Re:Re: Trunkenheit / Entlassung / Nachweis?

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#71504
Roland
Teilnehmer

Hallo Harry!

Leider ist das Entlassungsrecht extrem komplex und man kann hier nur mit „Tipps“ dienen.
Ich habe dir aus dem Buch „Arbeitsrecht für Arbeitgeber“ reinkopiert (siehe unten), da kannst du ein bisschen „stöbern“.

34.2 Entlassung wegen Trunkenheit
Wie schon erwähnt, ist im Fall des Alkoholkonsums am Arbeitsplatz eine Entlassung (siehe 42.) zu erwägen.

Für Arbeiter sieht das Gesetz (§ 82 lit. c GewO 1859) ausdrücklich vor, dass die Entlassung zulässig ist, wenn der AN der Trunksucht verfällt und wiederholt fruchtlos verwarnt wurde.

Demnach setzt die Entlassung voraus, dass der Arbeiter wiederholt alkoholisiert am Arbeitsplatz angetroffen wurde, einen Hang zum Alkoholismus erkennen lässt und die Verwarnungen unbeachtet bleiben. Der AN sollte dabei mindestens zweimal verwarnt werden, wobei zwischen den einzelnen Verwarnungen kein zu großer Abstand liegen darf. Falls etwa die erste Verwarnung ein Jahr zurückliegt, sollte erst nach einer dritten Verwarnung entlassen werden, sofern die dritte Verwarnung in einem engeren zeitlichen Zusammenhang zur zweiten Verwarnung steht. Sollte ein Hang zum Alkoholismus nicht erkennbar, aber der AN wiederholt vergeblich verwarnt worden sein, so kommt eine Entlassung wegen beharrlicher Pflichtenvernachlässigung in Frage. Unter den vorerwähnten wiederholten Alkoholisierungen am Arbeitsplatz sind deutlich erkennbare Beeinflussungen durch Alkohol zu verstehen, ohne dass aber jeweils ein Vollrausch vorliegen muss (Arb 9.112). Ein Entlassungsgrund ist auch dann gegeben, wenn die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt war.

Erfahrungsgemäß erklären die wegen Alkoholkonsum entlassenen AN, sie hätten lediglich „ein oder zwei Bier“ bzw. „einen oder zwei G’spritzte“ in der Mittagspause getrunken. Von entscheidender Bedeutung ist daher der vom AG zu führende Beweis der Verwarnung(en) und der erheblichen Alkoholisierung des AN, die zur Entlassung geführt hat (siehe 34.3).

Der AG ist überdies berechtigt, jeglichen Alkoholkonsum zu untersagen. Mehrfache Verstöße gegen eine derartige Weisung trotz Verwarnung würden ebenfalls eine Entlassung rechtfertigen. Dies insbesondere dann, wenn die Art der Tätigkeit des AN für das vom AG verhängte Alkoholverbot spricht (Tätigkeiten auf Gerüsten, etc. – OGH 8 Ob A 17/01 k = ARD 5232/2/2001).

Falls der AN bereits der krankhaften Alkoholsucht verfallen sein sollte, so kann die Entlassung wegen Arbeitsunfähigkeit gerechtfertigt sein (OGH 9 Ob A 186/93, 14 Ob A 75/87 = RdW 1988, 53). Da in einem solchen Fall jedoch von einer unverschuldeten Entlassung auszugehen ist, ist zwar die Kündigungsfrist nicht einzuhalten, aber der Abfertigungsanspruch bleibt bestehen (sofern der AN wenigstens 3 Jahre beschäftigt war).

Der AG müsste nach einer Entlassung wegen Alkoholkonsum im Dienst hingegen die Alkoholisierungen und die vergeblichen Verwarnungen beweisen. Gelingt daraufhin dem AN der Nachweis des krankhaften Alkoholkonsums, so ist von einer unverschuldeten Entlassung auszugehen.

Besonders schwerwiegende Verstöße gegen arbeitsrechtliche Pflichten berechtigen den AG auch dann zur Entlassung wegen beharrlicher Pflichtvernachlässigung, wenn keine Verwarnungen vorliegen, weil sich die Beharrlichkeit aus dem Gewicht des Verstoßes ergibt. Dies ist etwa im Fall des Fahrens mit einem Autobus in alkoholisiertem Zustand (OGH 9 Ob A 34/95 = ARD 4693/17/95) oder mit einem Spezial-LKW im Wert von E 360.000,– mit 1,1 Promille gegeben (OLG Wien 7 Ra 8/04d = ARD 5552/14/2004).

Falls ein strafbares Verhalten des AN vorliegt (z.B. wenn er im Zuge einer dienstlichen Fahrt den PKW alkoholisiert lenkt), so besteht die Möglichkeit, den AN wegen eines strafbaren Verhaltens (ohne vorausgehende Verwarnungen) zu entlassen (für Arbeiter im § 82 lit. d GewO 1859 geregelt).

Bei der Entlassung eines Angestellten wegen Alkoholmissbrauch gelten im Wesentlichen ähnliche Bestimmungen, wobei bezüglich des Verhaltens insbesondere leitender Angestellter strengere Kriterien (als bei Arbeitern oder etwa unterdurchschnittlich verdienenden Angestellten) angewendet werden können (OGH 8 Ob A 380/97 k, 9 Ob A 236/98 s etc., siehe 42.1.3).

Eine Verletzung des strikten Alkoholverbots während einer Rufbereitschaft als Maschinist eines Seilbahnunternehmens kann eine Entlassung rechtfertigen (OGH 8 Ob A 7/06 x = ARD 5712/9/2006).

LG