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Die Digitalisierung der Marke

Heute steht sowohl in Österreich, aber vor allem auch auf europäischer und internationaler Ebene ein durchwegs digitalisiertes Markensystem zur Verfügung. (Bild: © HAKINMHAN) Heute steht sowohl in Österreich, aber vor allem auch auf europäischer und internationaler Ebene ein durchwegs digitalisiertes Markensystem zur Verfügung. (Bild: © HAKINMHAN)

Die Zeiten, in denen eine Marke im Kundencenter des österreichischen Patentamtes oder per Post angemeldet werden musste, sind lange vorbei. Heute steht sowohl in Österreich, aber vor allem auch auf europäischer und internationaler Ebene ein durchwegs digitalisiertes Markensystem zur Verfügung, das es erlaubt, eine Marke von der Wiege bis zur Bahre zu betreuen, ohne auch nur einen einzigen Amtsweg physisch erledigen zu müssen. Auch wenn diese Digitalisierung einen professionellen Umgang mit Markenrechten nicht ersetzt, ist sie mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Doch Digitalisierung ist ein fortlaufender Prozess und als solcher alles andere als abgeschlossen.

Die Marke als „Online-Recht“: Digitalisierung auf allen Ebenen

Digitalisierung der Infrastruktur

Nicht nur das Europäische Amt für geistiges Eigentum (EUIPO), sondern auch das österreichische Patentamt (ÖPA) sieht schon seit dem Jahr 2013 die Möglichkeit einer Online-Registrierung vor. Die Einführung der Online-Registrierung war ein unabdingbarer Schritt, um auch im Markenrecht mit der fortschreitenden Technologisierung Schritt halten zu können.

In diesem Sinne stellen die Patentämter neben der Online-Registrierung kostenlose Markenregister zur Verfügung, die dem Anwender einen Überblick über die bestehende Markenlandschaft verschaffen (eSearch plus, ipsee). Flankiert werden diese Register durch nützliche Online-Tools, die etwa dabei helfen, die markenrechtlich zu schützenden Waren und Dienstleistungen zu klassifizieren (TMClass) oder ein Kennzeichen oberflächlich auf seine Schutzfähigkeit zu prüfen (Albert Patent Bot).

Digitalisierung im Rechtsbereich

Die Notwendigkeit, das Markensystem zu modernisieren, war auch dem europäischen Gesetzgeber nicht entgangen. Mit der Marken-RL 20151 wurden den EU-Mitgliedstaaten dementsprechend zahlreiche Maßnahmen aufgetragen, die eine Anpassung des europäischen Markensystems an das Zeitalter des Internets sicherstellen soll. Auf EU-Ebene wurden diesbezügliche Schritte im Rahmen der Unionsmarkenverordnung (UMV)2 durch Überführung der Gemeinschafts- in die Unionsmarke gesetzt.

Jüngere Entwicklung: Die MarkSchG-Novelle 2019

Mit der Novelle des Markenschutzgesetzes (MarkSchG) im Jahr 20193 hat auch der österreichische Gesetzgeber die Marken-RL 2015 umgesetzt und damit auch im österreichischen Markenrecht interessante Impulse in Richtung Digitalisierung gesetzt, aus denen zwei herausstechen:

  • Ermöglichung von Multimediamarken: Bis zum Inkrafttreten der MarkSchG-Novelle 2019 galt nach § 1 MarkSchG, dass eine Marke sich „grafisch darstellen“ lassen musste, um in das Markenregister eingetragen werden zu können. Das bedeutete, dass die Marke stets einer zweidimensionalen Wiedergabe durch Schriftzeichen, Bilder oder andere Zeichenformen zugänglich war. Der Markenschutz war damit de facto auf Wort- und Bildmarken zugeschnitten und hat für andere Markenformen (zB Form-, Farb-, Klang- und Positionsmarken) nur eingeschränkt Raum gelassen.

    Mit der Novelle wurde § 1 MarkSchG dahingehend geändert, dass die Marke nun – vereinfacht gesagt – nur mehr geeignet sein muss, im Markenregister überhaupt dargestellt zu werden. Die Einschränkung der Darstellbarkeit auf „grafisch“ ist entfallen, sodass neben (wie bisher) Text und Bildern nunmehr auch mittels Video- bzw Audiodateien darstellbare Zeichen einer Registrierung zugänglich sein können.

    Im Ergebnis bedeutet dies einerseits eine Erleichterung der Anmeldung von Klangmarken (Tondatei statt Notenschrift oder Sonagramm) sowie andererseits eine Erweiterung der verfügbaren Markenarten auf Bewegungsmarken (Bewegungsablauf), Hologramm-Marken (holografische Merkmale; zB Kippbilder) und Multimediamarken (Kombination von Ton und Bild). Eine praktische Relevanz dieser Markenarten ist in Österreich im vergangenen Jahr lediglich hinsichtlich der Bewegungsmarke zu beobachten. Hologramm- und Multimediamarken sind bislang, soweit ersichtlich, noch keine eingetragen.
  • Einführung zulässiger Sonderzeichen für Wortmarken: Bis zur MarkSchG-Novelle 2019 waren Marken, die nicht bloß aus Zahlen, Buchstaben oder Wörtern bestanden, nicht als Wort-, sondern als Wort-Bild-Marken zu beurteilen. Das bedeutete, dass die Verwendung von Sonderzeichen in einer Wortmarke ausgeschlossen war. Mit einer parallel zur MarkSchG-Novelle 2019 erfolgten Änderung der Patentamtsverordnung (PAV) hat sich dies geändert. § 23 Abs 1 Z 1 Patentamtsverordnung (PAV 2019) sieht nunmehr folgende zulässige Sonderzeichen vor, die wie Buchstaben und Zahlen behandelt werden:

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    Auch diese Änderung schafft interessante neue Möglichkeiten, Wortmarken zu kreieren. Im Zeitalter des E-Sport könnten sich diese etwa im Zusammenhang mit markenrechtlich zu schützenden Clan-Namen oder Gamertags als nützlich erweisen.

Zukunftsaussichten

Die Digitalisierung der Rechtsbranche hat sich in den vergangenen Jahren als dynamischer Bereich erwiesen. Eine Entwicklung, die angesichts der dargestellten Impulse nicht mehr undenkbar erscheint, ist etwa die künftige Schutzfähigkeit von Tastmarken (haptische Merkmale), Duftmarken (olfaktorische Merkmale) und Geschmacksmarken (gustatorische Merkmale).

Darüber hinaus ist der Gedanke verlockend, Patentämter als Intermediäre und die damit einhergehenden – mitunter beträchtlichen – Gebühren durch den Einsatz der Blockchain-Technologie überflüssig zu machen, indem die Markenregistrierung von patentämtergeführten Registern entkoppelt und in die dezentrale Blockchain verlagert wird. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Mit einer baldigen Novellierung des österreichischen Markenrechts ist vorerst jedoch nicht zu rechnen.

(Bild: © PHH)

Sebastian Mahr ist Partner im Dispute-Team der Kanzlei. Er vertritt Mandanten in unternehmens- und gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten vor staatlichen Gerichten und Schiedsgerichten. Seit dem Eintritt in die Kanzlei im Jahr 2007 hat Sebastian Mahr mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Führung internationaler und komplexer Verfahren gesammelt und ist unter anderem auf Wettbewerbsrecht und Immaterialgüterrecht spezialisiert.

(Bild: © PHH)

Alexander Hofmann ist als Rechtsanwaltsanwärter im Dispute-Team tätig. Sein Schwerpunkt liegt in den Bereichen Strafverfahrens- und Zivilverfahrensrecht sowie Immaterialgüterrecht.

Fußnoten

[1] RL (EU) 2015/2436 vom 16. 12. 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Neufassung), ABl L 336 vom 23. 12. 2015, 1.

[2] VO (EU) 2017/1001 vom 14. 6. 2017 über die Unionsmarke, ABl L 154 vom 16. 6. 2017, 154.

[3] BGBl I 2018/91.

PHH Rechtsanwälte in Wien ist eine der Top-Anwaltskanzleien für Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsstrafrecht in Österreich. Seit ihrer Gründung 2001 ist die Kanzlei stetig gewachsen und wurde international mehrfach ausgezeichnet. Die neun PHH-Partner und mehr als 70 Mitarbeiter arbeiten in Experten-Clustern, die von M & A über Prozessführung zu Wirtschaftsstrafrecht reichen. PHH steht für persönliche und kompetente Beratung, Loyalität ihren Kunden gegenüber und kreative Lösungsansätze.

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