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  • #62880
    arnor58
    Teilnehmer

    Hallo,

    eine Mitarbeiterin, seit 1975 im Betrieb, scheidet infolge BU-Pension aus dem Unternehmen aus. Seit 10/1997 bis zum Ende des DV arbeitete diese Mitarbeiterin jedoch als Teilzeitbeschäftigte.
    Auf welcher Basis ist hier die Abfertigung zu berechnen. Auf Teilzeitbasis oder eine Art Mischberechnung? Wäre die Mischberechnung nicht eine Art Verfälschung des steuerbegünstigten Ausmaßes?

    Die Mitarbeiterin begehrt den Anspruch auf Basis Vollzeit, da sie im Jahre 1997 ein Kind adoptierte, zur Betreuung des Kindes wurde die NAZ herabgesetzt.

    Auf welcher Basis würdet Ihr die Abfertigung berechnen?

    Ich hoffe, Ihr könnt mir irgendwie helfen.

    Danke!
    Arno

    #67421
    rkraft
    Teilnehmer

    Liebe/r Arnor,

    der von Ihnen geschilderte Fall hat es bei näherer Betrachtung ziemlich in sich, da hier so manche haarige und – meiner Meinung nach aufgrund der derzeitigen Rechtsprechung nicht restlos zu klärende – Rechtsfrage lauert.

    Aus meiner Sicht ist Folgendes festzuhalten:

    1) Nach der gesetzlichen Grundregel ist die gesetzliche Abfertigung auf Basis des für den letzten Monat gebührenden Entgelts zu bemessen (siehe § 23 AngG). Aufgrund dieses „Aktualitätsprizips“ ist im Falle des dauerhaften Wechsels von Voll- auf Teilzeit bei späterer Beendigung des Dienstverhältnisses die gesetzliche Abfertigung grundsätzlich auf Basis des letzten Monatsentgelts zu bemessen (sofern es keine abweichenden gesetzlichen, kollektivvertraglichen, dienstvertraglichen Sonderregelungen gibt). Siehe dazu ausdrücklich die Entscheidungen OGH 30. 9. 2005, 9 ObA 65/05g und OGH 29. 6. 2005, 9 ObA 6/05f.

    2) § 14 Abs 2 Z 2 in Verbindung mit § 14 Abs 4 AVRAG sieht für den Fall der Herabsetzung der Arbeitszeit wegen „nicht nur vorübergehenden Betreuungspflichten von nahen Angehörigen iSd § 16 Abs 1 letzter Satz UrlG“ spezielle Abfertigungsberechnungen vor. Diese Sonderregelungen sind laut Rechtsprechung auch auf Arbeitszeitherabsetzungen zwecks Betreuung gesunder Kinder anwendbar. Dies ergibt sich aus den topaktuellen Entscheidungen OGH 12. 7. 2006, 9 ObA 38/06p, und OGH 12. 7. 2006, 9 ObA 60/06y. Wird daher zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Zweck der Betreuung eines Kindes des Arbeitnehmers eine Herabsetzung der Normalarbeitszeit vereinbart, so ist im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Berechnung der Abfertigung das Entgelt auf Basis der Arbeitszeit vor der Arbeitszeitreduktion heranzuziehen und nicht das zuletzt bezogene Teilzeitentgelt. Liegt die Arbeitszeitreduktion bei DV-Ende bereits länger als zwei Jahre zurück, ist eine Mischberechnung vorzunehmen (§ 14 Abs 4 AVRAG).
    Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 14 AVRAG ist in der Regel, dass der Arbeitnehmer hat vor Abschluss der Teilzeitvereinbarung gegenüber seinem Arbeitgeber offen gelegt hat, dass diese Vereinbarung wegen der Betreuung des Kindes erfolgen soll. Es muss also dem Arbeitgeber der – aus Arbeitnehmersicht – hinter dem Teilzeitwunsch steckende Zweck zumindest erkennbar gewesen sein, um die Anwendung des § 14 AVRAG zu begründen.

    3) Das Problem besteht m.E. in dem von Ihnen geschilderten Fall darin, dass der Wechsel auf die Teilzeit im Oktober 1997 erfolgte. Zu diesem Zeitpunkt war § 14 AVRAG noch nicht in Kraft. Diese Sonderregelung ist nämlich erst mit 1. 1. 1998 in Kraft getreten (siehe § 19 Abs 1 Z 5 AVRAG). Gesetze wirken nach der Regel des § 5 ABGB im Allgemeinen nicht zurück und es sind demnach nur die nach dem In-Kraft-Treten eines Gesetzes verwirklichten Sachverhalte nach dem neuen Gesetz zu beurteilen. Auch im Hinblick auf den Vertrauensschutz (Vertrauen auf die vor dem 1. 1. 1998 geltende Rechtslage) ist m.E. davon auszugehen, dass die Sonderregelung des § 14 AVRAG daher auf die Vereinbarung, die noch vor dem In-Kraft-Treten wirksam wurde, nicht anzuwenden ist.
    Bemerkenswert ist allerdings, dass aus den OGH-Entscheidungen OGH 5. 9. 2001, 9 ObA 218/01a und OGH 18. 4. 2002, 8 ObA 23/02v auch durchaus die gegenteilige Sichtweise abgeleitet werden könnte.

    4) Zusammenfassung: Vorbehaltlich ausdrücklicher künftiger Rechtsprechung sprechen m.E. insgesamt die besseren Argumente dafür, die gesetzliche Abfertigung bloß auf Teilzeitbasis zu berechnen (sofern es laut Kollektivvertrag etc keine Sonderregelung gibt). § 14 Abs 4 AVRAG, der eine Mischberechnung vorsieht, wäre zwar an sich einschlägig, diese Bestimmung ist aber erst am 1. 1. 1998 in Kraft getreten, sodass sie m.E. auf die im Oktober 1997 abgeschlossene Teilzeitvereinbarung nicht anwendbar ist.

    Schöne Grüße,
    Rainer Kraft

    #67430
    arnor58
    Teilnehmer

    Hallo Herr Kraft,

    vielen Dank für Ihre präzise Beantwortung.

    Glauben Sie aus Ihrer Berufspraxis, würde die „gesetzliche“ Abfertigung im Ausmaß von 12 Monatsentgelten in Form einer „Mischberechnung“ durchgeführt werden, dass mir die Finanz da auf die Füße steigen würde.
    Wie könnte so eine Mischberechnung aussehen, wenn die Mitarbeiterin von 1975 bis 09/1997 als Vollbeschäftigte bzw. von 10/1997 bis 10/2006 als Teilzeitbeschäftigte arbeitete? Könnte dieser Wert prozentuell ermittelt werden? z.B. betrug in diesem Fall der Anteil des gesamten Dienstverhältnisse an Vollbeschäftigung 70,93% bzw. für die Teilzeitbeschäftigung 29,07%

    Bitte Sie nochmals um Hilfe, da Sie in meinem Fall die letzte Rettung sind.

    Vielen Danke und Liebe Grüße!!

    Arno

    #67431
    rkraft
    Teilnehmer

    Lieber Arno,

    praktisch gesehen würde ich mich – infolge der sehr komplexen und unklaren Rechtslage – auf die Sonderregelung des § 14 AVRAG stützen und dessen Anwendung gegenüber der Finanz beinhart als gegeben argumentieren. Die Regelung passt ja – wie ich meine – der Sache nach grundsätzlich auf Ihren Fall und es ist eine beinahe akademisch angehauchte Frage, ob man auch in ZEITLICHER Hinsicht (infolge der Arbeitszeitreduktion vor dem 1. 1. 98) die Anwendung des § 14 AVRAG letztlich bejaht oder nicht (diese Frage könnte wahrscheinlich auch ein OGH-Richter nicht so aus der Hüfte heraus beantworten, da es PRO- und CONTRA-Argumente gibt).

    Bezüglich Mischberechnung würde ich in der Tat so vorgehen, dass man das Verhältnis zwischen der Vollzeitbeschäftigung und der Teilzeitbeschäftigung ermittelt.
    Anhand der von Ihnen angegebenen Daten dürfte Ihre Rechnung überschlagsmäßig in etwa passen.
    Aus dieser Mischberechnung müsste sich dann eine durchschnittliche Arbeitszeit ergeben (hängt natürlich vom Stundenausmaß der Teilzeit ab), die dann der Abfertigungsberechnung zugrunde gelegt wird.

    Schöne Grüße,
    Rainer Kraft

    #67432
    arnor58
    Teilnehmer

    Hallo Rainer,

    vielen herzlichen Dank für Deine Bemühungen!!

    Liebe Grüße!
    Arno

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