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Pkw-Maut: Kapsch/Eventim fordern von Deutschland 560 Mio.

Gescheiterte deutsche Pkw-Maut zieht Verfahren nach sich. (Bild: © APA/DPA-ZENTRALBILD/JENS BÜTTNER) Gescheiterte deutsche Pkw-Maut zieht Verfahren nach sich. (Bild: © APA/DPA-ZENTRALBILD/JENS BÜTTNER)

Berlin/Wien (APA/dpa) – Ein halbes Jahr nach dem Scheitern der Pkw-Maut in Deutschland haben nun die österreichische Kapsch TrafficCom und ihr Partner CTS Eventim, die ursprünglich mit der Umsetzung der Pkw-Maut beauftragt waren, ihre Entschädigungsforderung mit rund 560 Mio. Euro beziffert.

Als Maut-Betreibergesellschaft vorgesehen war die autoTicket GmbH, ein 50:50-Joint-Venture von Kapsch TrafficCom und CTS Eventim.

Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) schloss die Verträge zur Einhebung und Kontrolle der „Infrastrukturabgabe“ bereits 2018 ab, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte die Pkw-Maut Mitte Juni für rechtswidrig. Direkt danach kündigte der Bund die Verträge.

Kapsch und sein Partner wollen ihre Ansprüche nun in mehreren Schritten geltend machen, teilte Kapsch am Donnerstag mit. Wegen der einseitigen Vertragskündigung durch Deutschland fordern sie den entgangenen Gewinn über die Vertragslaufzeit und eine Kompensation für die Beendigungskosten, zu denen auch Schadenersatzansprüche der beauftragten Subunternehmer gehören.   

Der Betreibervertrag sehe ein effizientes Verfahren zur Streitbeilegung vor, heißt es in der Mitteilung. Zunächst soll ein unabhängiger Prüfer den entgangenen Gewinn ermitteln. Zur Klärung der Ansprüche sei im Anschluss ein Verhandlungsverfahren mit dem Bund vorgesehen. Für den Fall des Scheiterns sei im Betreibervertrag zur Erreichung einer endgültigen Entscheidung ein Schiedsverfahren vorgesehen.

Berlin/Wien (APA/dpa) – Wegen der gescheiterten Pkw-Maut droht Deutschland ein Rechtsstreit um mehr als eine halbe Milliarde Euro mit Kapsch TrafficCom und CTS Eventim. Sechs Monate nach dem Stopp des CSU-Prestigeprojekts vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bezifferten die beiden gekündigten Maut-Betreiber ihre Forderungen an den Bund auf 560 Mio. Euro.

Die Ansprüche sollten in mehreren Schritten geltend gemacht werden, teilten die Unternehmen Kapsch und CTS Eventim am Donnerstag mit. Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wies die Forderungen erneut entschieden zurück. Damit wird ein Schiedsverfahren wahrscheinlich, das mehrere Jahre dauern könnte.

Kapsch fordert den entgangenen Gewinn über die Vertragslaufzeit und eine Kompensation für die Beendigungskosten

Wie Kapsch mitteilte, sind beide Firmen überzeugt, dass ihre für die Maut gegründete Gemeinschaftsfirma Autoticket für den vorliegenden Fall der Vertragsbeendigung Anspruch auf entgangenen Gewinn über die Vertragslaufzeit habe – vorgesehen waren zwölf Jahre. Weiterhin sehe der Betreibervertrag einen Ausgleich von „Beendigungskosten“ vor, zu denen auch Schadensersatzansprüche von Unterauftragnehmern gehörten.

Scheuer sagte, die Forderungen der Betreiber würden „mit aller Entschiedenheit“ zurückgewiesen. „Die Zahlen sind falsch und entbehren jeglicher Grundlage.“ Er bekräftigte: „Die Betreiber haben keinen Anspruch auf Entschädigung.“ Sie hätten vertragliche Leistungen nicht erfüllt und nach der Kündigung die Verträge vorsätzlich und treuwidrig verletzt. Diese seien daher aus mehreren triftigen Gründen gekündigt worden. In diesem Fall sei die Vertragslage „zugunsten des Bundes“. Er habe bereits den Prozess für ein Schiedsverfahren gestartet und die Firmen zu Gesprächen Mitte Jänner aufgefordert.

Von der Opposition kam massive Kritik. Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic bezeichnete die Forderungen als „K.o.-Schlag“ für Scheuer. Er müsse sich den Forderungen jetzt stellen, die Zeit der „Ablenkungsmanöver“ sei vorbei. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte, der Betrag sei auf Grundlage der Verträge zu erwarten gewesen. „Die Rechnung geht auf Minister Scheuer, weil er bewusst und fahrlässig diese schlechten Vertragskonditionen zu Lasten des Steuerzahlers eingegangen ist.“

Der Linke-Abgeordnete Victor Perli sagte: „Die Forderungen bestätigen die schlimmsten Befürchtungen.“ Dieser „Wahnsinn“ sei nur möglich, weil die Betreiber sich auf Gewinngarantien in den Verträgen berufen und auf ein intransparentes, privates Schiedsgericht setzen könnten. Der Maut-Skandal werde nun auch zu einem großen Problem für Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie hatte erst am Mittwoch im Bundestag gesagt: „Ich finde, dass Andy Scheuer eine sehr gute Arbeit macht.“ Vorwürfe würden nun alle „sauber abgearbeitet im Untersuchungsausschuss“. Das Gremium hatte vor einer Woche die Arbeit aufgenommen. Befragungen sollen im neuen Jahr starten.

Scheuer steht unter Druck, weil der Bund die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit Kapsch und CTS Eventim 2018 geschlossen hatte – bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Die Opposition wirft ihm vor, Verträge voreilig abgeschlossen,

Haushalts- und Vergaberecht gebrochen und Regelungen zum Schadenersatz zu Lasten des Steuerzahlers vereinbart zu haben. Der Minister weist die Vorwürfe zurück. Er sagte am Donnerstag: „Die Betreiber nutzen das Spekulations- und Zahlenwirrwarr, das gerade auch in den letzten Wochen durch die Oppositionsfraktionen ausgelöst und entstanden ist.“

Zum weiteren Vorgehen erklärten Kapsch und Eventim, zunächst solle nun ein unabhängiger „Stichtagsprüfer“ die Ermittlung des entgangenen Gewinns überprüfen. Zur Klärung der Ansprüche sei dann ein Verhandlungsverfahren mit dem Bund vorgesehen. Sollte es scheitern, sei für eine endgültige Entscheidung ein Schiedsverfahren vorgesehen.

Scheuer hatte auch mit der Einstufung von Akten für den U-Ausschuss als vertrauliche Verschlusssachen Zorn der Opposition auf sich gezogen. Wie aus einer Mail des Ausschuss-Sekretariats hervorgeht, soll diese Einstufung der Beeinträchtigung eines „etwaigen schiedsgerichtlichen Verfahrens vorbeugen und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ wahren. Dies gleiche einem „nachträglichen Maulkorb“ für die Abgeordneten, die eine lückenlose Aufklärung des Maut-Desasters herbeiführen wollten, sagte der FDP-Obmann im Untersuchungsausschuss, Christian Jung. Scheuer wies Vorwürfe „entschieden“ zurück, er wolle die Arbeit des Gremiums behindern.

Der Betreibervertrag sehe ein effizientes Verfahren zur Streitbeilegung vor, heißt es in der Mitteilung. Zunächst soll ein unabhängiger Prüfer den entgangenen Gewinn ermitteln. Zur Klärung der Ansprüche sei im Anschluss ein Verhandlungsverfahren mit dem Bund vorgesehen. Für den Fall des Scheiterns sei im Betreibervertrag zur Erreichung einer endgültigen Entscheidung ein Schiedsverfahren vorgesehen.

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