Auslandsentsendung

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  • #62912
    Veronika
    Mitglied

    Hallo,

    ein Dienstnehmer wurde im Oktober 2004 für 3 Jahre nach China entsandt. Dieser Vertrag soll nun bis Oktober 2009 verlängert werden.
    Er ist nach wie vor in Österreich beschäftigt und bei der Gebietskrankenkasse angemeldet.

    Ist es für den gesamten Zeitraum möglich, dass die Versicherung für ihn und seine Angehörigen in Österreich bestehen bleibt?

    Wie ist das mit der Steuer zu handhaben? Zur Zeit hat er noch eine Wohnung in Österreich, diese möchte er allerdings aufgeben.

    Danke

    Veronika

    #67514
    rkraft
    Teilnehmer

    Liebe Veronika,

    da zwischen Österreich und China derzeit (noch) kein Abkommen über Soziale Sicherheit besteht, richtet sich die Sozialversicherungspflicht einzig und allein nach den jeweils innerstaatlichen Bestimmungen, also
    – einerseits nach dem österreichischen ASVG und
    – andererseits nach dem chinesischen Sozialversicherungsrecht.

    Nach § 3 Abs 2 lit d ASVG gelten als im Inland beschäftigt (und damit weiterhin in Österreich SOZIALVERSICHERT) auch „Dienstnehmer, deren Dienstgeber den Sitz in Österreich haben und die ins Ausland entsendet werden, sofern ihre Beschäftigung im Ausland die Dauer von fünf Jahren nicht übersteigt; das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann, wenn die Art der Beschäftigung es begründet, diese Frist entsprechend verlängern.“

    Der § 3 Abs 2 lit d ASVG sieht also im Falle einer von vornherein auf höchstens fünf Jahre befristeten Entsendung die Weitergeltung der österreichischen Sozialversicherung vor. Diese Weiterversicherung besteht PER GESETZ, bedarf also keiner Ausnahmebewilligung.

    Wurde in Ihrem Fall der Dienstnehmer zunächst für drei Jahre entsendet, wurde die Fünfjahresfrist nicht überschritten.
    Soll die Sozialversicherung auch infolge der Verlängerung in Österreich bestehen bleiben, sollte auf die Einhaltung der Höchstgrenze geachtet werden. ACHTUNG: Entsendung von Anfang Oktober 2004 bis Ende Oktober 2009 wäre eigentlich schon zulange, da dies fünf Jahre + ein Monat sind.

    Steht hingegen fest, dass die Fünfjahresfrist überschritten wird (und sei es auch nur relativ kurz, zB um einen Monat), kommt die GESETZESAUTOMATIK nicht zur Anwendung.

    In diesem Fall muss das Weiterbestehen der Sozialversicherung von vornherein beim Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (kurz: Sozialministerium), Abteilung II/A/4
    1010 Wien gestellt werden (ACHTUNG: Im Originalgesetzeswortlaut steht als zuständiges Ministerium noch das frühere „BM für Arbeit und Soziales“, welches es aber in dieser Kombination nicht mehr gibt).

    WICHTIG: Zu bedenken ist, dass das österreichische ASVG im § 3 Abs 2 lit d ASVG natürlich nur die ÖSTERREICHISCHE Sozialversicherung regelt. Da es kein SoSi-Abkommen mit China gibt, kann es durchaus sein, dass infolge der Entsendung nach China Versicherungspflicht auch in China eintritt (DOPPELVERSICHERUNG!!!). Ob dies zutrifft, ist nach chinesischem Sozialversicherungsrecht zu beurteilen, mit dem ich aber nicht besonders häufig zu tun habe… 🙂
    Mangels SoSi-Abkommen hätte man also eine eher unbefriedigende Situation, falls die chinesischen Sozialversicherungsbehörden irgendwann auf die Idee kommen sollten, SV-Beiträge zu verlangen.

    Hinsichtlich Steuer:
    Solange der Dienstnehmer (auch) in Österreich eine Wohnung hat, ist er hier jedenfalls unbeschränkt steuerpflichtig. Infolge des vermutlich in Österreich bestehenden Lebensmittelpunkts (dafür sind insb Partner und Familie entscheidend) besteht, solange noch die Wohnung in Ö beibehalten wird, wohl auch die ANSÄSSIGKEIT im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich-China in Österreich.
    Das Besteuerungsrecht für die Gehaltseinkünfte des Dienstnehmers liegt während der Entsendung mit ziemlicher Sicherheit bei China (siehe insb die 183-Tage-Regelung gemäß Artikel 15 Abs 2 DBA Ö-China). In Österreich gilt für diese Einkünfte die Befreiungsmethode (siehe Artikel 24 Abs 2 lit a DBA Ö-China).
    Wird in Österreich der Wohnsitz aufgegeben und liegt auch kein gewöhnlicher Aufenthalt in Ö vor, besteht das ausschließliche Besteuerungsrecht während der Entsendung bei China.

    Ich hoffe, ich konnte trotz der komplizierten Rechtslage ein paar Anhaltspunkte und Groborientierungen geben.

    Übrigens gibt es zum Thema Auslandsentsendungen ein sehr gutes Buch von den Autoren Endfellner/Exel/Freudhofmeier/Kopecek: „Personalentsendung kompakt“ erschienen beim Linde-Verlag, 2006.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Rainer Kraft
    Wie ist das mit der Steuer zu handhaben? Zur Zeit hat er noch eine Wohnung in Österreich, diese möchte er allerdings aufgeben.

    Danke

    Veronika

    #67516
    Veronika
    Mitglied

    Sehr geehrter Herr Kraft,

    danke für Ihre Antwort, Sie haben mir schon etwas weitergeholfen.

    Besteht eigentlich die Möglichkeit die 5 Jahresfrist durch Unterbrechung der Auslandsentsendung wieder neu aufleben zu lassen? Wenn ja, gibt es eine Mindestfrist, wie lange unterbrochen werden müsste.

    Danke

    Veronika

    #67519
    rkraft
    Teilnehmer

    Liebe Veronika,

    eine vebindlich festgelegte Mindestunterbrechungsfrist gibt es zwar meines Wissens nicht. Übliche Unterbrechungszeiten (zB für Urlaub, Krankenstand etc) sind m.E. jedenfalls unbeachtlich.
    Es ist allerdings m.E. auch zu bedenken, dass die Behörden im Falle wiederholter Entsendungen – wenn sie davon Wind bekommen – diese mit hoher Wahrscheinlichkeit „zusammenrechnen“. Man kann daher mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass nach einer Unterbrechung mit dem Fristenlauf nicht wieder von vorne begonnen werden darf.

    Diese Beurteilung (Zusammenrechnung) ist m.E. naheliegend, weil ansonsten die von den beteiligten Staaten sicher nicht gewünschte Möglichkeit bestünde, durch geschickte Unterbrechungsgestaltung womöglich eine jahrzehntelange „Entsendung“ zu erzielen.

    Schöne Grüße,
    Rainer Kraft

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