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VIDEO: Außerordentliche Generalversammlung
 – Philip Rosenauer

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Alle übrigen Generalversammlungen werden außerordentliche Generalversammlungen genannt. GF und AR (§ 36 Abs 2 und § 30j Abs 4 GmbHG) sind zur Einberufung verpflichtet, wenn es das Wohl/Interesse der GmbH erfordert. Grundsätzlich haben die zuständigen Organe unverzüglich eine Generalversammlung einzuberufen, wenn sie begründet annehmen können, dass es das Wohl der Gesellschaft erfordert. Das Vorliegen dieses Einberufungsgrundes haben die GF kontinuierlich nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen.

Der Zweck der Einberufung einer Generalversammlung, wenn es das Interesse der Gesellschaft erfordert, liegt in der Ermöglichung einer Diskussion zwischen den Gesellschaftern über die weitere Geschäftspolitik zu ermöglichen. Die Notwendigkeit einer Generalversammlung (in der Form einer Präsenzsitzung) kann sich insbesondere dann ergeben, wenn Maßnahmen anstehen (zB außergewöhnliche Geschäfte, Grundlagengeschäfte oder der Generalversammlung im GesV oder Gesetz ausdrücklich vorbehaltene Maßnahmenentscheidungen) die in die Zuständigkeit der Generalversammlung fallen und eine schriftliche Beschlussfassung im Umlaufweg nicht tunlich ist, weil die zu beschließende Angelegenheit zu komplex ist und Rückfragen der Gesellschafter nicht auszuschließen sind. Außerdem ist in bestimmten Fällen zwingend eine Generalversammlung abzuhalten und die Beschlussfassung im schriftlichen Weg unzulässig (zB bei Änderungen des GesV, Verschmelzung, uäm).1

Ein Beschluss in der Generalversammlung kann dabei nur über einen Antrag gefasst werden, der schriftlich vor oder mündlich in der Generalversammlung gestellt wurde. Die Beschlussfassung über einen Antrag (muss als Entscheidungsfrage und nicht als offene Frage formuliert sein) ist dabei nur zulässig, wenn er im Rahmen der Tagesordnung erfolgt.2

Eine gesetzliche Einberufungspflicht der GF besteht bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals. Dies liegt vor, wenn das Netto-Aktivvermögen 50 % oder weniger des Stammkapitals beträgt. Ein weiterer Einberufungsgrund besteht, wenn die Eigenmittelquote (§ 23 URG) unter 8 % sinkt und die fiktive Schuldentilgungsdauer (§ 24 URG) mehr als 15 Jahre beträgt. In diesen Fällen haben die GF die von den Gesellschaftern gefassten Beschlüsse dem Firmenbuchgericht mitzuteilen. Die Einberufung hat immer dann zu erfolgen, wenn sich aus dem finanziellen Ist-Status der GmbH ergibt, dass ein entsprechender Krisenstatus vorliegt (der Jahresabschluss ist nicht abzuwarten). Die Einberufungspflicht ist diesfalls daher direkt mit der Verpflichtung zur Führung eines Rechnungswesens und eines internen Kontrollsystems verbunden.3

Ob die Gesellschafter im Einzelfall auf die Einberufung einer Generalversammlung verzichten können, ist strittig. Ein vollständiger Erlass der Pflicht zur Einberufung wird nicht zulässig sein, jedoch kann die Einberufung im Einzelfall durch eine Information an die Gesellschafter ersetzt werden. Vor allem aus Publizitätsgründen kann die Abhaltung einer Generalversammlung seitens der Gesellschafter unerwünscht sein und finden daher nur formlose Beratungen statt (vgl § 36 Abs GmbHG bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals).4 Das zur Einberufung verpflichtende Organ kann nicht auf das Einberufungsrecht der Gesellschafter nach § 37 GmbHG (Minderheitenrecht) verweisen. Die Primärzuständigkeit für die Einberufung bleibt bei diesem Organ selbst. Verletzen die GF deren Einberufungspflicht, trifft sieeine Haftung gemäß § 25 GmbHG (bzw. den AR gemäß §§ 33 iVm 25 GmbHG).

Praxistipp: Die Einhaltung der Verpflichtungen der GF zur Führung eines Rechnungswesens und eines internen Kontrollsystems (§ 22 GmbHG) sollen eine jederzeitige Beurteilung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des gesellschaftlichen Unternehmens zulassen, dadurch richtige unternehmerische Entscheidungen ermöglichen und damit letztlich der Insolvenzprophylaxe dienen. Zur Bewertung des Krisenstatus der GmbH ist daher empfehlenswert, regelmäßige (etwa monatlich oder in kürzeren Abständen, sofern es aufgrund der wirtschaftlichen Situation der GmbH erforderlich ist) Soll-Ist-Vergleiche auf Basis der Auswertungen aus dem Rechnungswesen und internen Kontrollsystem vorzunehmen.

1 Enzinger in Straube, WK GmbHG § 36 Rz 20 ff (Stand 1.8.2013, rdb.at); Aburumieh/Gruber in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer (Hrsg), GmbHG (2017) zu § 36 GmbHG Rz 26 f.

2 Enzinger in Straube, WK GmbHG § 38 Rz 38 ff (Stand 1.8.2013, rdb.at); Winkler in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer (Hrsg), GmbHG (2017) zu § 34 GmbHG Rz 20.

3 Aburumieh/Gruber in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer (Hrsg), GmbHG (2017) zu § 36 GmbHG Rz 36 ff.

4 Aburumieh/Gruber in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer (Hrsg), GmbHG (2017) zu § 36 GmbHG Rz 28 ff.

Autor: Dr. Philip Rosenauer

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