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Gastronomie und Hotellerie laut OGH keine Saisonbranche – Auswirkung auf die Kündigungsbestimmungen

(Bild: © iStock/extravagantni) (Bild: © iStock/extravagantni)

Die mehrfach verschobene Angleichung der Kündigungsbestimmungen zwischen Arbeitern und Angestellten fand schlussendlich mit 1.10.2021 statt. Mit dem Außerkrafttreten ua des § 77 GewO und dem Inkrafttreten des § 1159 ABGB gelten für Arbeiter nun – vereinfacht gesagt – jene Kündigungsbestimmungen, die auch für Angestellte gelten.

Eine Ausnahme sieht der Gesetzgeber für Branchen vor, in denen Saisonbetriebe überwiegen. Hier können die Sozialpartner im Kollektivvertrag Abweichendes regeln und das Vorliegen einer Saisonbranche festhalten. In zahlreichen Kollektivverträgen (zB Güterbeförderer, Tischler,…) wurde vereinbart, dass aufgrund des Vorliegens einer Saisonbranche von § 1159 ABGB nF abweichende Kündigungsbestimmungen gelten; in vielen Fällen führte dies zur Beibehaltung der bis vor dem 1.10.2021 bestehenden Bestimmungen.

In der Gastronomie und Hotellerie (Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe) haben die Sozialpartner das Vorliegen einer Saisonbranche nicht explizit festgehalten. Man konnte implizit – ua aufgrund der beispielhaften Nennung der Gastronomie als “Beispiel” für eine Saisonbranche (neben dem Baugewerbe) in den Gesetzesmaterialien – davon ausgehen, dass die kurzen Kündigungsfristen schlichtweg weiterhin gelten. Als Außenstehender war es sehr überraschend, dass die Gewerkschaft vida kurz vor Inkrafttreten der Angleichung im Spätsommer 2021 mit der Aussage aufhorchen ließ, die Gastronomie sei keine Saisonbranche.

Die für die Branche zuständigen Fachverbände der WKO haben daher im Herbst 2021 einen Feststellungsantrag beim OGH mit einer umfassenden rechtlichen Argumentation hinsichtlich des Vorliegens einer Saisonbranche eingebracht.

Der OGH entschied nun (OGH 24.3.2022, 9 ObA 116/21f), dass die von der WKO dargelegten Zahlen noch nicht den Schluss zulassen, dass in der vom bundesweiten Geltungsbereich des vorliegenden Kollektivvertrags erfassten Branche des Hotel- und Gastgewerbes Saisonbetriebe überwiegen.

Ergänzend darf jedoch nachfolgend festgehalten werden, dass hier weder zu einem konkreten Anlassfall entschieden wurde noch Aussagen zu anderen Branchen getroffen wurden.

Was bedeutet dies nun für die Praxis?

Zumal der OGH die Argumente für das Vorliegen einer Saisonbranche in der Gastronomie im Feststellungsverfahren nicht erkannt hat, ist aktuell davon auszugehen, dass seit 1.10.2021 die Kündigungsbestimmungen des § 1159 ABGB gelten. Dies würde weiters bedeuten, dass seit dem 1.10.2021 gekündigte Arbeitnehmer, bei denen nur die 14-tägige Frist eingehalten wurde, auf Kündigungsentschädigung klagen könnten.

Darüber hinaus wird wohl für alle Arbeiter in der Gastronomie neben der entsprechenden Kündigungsfrist das Quartal als Kündigungstermin zu beachten sein, außer im Vertrag wäre explizit der 15. und Monatsletzte vereinbart. Offen bleibt, ob die Rechtsfrage nun final entschieden ist, da seitens der WKÖ-Fachverbände angekündigt wurde, in einem nächsten Schritt eine „endgültige Klärung“ herbeiführen zu wollen.

Auf andere Branchen hat diese Entscheidung (noch) keine Auswirkung. Es ist aber nicht gänzlich auszuschließen, dass weitere Feststellungsanträge an den OGH oder sonstige Verfahren zu anderen Branchen-Kollektivverträgen folgen werden.

Autor:

Florian Schrenk, B.A., LL.M.

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