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BFGjournal Umsatzsteuer

Rechnung mit Briefkastenanschrift, unter der der Leistende erreichbar ist, ausreichend für Vorsteuerabzug

(Bild: © iStock) (Bild: © iStock)

Gemäß § 15 Abs 1 Nr 1 dUStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a dUStG ausgestellte Rechnung besitzt.

Entscheidung: BFH 21. 6. 2018, V R 25/15 bzw 21. 6. 2018, V R 28/16
Normen: §§ 14, 14a dUStG

Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung setzt nach aktueller BFH-Judikatur nicht voraus, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist (Änderung der Rechtsprechung des BFH). Es reicht jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist.

Nach früherer Rechtsprechung des BFH wurde das Merkmal „vollständige Anschrift“ in § 14 Abs 4 Satz 1 Nr 1 dUStG nur durch die Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers erfüllt, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet; die Angabe eines „Briefkastensitzes“ mit nur postalischer Erreichbarkeit, an dem im Zeitpunkt der Rechnungstellung keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfinden, reichte danach als zutreffende Anschrift nicht aus (vgl zuletzt noch BFH 22. 7. 2015 V R 23/14, BStBl II 2015, 914).

An dieser Rechtsprechung hielt der BFH unter Verweis auf das EuGH-Urteil vom 15.11.2017, C-374/16 und C-375/16, Geissel und Butin, nicht mehr fest. § 15 Abs. 1 Nr 1 und § 14 Abs 4 Satz 1 Nr 1 dUStG sind vielmehr richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht voraussetzt, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Vielmehr reicht jede Art von Anschrift, einschließlich einer Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist. Diese Voraussetzungen erfüllten im gegenständlichen Fall die ausgestellten Rechnungen, hinsichtlich derer der Vorsteuerabzug begehrt worden war, weil die jeweiligen Rechnungsaussteller unter der von ihr angegebenen Rechnungsanschrift Post erhalten hatten.

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