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Am Punkt #93 mit Gregor Schamschula – Umweltverfahren: Mythen aufklären

Eine Thematik, die nicht unbekannt ist: Umweltverfahren dauern zu lange. Bei Umweltverträglichkeitsprüfungen handelt es sich um die größten Verwaltungsverfahren in Österreich, weshalb diese auch eine gewisse Verfahrensdauer aufweisen. Ab Vollständigkeit der Projektunterlagen nehmen UVP-Verfahren circa 7 Monate Bearbeitungszeit in Anspruch. Verzögerungen sind weitgehend auf unvollständige Unterlagen zurückzuführen, die Verfahrensdauer wird sohin maßgebend von den Projektwerber:innen mitbestimmt. 

Aus einer Beschleunigungsdebatte heraus wurde vor wenigen Jahren das Standortentwicklungsgesetz eingeführt. Das Gesetz soll sicherstellen, dass Projekte, die nicht innerhalb von einem Jahr abgeschlossen sind, automatisch als genehmigt gelten. Die Vollständigkeit der UVP sowie eine ordnungsgemäß durchgeführte UVP, stellen beim Standortentwicklungsgesetz keine ausschlaggebenden Faktoren dar. Mit dem Gesetz wurde ein Genehmigungsautomatismus eingeführt, der völkerrechts-, unionsrechts- sowie verfassungswidrig ist und letztlich zu einem Vertragsverletzungsverfahren geführt hat. Das Standortentwicklungsgesetz wurde in Österreich noch nie angewandt, da es wohl zu einer Verzögerung beziehungsweise Aufhebung anstatt zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen würde. 

Um dennoch UVP-Verfahren schneller und vor allem erfolgreich abschließen zu können, sind folgende fünf Erfolgsfaktoren ausschlagegebend:

  • die Ressourcen und Kompetenz der Behörde,
  • eine frühzeitige und gute Kommunikation sowie Öffentlichkeitsbeteiligung,
  • ein gutes Verfahrensmanagement,
  • eine strategische Planung sowie 
  • vollständige Unterlagen. 

Ist ein UVP-Verfahren abgeschlossen, können Projektwerber:innen davon ausgehen, dass die erhaltene Genehmigung wirkt, hält und letztlich auch dazu führt, dass das gewünschte Projekt tatsächlich durchgeführt werden kann. Ein wesentlicher Faktor von UVP-Verfahren ist somit die Rechts- und Planungssicherheit, die Projektwerber:innen durch die Prüfung erhalten. Der erlangte Input während des Verfahrens kann Projektwerber:innen dabei helfen, die Qualität ihrer Projekte zu steigern. Dies kann jedenfalls zu einem Wachstum der Akzeptanz von Umweltprojekten führen. Den Nutzen von UVP-Verfahren in Frage zu stellen beziehungsweise das schlechte Ansehen, welches diese Verfahren derzeit aufweisen, entspricht daher keineswegs der Realität. 

Darüber hinaus unterliegen nicht alle Umweltprojekte einer Umweltverträglichkeitsprüfung, lediglich die größten Projekte wie beispielsweise die Errichtung eines Flughafens oder auch einer Autobahn sind prüfungspflichtig. Im Bereich der erneuerbaren Energien liegt der Schwerpunkt der UVP-Verfahren im Bereich der Wasser- und Windkraft; kleine und mittelgroße PV-Anlagen sind von einer Prüfungspflicht nicht umfasst. 

Neben der Annahme „Umweltverfahren dauern zu lange“ hat sich auch die Ansicht etabliert, dass wir uns zwischen Klimaschutz und Naturschutz entscheiden müssen. Derzeit befinden wir uns im größten Artensterben der Geschichte. Wie sich die Vernichtung einzelner Arten auf das gesamte Ökosystem auswirkt ist nicht eindeutig. Allerdings ist unbestritten, dass funktionierende Ökosysteme mehr CO2 aufnehmen als sie emittieren. Gekippte Ökosysteme erzielen genau den gegenteiligen Effekt. Werden Ökosysteme vernichtet, emittiert man letztendlich noch CO2, anstatt diese Systeme zu nutzen um CO2 aufzunehmen. 

Sohin kann festgehalten werden: Das Entnehmen einzelne Bausteine aus dem Ökosystem kann zu einem Zusammenbrechen des gesamten Ökosystems sowie zum Ausstoß von CO2 führen. Bei Naturschutz und Klimaschutz handelt es sich um zwei Thematiken, die gemeinsam gelöst werden müssen. Sie gegeneinander auszuspielen widerspricht allenfalls den Gegebenheiten der Natur. 

Der Linde Verlag ist tätig im Bereich Recht, Wirtschaft und Steuern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Steuerrecht. Erfahren Sie hier mehr über die Verlagsgeschichte, die Programmstruktur und die Kooperationspartner des Hauses.