Urlaubsverbrauch während Kündigungsfrist

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  • #64948
    Elisabeth
    Teilnehmer

    Liebe Forumsteilnehmer!

    Habe folgenden Fall:

    Es betriftt den Kollektivvertrag der Angestellten im Metallgewerbe.

    Kündigung eines Mitarbeiters mit Ende des Monats wurde ausgesprochen, Kündigungsfrist: 3 Monate.

    Der Mitarbeiter hat noch reichlich Urlaub offen – ca. 7 Wochen.

    Hält jetzt eine Vereinbarung zwischen AG und AN, dass während der Freistellung der Urlaub zur Gänze verbraucht wird?

    Wir wollen eine schriftliche Vereinbarung treffen, dass der DN mit sofortiger Wirkung freigestellt wird und in dieser Zeit einvernehmlich sein Urlaub verbraucht wird (wir haben ausgerechnet, dass – wenn wir pro Woche 7.7 Std. Postensuche nehmen – ca. 7 Wochen Urlaub , ca. 3 Wochen Postensuchtage und ca 2 Wochen Freistellung anfallen).

    Der Mitarbeiter hat bereits bezüglich einer Freistellung gefragt, jedoch wagen wir zu bezweifeln, ob er auch dabei an den Verbrauch des Urlaubs gedacht hat. – Es dürfte ein bisserl ecken…

    Würde mich über einen Kommentar sehr freuen!

    Danke und herzliche Grüße von

    Elisabeth

    #72081
    Roland
    Teilnehmer

    Hallo Elisabeth!

    Das wird gehen.
    Ich habe dir einen sehr interessanten Text aus dem Buch „Arbeitsrecht für Arbeitgeber“ unten reingestellt.
    Da findest du auch Antworten auf deine Fragen.

    27.12 Dienstfreistellung und Urlaub
    In der Praxis muss der AG für die Dauer der Kündigungsfrist immer wieder eine Dienstfreistellung gewähren, weil die Gefahr besteht, dass der AN während der letzten Tage seines Arbeitsverhältnisses Schäden anrichtet, um sich für die Kündigung zu „revanchieren“. Während einer Dienstfreistellung ist dem AN nach § 1155 ABGB (OGH 8 ObA 85/01k, 9 ObA 115/03g = ARD 5516/8/2004 – siehe 31.8) entsprechend dem Ausfallsprinzip (siehe 27.8) das volle Entgelt (ausgenommen Aufwandentschädigungen) fortzuzahlen (OGH 9 ObA 91/05f, 8 ObA 75/08z). Dabei wird immer wieder verabsäumt, eine Regelung bezüglich des Konsums des Resturlaubs zu treffen. Diese Regelung sollte bereits im Zusammenhang mit der Kündigung und der anschließenden Dienstfreistellung angesprochen werden, indem der AG anbietet, dass der AN seinen Urlaub verbrauchen möge und dafür für die verbleibende Kündigungszeit bei vollen Bezügen freigestellt wird. Weiters ist es empfehlenswert, bezüglich des Urlaubsverbrauches während der Kündigungsfrist keine datumsmäßigen Angaben zu vereinbaren. Falls der Urlaub etwa am Beginn der Kündigungsfrist vereinbart wird und die restliche Kündigungsfrist als Dienstfreistellung anzusehen ist, so könnte dies dazu führen, dass der AN exakt für die als Urlaub vereinbarte Zeit einen Krankenstand meldet und für den damit nicht konsumierten Urlaub eine Ersatzleistung bezahlt werden muss. Wird hingegen keine datumsmäßige Fixierung, sondern nur allgemein ein Urlaubsverbrauch während der Kündigungszeit vereinbart, so müsste der AN für die komplette Zeit der Kündigungsfrist „erkranken“, um die volle Ersatzleistung zu erlangen. Längere Krankenstandsbestätigungen sind jedoch nicht ganz so einfach (wie kürzere) zu bekommen. Eine Vereinbarung, dass der AN den Urlaub zu einem von ihm gewählten Zeitpunkt innerhalb einer zeitlich fixierten Dienstfreistellung antritt, ist zwar keine Urlaubsvereinbarung nach § 4 Abs. 1 UrlG, ist aber zulässig und wirkt auf den Urlaubsverbrauch ein (OGH 9 ObA 65/08m). Daher ist in einem solchen Fall kein Anspruch auf eine Ersatzleistung gegeben.

    Wird eine Dienstfreistellung eingeräumt und fehlt bezüglich des Resturlaubs eine Regelung, so gilt der Urlaub nicht als konsumiert (OGH 9 ObA 117/08h). Weigert sich der AN eine Urlaubsvereinbarung abzuschließen, so kann der AG auch die Dienstfreistellung ablehnen und die Anwesenheit des AN am vereinbarten Arbeitsort verlangen. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass bei missbräuchlicher Ablehnung eines Angebots, Urlaub im Zusammenhang mit einer Dienstfreistellung zu verbrauchen, der Urlaub trotz Fehlens einer Vereinbarung als konsumiert anzusehen ist (OGH 9 ObA 61/94). Dies ergibt sich daraus, dass durch die Dienstfreistellung lediglich die Arbeitspflicht wegfällt, nicht aber die Treuepflicht des AN. Mit der Treuepflicht des AN ist es nicht vereinbar, das Anbot des AG zum Abschluss einer Urlaubsvereinbarung während der Dienstfreistellung abzulehnen, um dann doch hinter dem Rücken des AG die bezahlte Freizeit für Zwecke zu verwenden, welche die Gewährung von Urlaub erfordert hätten (OGH 8 ObA 282/95 = ARD 4637/22/95, 9 ObA 113/02m). Dieses Ergebnis wurde auch damit begründet, dass die Ersatzleistung nicht nur bei unberechtigtem vorzeitigem Austritt, sondern auch bei rechtsmissbräuchlicher Verweigerung des Konsums von Urlaub nicht zusteht. Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen oder überwiegenden Grund der Rechtsausübung (hier der Ablehnung des Angebots des AG, Urlaub zu verbrauchen) darstellt oder auch dann, wenn das unlautere Motiv der Rechtsausübung das lautere Motiv eindeutig überwiegt bzw wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Missverhältnis besteht (OGH 8 ObA 80/05f, Rauch, Urlaubsverbrauch während der Kündigungsfrist, ASoK 11/2006, 414 ff.; siehe auch Einschlägige Judikatur am Ende dieses Kapitels).

    Nach der Auffassung des OLG Wien kann der Urlaub nicht als verbraucht angesehen werden, wenn sich der freigestellte AN Freizeitaktivitäten widmet ohne einen Ortswechsel vorzunehmen (OLG Wien 9 Ra 78/08 v = ARD 5962/5/2009). Hat hingegen ein für viereinhalb Jahre dienstfrei gestellter AN wiederholt Angebote des AG zum Urlaubsverbrauch abgelehnt (obwohl er seine Zeit für Urlaubszwecke hätte nützen können), so ist dies insgesamt als rechtsmissbräuchlich anzusehen (OGH 30.7.2009, 8 ObA 81/08g). Ein solcher Rechtsmissbrauch wird aber nur in derartigen Extremfällen gesehen. Bei einer zweijährigen Dienstfreistellung (allerdings mit Krankenständen) vertrat der OGH die (eher seltsame) Auffassung, dass die Ablehnung von Urlaubsangeboten kein Missbrauch sein soll (OGH 16.12.2005, 9 ObA 144/05z).

    In Ausnahmefällen ist bei hochqualifizierten Tätigkeiten eine Dienstfreistellung ohne Zustimmung des AN unzulässig. Konkret wurde dies von der Rechtsprechung zu Ärzten ausgesprochen, bei denen das Brachliegen ihrer Fähigkeiten zwangsläufig zu einem Qualitätsverlust und zur Minderung des chirurgisch handwerklichen Niveaus führt (SZ 69/252, OGH 8 ObA 202/02t, ähnlich 9 ObA 51/03w = ARD 5432/8/2003). Ebenso wurde einem Berufsfußballer das Recht auf Teilnahme am Training und an Lehrgängen der Kampfmannschaft eingeräumt (nicht auf Einsätze in der Kampfmannschaft – OGH 9 ObA 121/06v).

    Die wahre Mitteilung an alle AN, dass ein bestimmter AN dienstfrei gestellt und aller Funktionen enthoben wurde, ist zulässig und hat der freigestellte AN kein Recht auf den Widerruf durch den AG (OGH 9 ObA 16/08f).

    Muster für eine Dienstfreistellung mit Regelung zum Verbrauch des Resturlaubes
    Wir halten fest, dass wir das Arbeitsverhältnis mit Frau/Herrn …………………… am heutigen Tage zum 31.3.2007 (letzter Tag des Arbeitsverhältnisses) gekündigt haben.

    Weiters wird zwischen dem AG ………………………………… und Frau/Herrn ………………………… folgende Vereinbarung abgeschlossen:

    Das restliche Urlaubsguthaben, welches einvernehmlich mit insgesamt zehn Arbeitstagen festgestellt wird, wird von Frau/Herrn ………………………… in der Zeit zwischen dem morgigen Tag und dem 31.3.2007 zur Gänze verbraucht. Für die verbleibenden Tage der Kündigungszeit (Kündigungsfrist abzüglich zehn Urlaubstage und je einem Postensuchtag pro Woche der Kündigungsfrist) wird Frau/Herr bei vollem Entgelt dienstfrei gestellt.

    Wien, am 28.1.2007

    Einverstanden:

    …………………………

    AN
    …………………………

    AG

    Einschlägige Judikatur
    • Wenn einem AN der Konsum von Urlaub im Zusammenhang mit einer Dienstfreistellung angeboten wird und der AN dieses Angebot treuwidrig ablehnt, besteht kein Anspruch auf eine UE. Als treuwidrig wurde angesehen, dass der AN einerseits das Urlaubsangebot zur Gänze abgelehnt hat und andererseits doch hinter dem Rücken des AG die bezahlte Freizeit (Dienstfreistellung) zu einem erheblichen Teil tatsächlich für Zwecke verwendet hat, die die Gewährung von Urlaub erfordern (Begleitung des Freundes als Privatperson auf einer Dienstreise nach Sri Lanka — OGH 9 ObA 61/94, 9 ObA 113/02m).

    LG

    #72084
    Elisabeth
    Teilnehmer

    Lieber Roland!

    Vielen herzlichen Dank für diese ausführliche Antwort!

    So gewappnet kann morgen gar nichts schief gehen!

    Liebe Grüße von Elisabeth

    #72088
    Roland
    Teilnehmer

    Hallo Elisabeth!

    Das hoffe (und glaube) ich auch!

    LG

    #72089
    Roland
    Teilnehmer

    Hallo Elisabeth!

    Das hoffe (und glaube) ich auch!

    LG

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