Im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets der Europäischen Union soll das bereits bestehende EU-Emissionszertifikatehandelssystem (EU-ETS) ab 2026 auf die Sektoren Gebäude und Verkehr ausgeweitet werden. Bis dahin obliegt es den einzelnen EU-Mitgliedstaaten, die Reduktion der Treibhausgasemissionen in den Sektoren Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und kleine Industrieanlagen (sog. Non-ETS-Bereich) durch nationale Maßnahmen zu gewährleisten.
Zu diesem Zweck hat Österreich – im Zuge der „Ökosozialen Steuerreform“ – ein eigenes Gesetz für die CO2-Bepreisung mit Wirkung ab 1.10.2022 eingeführt (NEHG 2022). Danach haben „Handelsteilnehmer“ auf Basis von nationalen Emissionszertifikaten einerseits das Recht, (auch weiterhin) bestimmte „Energieträger“ in Verkehr zu bringen und andererseits die Verpflichtung, hiefür CO2-Steuern zu entrichten und über das eigens geschaffene Online-Portal „NEIS“ zu melden.
Im folgenden Beitrag möchten wir die wesentlichen Bestimmungen des NEHG 2022 erläutern und insbesondere auch auf die darin enthaltenen Meldeverpflichtungen sowie Befreiungs- und Entlastungsmaßnahmen hinweisen.
In Österreich wurde die neue – EU-rechtlich gebotene – CO2-Bepreisung (bzw „Besteuerung“) mit der „Ökosozialen Steuerreform“ in Angriff genommen: Im Rahmen des Ökosozialen Steuerreformgesetzes (ÖkoStRefG 2022 Teil I – BGBl I Nr. 10/2022 vom 14.2.2022) wurde ein neues „Bundesgesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Treibhausgasemissionen“ (Nationales Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 – NEHG 2022) erlassen, womit – mit Wirkung ab 1.10.2022 – auch hierzulande ein Bepreisungssystem für Treibhausgasemissionen, die durch fossile Energieträger verursacht werden, implementiert ist. Zudem wurde ein eigenes „Klimabonusgesetz“ (KlBG – BGBl I Nr. 11/2022) erlassen, wodurch Entlastungen und Anreize für die durch die künftige CO2-Bepreisung betroffenen natürlichen Personen geschaffen wurde. Über die Kerninhalte dieser beiden Gesetze hatten wir im Rahmen unseres Newsletters bereits mehrmals informiert (vgl insb. unseren NL-Beitrag „ÖKOSOZIALE STEUERREFORM | Gesetzesbeschluss im Nationalrat“ vom 23.1.2022 sowie im Detail unsere früheren NL-Beiträge „ÖKOSOZIALE STEUERREFORM | Die Gesetzesentwürfe sind da!“ vom 25.11.2021 und „STEUERREFORM | Ökosoziale Entlastungen und Belastungen ab 2022!“ vom 27.10.2021).
Über die Einbettung der neuen österreichischen CO2-Bepreisung in den Gesamtkontext der Europäischen Union haben wir Sie in unserem NL-Beitrag „GREEN TAXATION | CO2-Besteuerung in der EU und in Österreich“ vom 24.7.2022 informiert und dort auch bereits einen ersten Überblick über maßgebliche Bestimmungen des NEHG 2022 gegeben. Diese möchten wir nachfolgend etwas vertiefen:
Das NEHG 2022 ist – nach erfolgter Verschiebung um drei Monate – seit 1. Oktober 2022 wirksam. Die konkreten Durchführungsbestimmungen zum NEHG 2022 finden sich in der „NEHG-Durchführungsverordnung 2022“ (NEHG-DV 2022 – BGBl II Nr. 366/2022 vom 30.9.2022).
In der anfänglichen Fixpreisphase erfolgt die Abgabe der Emissionszertifikate durch Zahlung einer CO2-Steuer, die auf die Menge der in Verkehr gebrachten Energieträger entfällt (Fixpreis je Tonne CO2).
Allgemeine Bestimmungen und Geltungsbereich des NEHG 2022
Energieträger (gemäß Anlage 1 zum NEHG 2022)
Dem NEHG 2022 unterliegen bestimmte „Energieträger“, die ab 1. Oktober 2022 in den steuerlich freien Verkehr gebracht wurden. Gemäß § 2 Abs 1 NEHG 2022 ist dieses Gesetz anwendbar auf die in Anlage 1 genannten Energieträger, die im Bundesgebiet (mit Ausnahme von Jungholz und Mittelberg) in Verkehr gebracht werden. Betroffene Energieträger sind Benzin, Gas, Heizöl, Erdgas, Flüssiggas, Kohle und Kerosin (entsprechend der Einordnung nach der Kombinierten Nomenklatur).
Für jeden dieser Energieträger wurde ein standardisierter Emissionsfaktor (Treibhausgasemission je Einheit) in Anlage 1 festgelegt: darunter ist die Menge der Kohlenstoffdioxidäquivalente (CO2e) zu verstehen, die bei Verbrennung einer festgelegten Menge von Energieträgern nach Anlage 1 freigesetzt und dem Handelsteilnehmer infolge des Inverkehrbringens zugerechnet wird (zB beträgt der Emissionsfaktor bei Benzin 2,38 kg je Liter).
Pro Tonne CO2e ist jeweils ein nationales Emissionszertifikat abzugeben. Der Preis für ein nationales Emissionszertifikat ist bis Ende 2025 fix vorgegeben bzw wie folgt gestaffelt: von EUR 30 (für 2022) bis EUR 55 (im Jahr 2025).
Handelsteilnehmer und Steuerschuldner sind die Inverkehrbringer (beispielsweise Hersteller, Energielieferanten, Importeure und Mineralölunternehmer): die Kosten für die nationalen Emissionszertifikate fallen somit unmittelbar bei den Inverkehrbringern an. Das NEHG 2022 enthält weder eine Verpflichtung noch ein Verbot für eine Weiterverrechnung bzw Überwälzung der CO2-Steuer.
Handelsphasen
Fixpreisphase: In der Fixpreisphase erfolgt die Abgabe der Emissionszertifikate durch Zahlung der CO2-Steuer (zeitlich gestaffelte Fixpreise), die auf die Menge der in Verkehr gebrachten Energieträger entfällt:
Einführungsphase von 1. Oktober 2022 bis 31. Dezember 2023 (vereinfachtes Verfahren für Handelsteilnehmer hinsichtlich Berichterstattung der Treibhausgasemissionen, Ausgabewert EUR 30 bzw. 35);
Übergangsphase von 1. Jänner 2024 bis 31. Dezember 2025 (Regelverfahren für Handelsteilnehmer, Ausgabewert EUR 45 bzw. 55);
Marktphase ab 1. Jänner 2026: freier Handel mit Preisbildung am Markt geplant;
Technische Abwicklung und Verfahren
Zuständige Behörde AnEH
Zuständige Behörde und zentrale Anlaufstelle ist das neu geschaffene „Amt für den nationalen Emissionszertifikatehandel (AnEH)“ als eigene Dienststelle im Zollamt Österreich.
Online-Portal NEIS
Im Nationalen Emissionszertifikatehandels-Informationssystem (NEIS) werden sämtliche Vorgänge des nationalen Emissionszertifikatehandels abgewickelt. Das NEIS ist die Benutzeroberfläche für alle Arten von Teilnehmern und für sämtliche Arten von Anträgen, Meldungen, Berichten und Zertifikaten. Der Zugang erfolgt über das Unternehmensserviceportal (usp.gv.at). Das Unternehmensserviceportal dient dabei nur der Authentifizierung der Benutzer. Die weitere Abwicklung findet im NEIS selbst statt.
Um das NEIS nutzen zu können, muss man sich zunächst registrieren:
als Handelsteilnehmer (verpflichtend),
als Befreiungsmaßnahmenteilnehmer,
als Entlastungsmaßnahmenteilnehmer oder
als Teilnehmervertreter.
Die näheren Details und Abläufe regelt die NEHG-Durchführungsverordnung (NEHG-DV 2022).
Registrierung als Handelsteilnehmer
Gemäß § 4 Abs 1 NEHG 2022 dürfen Handelsteilnehmer Energieträger nur in Verkehr bringen, wenn sie im NEIS registriert sind.
Um den Einstieg in das System zu erleichtern, erfolgte einmalig eine automatisierte Registrierung jener potenziellen Handelsteilnehmer, die im Zeitraum von 1. Jänner 2020 bis 1. Oktober 2022 Energieabgaben unterjährig selbstberechnet oder erklärt haben oder diese durch eine Abgabenbehörde für diesen Zeitraum festgesetzt wurden. Mit dem „automatischen“ Registrierungsbescheid erhielten die identifizierten Handelsteilnehmer bis zum 1. November 2022 eine Registrierungs- und Abgabenkontonummer. Die Registrierungsnummer besteht aus dem Kürzel „AT-NEIS-“ und einer 6-stelligen Nummer.
Mit Erhalt des Registrierungsbescheids hat der Handelsteilnehmer bis spätestens1. Februar 2023 die Daten zu korrigieren und die Pflicht, einen Verantwortlichen zu nennen. Trifft die Annahme des AnEH nicht zu, dass die kontaktierte Person als Handelsteilnehmer tätig werden wird, steht das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde offen.
Handelsteilnehmer, die ab 1. Oktober 2022 Energieträger in Verkehr bringen und nicht automatisch registriert wurden, müssen sich proaktiv bei der AnEH registrieren (Antrag über NEIS). Eine verspätete Registrierung ist in der Einführungsphase bis 1. Februar 2023 straffrei möglich.
Vereinfachtes Verfahren für Handelsteilnehmer und Abwicklung der CO2-Steuer (Einführungsphase)
Unterjährige Treibhausgasemissionsmeldung
Die unterjährige Treibhausgasemissionsmeldung besteht aus der
automationsunterstützten unterjährigen Treibhausgasemissionsmeldung und
der ergänzenden unterjährigen Treibhausgasemissionsmeldung
Zunächst werden die Emissionen für ein Kalendervierteljahr (Quartal) automatisch auf Basis der Daten aus den Energieabgaben durch das AnEH berechnet (automationsunterstützte unterjährige Treibhausgasemissionsmeldung). Diese automatische Berechnung wird dem Handelsteilnehmer am 15. Tag des auf das jeweilige Kalendervierteljahr drittfolgenden Monats auf seinem Abgabenkonto vorgeschrieben. Die Berechnung kann vom Handelsteilnehmer nicht verändert werden. Die Zahllast muss bis zum 30. Tag des auf das jeweilige Quartal drittfolgenden Monats beglichen werden.
Mithilfe der ergänzenden unterjährigen Treibhausgasemissionsmeldung besteht in folgenden Fällen die Möglichkeit, die Höhe der CO2-Steuer (bzw die Anzahl der abzugebenden nationalen Emissionszertifikate) zu verringern:
Hat der Handelsteilnehmer Energieträger an eine EU-ETS-Anlage geliefert, kann diese Lieferung bereits in der unterjährigen Meldung berücksichtigt (bzw. von der CO2-Steuer befreit) werden.
Wurde im Rahmen der Erdgasabgabe Wasserstoff in Verkehr gebracht, ist diese Lieferung grundsätzlich von der Verpflichtung zur Abgabe von Emissionszertifikaten befreit.
Die ergänzende unterjährige Treibhausgasemissionsmeldung ist bis zum Monatsletzten des auf das Kalendervierteljahr zweitfolgenden Monats einzureichen.
Nachstehend finden Sie eine Übersicht der relevantenTermine für die unterjährigen Treibhausgasemissionsmeldungen in der Einführungsphase:
Mit der Entrichtung der Zahllast gelten die nationalen Emissionszertifikate als abgegeben.
Jährliche Treibhausgasemissionsmeldung
Grundsätzlich hat gemäß § 6 Abs 1 NEHG 2022 jeder Handelsteilnehmer nach Ablauf eines Kalenderjahres die ihm zugerechneten Treibhausgase des Vorjahres im Einklang mit dem genehmigten Überwachungsplan (§ 7) zu ermitteln und bis zum 30. Juni des Folgejahres (erstmals also bis 30.06.2023) der zuständigen Behörde elektronisch zu melden („Treibhausgasemissionsbericht“). In der Einführungsphase ist ein vereinfachter Treibhausgasemissionsbericht und eine Meldung über die sich daraus ergebende Anzahl an abzugebenden nationalen Emissionszertifikaten des vorangegangenen Kalenderjahres bei der zuständigen Behörde einzureichen. Im Rahmen des vereinfachten Treibhausgasemissionsberichtes sind Befreiungen geltend zu machen oder deren Inanspruchnahme bekannt zu geben.
Der Treibhausgasemissionsbericht ist eine Zusammenfassung aller unterjährigen Meldungen und aller Daten aus den Energieabgaben. Ergibt sich aufgrund einer Korrektur eine Zahllast, muss der Handelsteilnehmer die daraus resultierende CO2-Steuer bis zum 31. Juli des Folgejahres (erstmals bis 31.07.2023) begleichen. Ein sich ergebendes Guthaben wird zurückgezahlt.
Wird der (vereinfachte) Treibhausgasemissionsbericht nicht fristgerecht abgegeben, drohen finanzstrafrechtliche Konsequenzen. In diesen Fällen erfolgt eine Schätzung der Emissionen durch das AnEH.
Zusammenstellung der Termine für die CO2-Besteuerung im Jahr 2022
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich folgende Terminübersicht:
bis 01.02.2023: Registrierung im NEIS (bzw Korrektur der automationsunterstützten Meldung und Nennung eines Verantwortlichen)
bis 15.03.2023: Vorschreibung Zahllast im NEIS (für 4. Quartal 2022)
bis 30.03.2023: Entrichtung Zahllast (für 4. Quartal 2022)
bis 30.06.2023: Vereinfachte jährliche Meldung für 2022
bis 31.07.2023: Entrichtung der sich aus der jährlichen Meldung allenfalls ergebenden Zahllast
Befreiungs- und Entlastungsmaßnahmen
Befreiungsmaßnahmen
Befreiungsmaßnahmen betreffen die Handelsteilnehmer selbst und sind wie folgt unterteilt:
Befreiungen für Anlagen, die bereits dem EU-Emissionshandel unterliegen: Diese Befreiungsbestimmung dient der Vermeidung von Mehrfachbelastungen und wird in der NEHG-EU-ETS Befreiungsverordnung 2022 geregelt, die – bestätigt durch eine Mitteilung der Europäischen Kommission vom 14. November 2022 – rückwirkend mit Ablauf des 30. September 2022 in Kraft trat:
Bagatellfälle Handelsteilnehmer, die in einem Kalenderjahr weniger als eine Tonne Treibhausgasemissionen in Verkehr bringen, sind von den Verpflichtungen eines Handelsteilnehmers ausgenommen. Eine Registrierung ist nicht zwingend notwendig, jedoch empfehlenswert, da bei Überschreiten der Bagatellschwelle und unterlassener Registrierung finanzstrafrechtliche Konsequenzen drohen.
Befreiungen nach den Energieabgaben Regelungen in §§ 22 und 23 NEHG 2022 (zB Luft- und Schifffahrtstreibstoffe, Mineralöle/Erdgas/Kohle für andere Zwecke als Heiz- und Treibstoffe – nichtenergetische Verwendung im Produktionsprozess);
ie Inanspruchnahme von Befreiungen erfolgt über das NEIS, wo eine Registrierung als Befreiungsmaßnahmenteilnehmer erforderlich ist. Bereits registrierte Handelsteilnehmer benötigen keine weitere Registrierung. Steuerbefreiungen im Bereich der Energieabgaben, die bereits in den diesbezüglichen Abgabenerklärungen berücksichtigt wurden, werden automatisch auch für das NEHG 2022 übernommen.
Entlastungsmaßnahmen
Entlastungsmaßnahmen sind nicht für Handelsteilnehmer, sondern für deren Verbraucher vorgesehen. Das NEHG 2022 sieht folgende Entlastungsmaßnahmen vor:
Land- und Forstwirtschaft (wird nicht über das NEIS sondern durch die Agrarmarkt Austria (AMA) abgewickelt)
Carbon Leakage: Betroffene Wirtschaftszweige, bei denen ein besonders hohes Risiko besteht, dass sie ihre Produktion ins Ausland verlagern, werden entlastet (siehe Anlage 2 zum NEHG 2022: zB Herstellung von Zement, Gewinnung von Salz…)
Härtefälle: Entlastet werden Unternehmen, bei denen der Anteil der Kosten für Energieträger, die dem NEHG 2022 unterliegen, besonders hoch ist.
Um die Entlastungsmaßnahme „Carbon Leakage“ oder „Härtefälle“ beantragen zu können, ist eine Registrierung als Entlastungsmaßnahmenteilnehmer notwendig. Der Antrag kann voraussichtlich im 2. Quartal des Folgejahres gestellt werden. Die gewährte Entlastung ist in Klimaschutzmaßnahmen im Unternehmen zu investieren. Die Gewährung der Entlastungsmaßnahmen ist von der noch ausstehenden beihilfenrechtlichen Würdigung der Europäischen Kommission abhängig.
FAZIT
Das Ziel der CO2-Bepreisung im Rahmen des NEHG 2022 soll nach Ansicht der Verwaltung einen weiteren Schritt in Richtung „Kostenwahrheit“ für fossile Energieträger setzen. Die Umsetzung der Gesetzesbestimmungen und Durchführungsverordnungen bringt allerdings neue Herausforderungen im Bereich der Compliance und Dokumentation für die betroffenen Wirtschaftstreibenden mit sich. Dies gilt nicht nur für die eigentlichen Handelsteilnehmer (Inverkehrbringer), sondern auch für Unternehmen, welche aufgrund der steigenden Energiepreise die im NEHG 2022 vorgesehenen Entlastungsmaßnahmen beanspruchen wollen.
Für weitergehende Fragen oder Unterstützung bei der Umsetzung der neuen Bestimmungen des NEHG 2022 stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line „Indirect Tax & Customs“ gerne zur Verfügung.
Abschließend möchten wir Ihr Augenmerk auch noch auf die Aktivitäten unseres Netzwerkpartners WTS in diesem Bereich richten (WTS Global Mindset Hub Climate protection, green tax and energy). Hier stehen Steuerexperten auf der ganzen Welt als Ansprechpartner zu aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Energie- und Verbrauchsbesteuerung (Stichwort „plastic tax“) sowie für steuerliche Themen iZm Klimaschutz zur Verfügung.
Platzer Günther | Steiner Sabine
Im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets der Europäischen Union soll das bereits bestehende EU-Emissionszertifikatehandelssystem (EU-ETS) ab 2026 auf die Sektoren Gebäude und Verkehr ausgeweitet werden. Bis dahin obliegt es den einzelnen EU-Mitgliedstaaten, die Reduktion der Treibhausgasemissionen in den Sektoren Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und kleine Industrieanlagen (sog. Non-ETS-Bereich) durch nationale Maßnahmen zu gewährleisten.
Zu diesem Zweck hat Österreich – im Zuge der „Ökosozialen Steuerreform“ – ein eigenes Gesetz für die CO2-Bepreisung mit Wirkung ab 1.10.2022 eingeführt (NEHG 2022). Danach haben „Handelsteilnehmer“ auf Basis von nationalen Emissionszertifikaten einerseits das Recht, (auch weiterhin) bestimmte „Energieträger“ in Verkehr zu bringen und andererseits die Verpflichtung, hiefür CO2-Steuern zu entrichten und über das eigens geschaffene Online-Portal „NEIS“ zu melden.
Im folgenden Beitrag möchten wir die wesentlichen Bestimmungen des NEHG 2022 erläutern und insbesondere auch auf die darin enthaltenen Meldeverpflichtungen sowie Befreiungs- und Entlastungsmaßnahmen hinweisen.
In Österreich wurde die neue – EU-rechtlich gebotene – CO2-Bepreisung (bzw „Besteuerung“) mit der „Ökosozialen Steuerreform“ in Angriff genommen: Im Rahmen des Ökosozialen Steuerreformgesetzes (ÖkoStRefG 2022 Teil I – BGBl I Nr. 10/2022 vom 14.2.2022) wurde ein neues „Bundesgesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Treibhausgasemissionen“ (Nationales Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 – NEHG 2022) erlassen, womit – mit Wirkung ab 1.10.2022 – auch hierzulande ein Bepreisungssystem für Treibhausgasemissionen, die durch fossile Energieträger verursacht werden, implementiert ist. Zudem wurde ein eigenes „Klimabonusgesetz“ (KlBG – BGBl I Nr. 11/2022) erlassen, wodurch Entlastungen und Anreize für die durch die künftige CO2-Bepreisung betroffenen natürlichen Personen geschaffen wurde. Über die Kerninhalte dieser beiden Gesetze hatten wir im Rahmen unseres Newsletters bereits mehrmals informiert (vgl insb. unseren NL-Beitrag „ÖKOSOZIALE STEUERREFORM | Gesetzesbeschluss im Nationalrat“ vom 23.1.2022 sowie im Detail unsere früheren NL-Beiträge „ÖKOSOZIALE STEUERREFORM | Die Gesetzesentwürfe sind da!“ vom 25.11.2021 und „STEUERREFORM | Ökosoziale Entlastungen und Belastungen ab 2022!“ vom 27.10.2021).
Über die Einbettung der neuen österreichischen CO2-Bepreisung in den Gesamtkontext der Europäischen Union haben wir Sie in unserem NL-Beitrag „GREEN TAXATION | CO2-Besteuerung in der EU und in Österreich“ vom 24.7.2022 informiert und dort auch bereits einen ersten Überblick über maßgebliche Bestimmungen des NEHG 2022 gegeben. Diese möchten wir nachfolgend etwas vertiefen:
Das NEHG 2022 ist – nach erfolgter Verschiebung um drei Monate – seit 1. Oktober 2022 wirksam. Die konkreten Durchführungsbestimmungen zum NEHG 2022 finden sich in der „NEHG-Durchführungsverordnung 2022“ (NEHG-DV 2022 – BGBl II Nr. 366/2022 vom 30.9.2022).
In der anfänglichen Fixpreisphase erfolgt die Abgabe der Emissionszertifikate durch Zahlung einer CO2-Steuer, die auf die Menge der in Verkehr gebrachten Energieträger entfällt (Fixpreis je Tonne CO2).
Allgemeine Bestimmungen und Geltungsbereich des NEHG 2022
Energieträger (gemäß Anlage 1 zum NEHG 2022)
Dem NEHG 2022 unterliegen bestimmte „Energieträger“, die ab 1. Oktober 2022 in den steuerlich freien Verkehr gebracht wurden. Gemäß § 2 Abs 1 NEHG 2022 ist dieses Gesetz anwendbar auf die in Anlage 1 genannten Energieträger, die im Bundesgebiet (mit Ausnahme von Jungholz und Mittelberg) in Verkehr gebracht werden. Betroffene Energieträger sind Benzin, Gas, Heizöl, Erdgas, Flüssiggas, Kohle und Kerosin (entsprechend der Einordnung nach der Kombinierten Nomenklatur).
Für jeden dieser Energieträger wurde ein standardisierter Emissionsfaktor (Treibhausgasemission je Einheit) in Anlage 1 festgelegt: darunter ist die Menge der Kohlenstoffdioxidäquivalente (CO2e) zu verstehen, die bei Verbrennung einer festgelegten Menge von Energieträgern nach Anlage 1 freigesetzt und dem Handelsteilnehmer infolge des Inverkehrbringens zugerechnet wird (zB beträgt der Emissionsfaktor bei Benzin 2,38 kg je Liter).
Pro Tonne CO2e ist jeweils ein nationales Emissionszertifikat abzugeben. Der Preis für ein nationales Emissionszertifikat ist bis Ende 2025 fix vorgegeben bzw wie folgt gestaffelt: von EUR 30 (für 2022) bis EUR 55 (im Jahr 2025).
Handelsteilnehmer und Steuerschuldner sind die Inverkehrbringer (beispielsweise Hersteller, Energielieferanten, Importeure und Mineralölunternehmer): die Kosten für die nationalen Emissionszertifikate fallen somit unmittelbar bei den Inverkehrbringern an. Das NEHG 2022 enthält weder eine Verpflichtung noch ein Verbot für eine Weiterverrechnung bzw Überwälzung der CO2-Steuer.
Handelsphasen
Technische Abwicklung und Verfahren
Zuständige Behörde AnEH
Zuständige Behörde und zentrale Anlaufstelle ist das neu geschaffene „Amt für den nationalen Emissionszertifikatehandel (AnEH)“ als eigene Dienststelle im Zollamt Österreich.
Online-Portal NEIS
Im Nationalen Emissionszertifikatehandels-Informationssystem (NEIS) werden sämtliche Vorgänge des nationalen Emissionszertifikatehandels abgewickelt. Das NEIS ist die Benutzeroberfläche für alle Arten von Teilnehmern und für sämtliche Arten von Anträgen, Meldungen, Berichten und Zertifikaten. Der Zugang erfolgt über das Unternehmensserviceportal (usp.gv.at). Das Unternehmensserviceportal dient dabei nur der Authentifizierung der Benutzer. Die weitere Abwicklung findet im NEIS selbst statt.
Um das NEIS nutzen zu können, muss man sich zunächst registrieren:
Die näheren Details und Abläufe regelt die NEHG-Durchführungsverordnung (NEHG-DV 2022).
Registrierung als Handelsteilnehmer
Gemäß § 4 Abs 1 NEHG 2022 dürfen Handelsteilnehmer Energieträger nur in Verkehr bringen, wenn sie im NEIS registriert sind.
Um den Einstieg in das System zu erleichtern, erfolgte einmalig eine automatisierte Registrierung jener potenziellen Handelsteilnehmer, die im Zeitraum von 1. Jänner 2020 bis 1. Oktober 2022 Energieabgaben unterjährig selbstberechnet oder erklärt haben oder diese durch eine Abgabenbehörde für diesen Zeitraum festgesetzt wurden. Mit dem „automatischen“ Registrierungsbescheid erhielten die identifizierten Handelsteilnehmer bis zum 1. November 2022 eine Registrierungs- und Abgabenkontonummer. Die Registrierungsnummer besteht aus dem Kürzel „AT-NEIS-“ und einer 6-stelligen Nummer.
Mit Erhalt des Registrierungsbescheids hat der Handelsteilnehmer bis spätestens 1. Februar 2023 die Daten zu korrigieren und die Pflicht, einen Verantwortlichen zu nennen. Trifft die Annahme des AnEH nicht zu, dass die kontaktierte Person als Handelsteilnehmer tätig werden wird, steht das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde offen.
Handelsteilnehmer, die ab 1. Oktober 2022 Energieträger in Verkehr bringen und nicht automatisch registriert wurden, müssen sich proaktiv bei der AnEH registrieren (Antrag über NEIS). Eine verspätete Registrierung ist in der Einführungsphase bis 1. Februar 2023 straffrei möglich.
Vereinfachtes Verfahren für Handelsteilnehmer und Abwicklung der CO2-Steuer (Einführungsphase)
Unterjährige Treibhausgasemissionsmeldung
Die unterjährige Treibhausgasemissionsmeldung besteht aus der
Zunächst werden die Emissionen für ein Kalendervierteljahr (Quartal) automatisch auf Basis der Daten aus den Energieabgaben durch das AnEH berechnet (automationsunterstützte unterjährige Treibhausgasemissionsmeldung). Diese automatische Berechnung wird dem Handelsteilnehmer am 15. Tag des auf das jeweilige Kalendervierteljahr drittfolgenden Monats auf seinem Abgabenkonto vorgeschrieben. Die Berechnung kann vom Handelsteilnehmer nicht verändert werden. Die Zahllast muss bis zum 30. Tag des auf das jeweilige Quartal drittfolgenden Monats beglichen werden.
Mithilfe der ergänzenden unterjährigen Treibhausgasemissionsmeldung besteht in folgenden Fällen die Möglichkeit, die Höhe der CO2-Steuer (bzw die Anzahl der abzugebenden nationalen Emissionszertifikate) zu verringern:
Die ergänzende unterjährige Treibhausgasemissionsmeldung ist bis zum Monatsletzten des auf das Kalendervierteljahr zweitfolgenden Monats einzureichen.
Nachstehend finden Sie eine Übersicht der relevanten Termine für die unterjährigen Treibhausgasemissionsmeldungen in der Einführungsphase:
Mit der Entrichtung der Zahllast gelten die nationalen Emissionszertifikate als abgegeben.
Jährliche Treibhausgasemissionsmeldung
Grundsätzlich hat gemäß § 6 Abs 1 NEHG 2022 jeder Handelsteilnehmer nach Ablauf eines Kalenderjahres die ihm zugerechneten Treibhausgase des Vorjahres im Einklang mit dem genehmigten Überwachungsplan (§ 7) zu ermitteln und bis zum 30. Juni des Folgejahres (erstmals also bis 30.06.2023) der zuständigen Behörde elektronisch zu melden („Treibhausgasemissionsbericht“). In der Einführungsphase ist ein vereinfachter Treibhausgasemissionsbericht und eine Meldung über die sich daraus ergebende Anzahl an abzugebenden nationalen Emissionszertifikaten des vorangegangenen Kalenderjahres bei der zuständigen Behörde einzureichen. Im Rahmen des vereinfachten Treibhausgasemissionsberichtes sind Befreiungen geltend zu machen oder deren Inanspruchnahme bekannt zu geben.
Der Treibhausgasemissionsbericht ist eine Zusammenfassung aller unterjährigen Meldungen und aller Daten aus den Energieabgaben. Ergibt sich aufgrund einer Korrektur eine Zahllast, muss der Handelsteilnehmer die daraus resultierende CO2-Steuer bis zum 31. Juli des Folgejahres (erstmals bis 31.07.2023) begleichen. Ein sich ergebendes Guthaben wird zurückgezahlt.
Wird der (vereinfachte) Treibhausgasemissionsbericht nicht fristgerecht abgegeben, drohen finanzstrafrechtliche Konsequenzen. In diesen Fällen erfolgt eine Schätzung der Emissionen durch das AnEH.
Zusammenstellung der Termine für die CO2-Besteuerung im Jahr 2022
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich folgende Terminübersicht:
Befreiungs- und Entlastungsmaßnahmen
Befreiungsmaßnahmen
Befreiungsmaßnahmen betreffen die Handelsteilnehmer selbst und sind wie folgt unterteilt:
Diese Befreiungsbestimmung dient der Vermeidung von Mehrfachbelastungen und wird in der NEHG-EU-ETS Befreiungsverordnung 2022 geregelt, die – bestätigt durch eine Mitteilung der Europäischen Kommission vom 14. November 2022 – rückwirkend mit Ablauf des 30. September 2022 in Kraft trat:
NEHG-EU-ETS Befreiungsverordnung 2022: BGBl. II Nr. 417/2022 (Inkrafttreten des § 20 des NEHG 2022 BGBl. I Nr. 182/2022);
Handelsteilnehmer, die in einem Kalenderjahr weniger als eine Tonne Treibhausgasemissionen in Verkehr bringen, sind von den Verpflichtungen eines Handelsteilnehmers ausgenommen. Eine Registrierung ist nicht zwingend notwendig, jedoch empfehlenswert, da bei Überschreiten der Bagatellschwelle und unterlassener Registrierung finanzstrafrechtliche Konsequenzen drohen.
Regelungen in §§ 22 und 23 NEHG 2022 (zB Luft- und Schifffahrtstreibstoffe, Mineralöle/Erdgas/Kohle für andere Zwecke als Heiz- und Treibstoffe – nichtenergetische Verwendung im Produktionsprozess);
ie Inanspruchnahme von Befreiungen erfolgt über das NEIS, wo eine Registrierung als Befreiungsmaßnahmenteilnehmer erforderlich ist. Bereits registrierte Handelsteilnehmer benötigen keine weitere Registrierung. Steuerbefreiungen im Bereich der Energieabgaben, die bereits in den diesbezüglichen Abgabenerklärungen berücksichtigt wurden, werden automatisch auch für das NEHG 2022 übernommen.
Entlastungsmaßnahmen
Entlastungsmaßnahmen sind nicht für Handelsteilnehmer, sondern für deren Verbraucher vorgesehen. Das NEHG 2022 sieht folgende Entlastungsmaßnahmen vor:
Um die Entlastungsmaßnahme „Carbon Leakage“ oder „Härtefälle“ beantragen zu können, ist eine Registrierung als Entlastungsmaßnahmenteilnehmer notwendig. Der Antrag kann voraussichtlich im 2. Quartal des Folgejahres gestellt werden. Die gewährte Entlastung ist in Klimaschutzmaßnahmen im Unternehmen zu investieren. Die Gewährung der Entlastungsmaßnahmen ist von der noch ausstehenden beihilfenrechtlichen Würdigung der Europäischen Kommission abhängig.
FAZIT
Das Ziel der CO2-Bepreisung im Rahmen des NEHG 2022 soll nach Ansicht der Verwaltung einen weiteren Schritt in Richtung „Kostenwahrheit“ für fossile Energieträger setzen. Die Umsetzung der Gesetzesbestimmungen und Durchführungsverordnungen bringt allerdings neue Herausforderungen im Bereich der Compliance und Dokumentation für die betroffenen Wirtschaftstreibenden mit sich. Dies gilt nicht nur für die eigentlichen Handelsteilnehmer (Inverkehrbringer), sondern auch für Unternehmen, welche aufgrund der steigenden Energiepreise die im NEHG 2022 vorgesehenen Entlastungsmaßnahmen beanspruchen wollen.
Für weitergehende Fragen oder Unterstützung bei der Umsetzung der neuen Bestimmungen des NEHG 2022 stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line „Indirect Tax & Customs“ gerne zur Verfügung.
Abschließend möchten wir Ihr Augenmerk auch noch auf die Aktivitäten unseres Netzwerkpartners WTS in diesem Bereich richten (WTS Global Mindset Hub Climate protection, green tax and energy). Hier stehen Steuerexperten auf der ganzen Welt als Ansprechpartner zu aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Energie- und Verbrauchsbesteuerung (Stichwort „plastic tax“) sowie für steuerliche Themen iZm Klimaschutz zur Verfügung.
Platzer Günther
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