im Industrieanlagenbau tätige GmbH erhielt von verschiedenen Industriebetrieben Aufträge für Montage-, Installations-, Reparatur- und Wartungsarbeiten an deren Anlagen. Diese GmbH verfügte am Firmensitz über eine umfangreiche Werkhalle, in der Bauteile und Stahlkonstruktionen vorbereitet wurden, die später in den Industriebetrieben montiert werden sollten. Kontinuierlich von diesen Auftraggebern beauftragt, entsandte die GmbH regelmäßig Teams von drei bis vier Mitarbeitern (insbesondere Schlosser und Installateure). Diese waren entweder vom Beginn ihrer Anstellung an ständig an einem Ort tätig oder sie arbeiteten – bei variierenden Einsatzorten – für mehr als sechs Monate an einem Standort, der sich außerhalb des Geländes ihres Arbeitgebers befand.
Die GmbH, die dem Kollektivvertrag für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe unterliegt, gewährte diesen Mitarbeitern auf Basis einer Betriebsvereinbarung dauerhaft Taggelder, die gemäß § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG – bis zur maximal zulässigen Höchstgrenze von 26,40 EUR pro Tag – lohnsteuerfrei abgerechnet wurden. Das Finanzamt versagte im Rahmen einer Lohnabgabenprüfung die Steuerfreiheit und zog die GmbH zur Haftung für die Lohnabgaben heran.
Dies wurde seitens des Finanzamtes wie folgt begründet: Dienstnehmer, die zwar bei unterschiedlichen Auftraggebern eingesetzt, aber über viele Monate bzw. Jahre bei ein und demselben Auftraggeber tätig gewesen sind, hätten nur für die ersten sechs Monate des jeweiligen Einsatzes Anspruch auf steuerfreie Reiseaufwandsentschädigungen. Der Betriebsstandort des Auftragsgebers war für diese Mitarbeiter von Anfang an die regelmäßige Arbeitsstelle gewesen und eine „Reise“ zu dieser Arbeitsstelle sei ‑ mangels Vorliegen einer anderen Arbeitsstelle ‑ schon begrifflich nicht denkbar.
Dagegen erhob die GmbH Beschwerde mit der Begründung, dass sie aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift iSd § 68 Abs 5 EStG zur Auszahlung der Reiseaufwandsentschädigungen verpflichtet sei. Der Firmensitz sei in der Betriebsvereinbarung der GmbH als ständiger Betrieb definiert worden. Die Steuerbefreiung des § 3 Abs 1 Z 16b EStG sehe keine zeitliche Beschränkung vor.
Das BFG wies die Beschwerde ab und führte aus, dass sich die Dienstnehmer bei einer Tätigkeit in einer ständigen Arbeitsstelle außerhalb des Betriebsortes des Dienstgebers nicht auf einer Reise befänden. Die in § 3 Abs 1 Z 16b EStG geregelten Tatbestände würden den in § 26 Z 4 EStG niedergelegten Begriff der Dienstreise nur modifizieren. Eine maximal sechsmonatige durchgehende Tätigkeit am selben Standort des Auftraggebers könne als gerade noch zulässige Modifikation des steuerrechtlichen Dienstreisebegriffes angesehen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof beschäftigte sich folglich in der Entscheidung Ro 2022/15/0019 vom 29. Mai 2024 insbesondere damit, ob die Lohnsteuerbegünstigung des § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG für diese Konstellation anwendbar ist oder nicht.
Die steuerliche Begünstigung des § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG im Überblick
§ 3 Abs 1 Z 16b EStG normiert eine Steuerbefreiung für Taggelder, die vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen für Tätigkeiten – grundsätzlich zeitlich unbegrenzt – gezahlt werden, bei welchen das Werksgelände des Arbeitgebers verlassen wird und soweit der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift (z.B. Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung) zur Zahlung verpflichtet ist. Die Steuerfreiheit ist dabei mit einem Betrag von 26,40 EUR pro (ganzem) Dienstreisetag begrenzt. Keine Steuerfreiheit besteht für Taggelder, die anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder üblicher Lohnerhöhungen geleistet werden (Bezugsumwandlungsverbot).
Entscheidung des VwGH
Der VwGH hatte sich daher insbesondere mit der Frage beschäftigt, ob eine dauernde Montagetätigkeit im Werk des Auftraggebers den Begriff der „Baustellen- und Montagetätigkeit“ des § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG erfüllt. Da diese Befreiungsbestimmung die Belastungssituation von Betätigungen außerhalb der eigentlichen Betriebsstätte und somit Aufwendungen berücksichtigen soll, die bei ständiger Dienstverrichtung an einem festen Arbeitsplatz nicht oder nicht in dieser Art anfallen, ist laut VwGH für eine kontinuierlich am Betriebsstandort eines Großkunden des Arbeitgebers ausgeübte Tätigkeit, die in der laufenden und auf Dauer angelegten Errichtung bzw. im Umbau, im Service und in der Wartung von Industrieanlagen besteht, nicht anwendbar. Es spielt somit keine Rolle, ob der feste Arbeitsplatz sich auf dem Werksgelände des Arbeitgebers oder des Großkunden (Auftraggebers) befindet, da die Herausforderungen, die mit wechselnden Arbeitsstätten und Reisetätigkeiten einhergehen, in beiden Fällen nicht gegeben sind. Selbst wenn nach dem geltenden Kollektivvertrag Reisekostenzuschüsse vorgeschrieben sind, ist die Steuerbefreiung in solchen Fällen nicht anwendbar. Somit folgte der VwGH der Auffassung des Finanzamtes und versagte die Lohnsteuerbegünstigung für die von der GmbH steuerfrei ausbezahlten Taggelder.
FAZIT
Praxistipp
Aus der neuesten Rechtsprechung ergibt sich für im Projektgeschäft tätige Unternehmen die Notwendigkeit, bei der Lohnabrechnung für Taggelder speziell jene Situationen herauszufiltern, in denen Mitarbeiter dauerhaft im Werk des Auftraggebers eingesetzt sind. Diese Fälle sind aus dem Anwendungsbereich des § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG ausgeschlossen, wonach eine lohnsteuerfreie Auszahlung der Taggelder nicht mehr möglich ist. Dies führt auch zum Wegfall der Vorteile bei den Lohnnebenkosten (Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds, Zuschläge und Kommunalsteuer) sowie den Sozialversicherungsbeiträgen. Nicht abschließend geklärt ist, ob in diesen Fällen der ständigen Tätigkeit im Auftraggeberwerk zumindest während einer Anlaufphase, beispielsweise von sechs Monaten, die steuerlichen Begünstigungen nach § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG noch greifen könnten – vieles spricht jedoch dafür. Andernfalls würde nur die Steuerfreiheit gemäß § 26 Z 4 EStG übrigbleiben, welche aber nur für die im Gesetz normierten Anlaufphasen (5/15 Tage bzw. 6 Monate) zusteht. Es ist zudem davon auszugehen, dass solche Konstellationen zukünftig vermehrt im Fokus von Lohnsteuerprüfungen stehen werden.
Es bleibt festzuhalten, dass die besagte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Auswirkungen auf „klassische“ Baustellen- und Montagetätigkeiten hat, also auf klar zeitlich begrenzte Projekte, die außerhalb einer festen Betriebsstätte stattfinden. Bei diesen kann, sofern alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, die steuerliche Begünstigung nach § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG weiterhin Anwendung finden.
Die Verfasser bzw. auch die anderen Mitarbeiter der Service Line „Global Employment Services“ stehen Ihnen gerne bei Fragen rund um die Steuerfreiheit von Reisekosten zur Verfügung.
Autoren
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Im Rahmen der Lohnabrechnung sind lohnsteuerfreie Gehaltskomponenten von hoher Bedeutung und bergen immer wieder ein entsprechendes Lohnsteuerhaftungsrisiko für den Arbeitgeber. Insbesondere im Projektgeschäft stehen Taggelder, die anlässlich einer Dienstreise geleistet werden, auf dem Prüfstand der Steuerbehörden. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage befasst, ob Taggelder anlässlich einer ständig im Werk des Auftraggebers ausgeübten Montagetätigkeit lohnsteuerfrei ausbezahlt werden können.
Eine im Industrieanlagenbau tätige GmbH erhielt von verschiedenen Industriebetrieben Aufträge für Montage-, Installations-, Reparatur- und Wartungsarbeiten an deren Anlagen. Diese GmbH verfügte am Firmensitz über eine umfangreiche Werkhalle, in der Bauteile und Stahlkonstruktionen vorbereitet wurden, die später in den Industriebetrieben montiert werden sollten. Kontinuierlich von diesen Auftraggebern beauftragt, entsandte die GmbH regelmäßig Teams von drei bis vier Mitarbeitern (insbesondere Schlosser und Installateure). Diese waren entweder vom Beginn ihrer Anstellung an ständig an einem Ort tätig oder sie arbeiteten – bei variierenden Einsatzorten – für mehr als sechs Monate an einem Standort, der sich außerhalb des Geländes ihres Arbeitgebers befand.
Die GmbH, die dem Kollektivvertrag für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe unterliegt, gewährte diesen Mitarbeitern auf Basis einer Betriebsvereinbarung dauerhaft Taggelder, die gemäß § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG – bis zur maximal zulässigen Höchstgrenze von 26,40 EUR pro Tag – lohnsteuerfrei abgerechnet wurden. Das Finanzamt versagte im Rahmen einer Lohnabgabenprüfung die Steuerfreiheit und zog die GmbH zur Haftung für die Lohnabgaben heran.
Dies wurde seitens des Finanzamtes wie folgt begründet: Dienstnehmer, die zwar bei unterschiedlichen Auftraggebern eingesetzt, aber über viele Monate bzw. Jahre bei ein und demselben Auftraggeber tätig gewesen sind, hätten nur für die ersten sechs Monate des jeweiligen Einsatzes Anspruch auf steuerfreie Reiseaufwandsentschädigungen. Der Betriebsstandort des Auftragsgebers war für diese Mitarbeiter von Anfang an die regelmäßige Arbeitsstelle gewesen und eine „Reise“ zu dieser Arbeitsstelle sei ‑ mangels Vorliegen einer anderen Arbeitsstelle ‑ schon begrifflich nicht denkbar.
Dagegen erhob die GmbH Beschwerde mit der Begründung, dass sie aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift iSd § 68 Abs 5 EStG zur Auszahlung der Reiseaufwandsentschädigungen verpflichtet sei. Der Firmensitz sei in der Betriebsvereinbarung der GmbH als ständiger Betrieb definiert worden. Die Steuerbefreiung des § 3 Abs 1 Z 16b EStG sehe keine zeitliche Beschränkung vor.
Das BFG wies die Beschwerde ab und führte aus, dass sich die Dienstnehmer bei einer Tätigkeit in einer ständigen Arbeitsstelle außerhalb des Betriebsortes des Dienstgebers nicht auf einer Reise befänden. Die in § 3 Abs 1 Z 16b EStG geregelten Tatbestände würden den in § 26 Z 4 EStG niedergelegten Begriff der Dienstreise nur modifizieren. Eine maximal sechsmonatige durchgehende Tätigkeit am selben Standort des Auftraggebers könne als gerade noch zulässige Modifikation des steuerrechtlichen Dienstreisebegriffes angesehen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof beschäftigte sich folglich in der Entscheidung Ro 2022/15/0019 vom 29. Mai 2024 insbesondere damit, ob die Lohnsteuerbegünstigung des § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG für diese Konstellation anwendbar ist oder nicht.
Die steuerliche Begünstigung des § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG im Überblick
§ 3 Abs 1 Z 16b EStG normiert eine Steuerbefreiung für Taggelder, die vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen für Tätigkeiten – grundsätzlich zeitlich unbegrenzt – gezahlt werden, bei welchen das Werksgelände des Arbeitgebers verlassen wird und soweit der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift (z.B. Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung) zur Zahlung verpflichtet ist. Die Steuerfreiheit ist dabei mit einem Betrag von 26,40 EUR pro (ganzem) Dienstreisetag begrenzt. Keine Steuerfreiheit besteht für Taggelder, die anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder üblicher Lohnerhöhungen geleistet werden (Bezugsumwandlungsverbot).
Entscheidung des VwGH
Der VwGH hatte sich daher insbesondere mit der Frage beschäftigt, ob eine dauernde Montagetätigkeit im Werk des Auftraggebers den Begriff der „Baustellen- und Montagetätigkeit“ des § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG erfüllt. Da diese Befreiungsbestimmung die Belastungssituation von Betätigungen außerhalb der eigentlichen Betriebsstätte und somit Aufwendungen berücksichtigen soll, die bei ständiger Dienstverrichtung an einem festen Arbeitsplatz nicht oder nicht in dieser Art anfallen, ist laut VwGH für eine kontinuierlich am Betriebsstandort eines Großkunden des Arbeitgebers ausgeübte Tätigkeit, die in der laufenden und auf Dauer angelegten Errichtung bzw. im Umbau, im Service und in der Wartung von Industrieanlagen besteht, nicht anwendbar. Es spielt somit keine Rolle, ob der feste Arbeitsplatz sich auf dem Werksgelände des Arbeitgebers oder des Großkunden (Auftraggebers) befindet, da die Herausforderungen, die mit wechselnden Arbeitsstätten und Reisetätigkeiten einhergehen, in beiden Fällen nicht gegeben sind. Selbst wenn nach dem geltenden Kollektivvertrag Reisekostenzuschüsse vorgeschrieben sind, ist die Steuerbefreiung in solchen Fällen nicht anwendbar. Somit folgte der VwGH der Auffassung des Finanzamtes und versagte die Lohnsteuerbegünstigung für die von der GmbH steuerfrei ausbezahlten Taggelder.
FAZIT
Praxistipp
Aus der neuesten Rechtsprechung ergibt sich für im Projektgeschäft tätige Unternehmen die Notwendigkeit, bei der Lohnabrechnung für Taggelder speziell jene Situationen herauszufiltern, in denen Mitarbeiter dauerhaft im Werk des Auftraggebers eingesetzt sind. Diese Fälle sind aus dem Anwendungsbereich des § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG ausgeschlossen, wonach eine lohnsteuerfreie Auszahlung der Taggelder nicht mehr möglich ist. Dies führt auch zum Wegfall der Vorteile bei den Lohnnebenkosten (Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds, Zuschläge und Kommunalsteuer) sowie den Sozialversicherungsbeiträgen. Nicht abschließend geklärt ist, ob in diesen Fällen der ständigen Tätigkeit im Auftraggeberwerk zumindest während einer Anlaufphase, beispielsweise von sechs Monaten, die steuerlichen Begünstigungen nach § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG noch greifen könnten – vieles spricht jedoch dafür. Andernfalls würde nur die Steuerfreiheit gemäß § 26 Z 4 EStG übrigbleiben, welche aber nur für die im Gesetz normierten Anlaufphasen (5/15 Tage bzw. 6 Monate) zusteht. Es ist zudem davon auszugehen, dass solche Konstellationen zukünftig vermehrt im Fokus von Lohnsteuerprüfungen stehen werden.
Es bleibt festzuhalten, dass die besagte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Auswirkungen auf „klassische“ Baustellen- und Montagetätigkeiten hat, also auf klar zeitlich begrenzte Projekte, die außerhalb einer festen Betriebsstätte stattfinden. Bei diesen kann, sofern alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, die steuerliche Begünstigung nach § 3 Abs 1 Z 16 lit b EStG weiterhin Anwendung finden.
Die Verfasser bzw. auch die anderen Mitarbeiter der Service Line „Global Employment Services“ stehen Ihnen gerne bei Fragen rund um die Steuerfreiheit von Reisekosten zur Verfügung.
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