Re:Re: Exekution von Freiwilligen Sonderzahlungen

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#71489
Roland
Teilnehmer

Hallo Monika!

Das ist eine harte Nuss!

Ich habe dir unten einen Text aus dem Buch: „Arbeitsrecht für Arbeitgeber“ von T. Rauch reinkopiert, da findest du mal die arbeitsrechtliche Seite.
Die „richtige“ Antwort bleibt aber leider trotzdem offen, weil sich der AG nicht ganz „an die Spielregeln“ gehalten hat.
Er hat zwar (vorbildlich) bereits im DV die Freiwilligkeit (und hoffentlich auch die Widerrufbarkeit – das geht aus deinem Text nicht so ganz hervor) definiert, aber mE hätte er auch (wenigstens dann und wann) bei der Zahlung dieser Prämie auf diese „Einmaligkeit“ und „Widerrufbarkeit“ hinweisen müssen.
Also wäre das wieder mal so ein Fall fürs Gericht – spannend!

Hier der versprochene Text:
14.15.1 Vereinbarung und regelmäßige Mitteilung des Widerrufsvorbehalts
Auf Grund der herrschenden Judikatur verliert eine vom AG einem AN regelmäßig gewährte Zuwendung, mit der der AN rechnen kann, dann den Charakter der Freiwilligkeit und begründet einen Rechtsanspruch auf deren weitere Zahlung, wenn mangels ausdrücklicher Betonung des freiwilligen und jederzeit widerrufbaren Charakters der Zuwendung ein Entgeltanspruch als vereinbart angenommen werden kann. Es kommt in diesem Zusammenhang allein darauf an, was ein AN dem Erklärungsverhalten des AG entnehmen kann (OGH 8 Ob A 191/98 s, 9 Ob A 300/00 h). Es ist daher zweckmäßig, schon bei Begründung des Arbeitsverhältnisses eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Daher ist zu empfehlen, bereits im Arbeitsvertrag auf die Freiwilligkeit einer bestimmten Leistung zu verweisen (etwa auf das 15. Gehalt) und ausdrücklich zu vereinbaren, dass jederzeit durch den AG einseitig ein Widerruf erfolgen kann. Weiters sollte zwecks Vermeidung eines klagbaren Anspruches auf die an sich freiwillige Leistung des AG regelmäßig dem AN mitgeteilt werden, dass die Freiwilligkeit und jederzeitige Widerrufbarkeit der Leistung vereinbart worden ist. Der bloße Hinweis auf die Freiwilligkeit oder Einmaligkeit der Leistung ist nicht ausreichend bzw. ermöglicht nicht den Widerruf (OGH 9 Ob A 57/00 g = ARD 5206/17/2001, OGH 8 Ob A 34/03 p = ARD 5450/2/2003).

Nach der Rechtsprechung ist ein solcher Widerrufsvorbehalt nicht unbedingt nach jeder einzelnen Gewährung der freiwilligen Leistung mitzuteilen (OGH 8 Ob A 141/97 m = ARD 4944/10/98).

Für die Begründung eines Rechtsanspruches auf eine freiwillige Leistung wird es vielfach ausreichend sein, wenn diese Leistung ohne entsprechenden Widerrufsvorbehalt mindestens zweimal an den AN ausbezahlt wird.

Falls keine Vereinbarung über die Freiwilligkeit und Widerrufbarkeit erfolgt ist, so müsste jedenfalls regelmäßig mitgeteilt werden, dass es sich um eine einmalige, freiwillige widerrufbare Leistung, auf die kein Rechtsanspruch entstehen kann, handelt.

Bevor eine solche freiwillige jederzeit widerrufbare Leistung im Betrieb eingeführt wird, sollten jedoch bestimmte auch mit der Freiwilligkeit und dem Widerrufsvorbehalt verbundene Folgen bedacht werden. Freiwillige Leistungen haben nämlich Entgeltcharakter und sind daher insbesondere auch bei der Berechnung der Abfertigung, des Urlaubs- und Krankenentgelts zu berücksichtigen (OGH 9 Ob A 94/94 = ARD 4605/31/94; OLG Wien 10 Ra 267/98 b = ARD 5039/12/99).

Es kann jedoch rechtswirksam vereinbart werden, dass die freiwillige Leistung nicht in die Abfertigung einbezogen werden soll (OGH 8 Ob A 115/04 a).

Zu beachten ist aber auch, dass eine Prämie für die Dauer entgeltpflichtiger Krankenstände nicht gekürzt werden kann und auch der Entfall wegen AN-Kündigung als unzulässig angesehen wird (siehe 14.15.3). Bezüglich des Widerrufs wäre zu berücksichtigen, dass die Ausübung des Widerrufsrechts durch den AG an gewisse sachliche Gründe gebunden ist und diese mit den Interessen des AN abgewogen werden müssen (siehe 14.15.6).

Anwesenheitsprämien sieht die Rechtsprechung als unzulässig an (siehe 20.12).

Von einer betrieblichen Übung kann nur dann gesprochen werden, wenn die wiederholten Leistungen des AG nach einem nachvollziehbaren System gewährt werden (Bestimmtheiterfordernis nach § 869 ABGB – OGH 9 Ob A 176/02 a = ARD 5406/1/2003). Falls daher der AG jährlich Leistungen gewährt, deren Höhe erheblich schwankt (wobei diese Schwankungen keinem objektivierbaren System folgen), so kann kein Rechtsanspruch entstehen (allenfalls nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz falls einzelne AN willkürlich ausgeschlossen werden). Erhält beispielsweise ein AN eine Erfolgsbeteiligung, deren (stark schwankende) Höhe jeweils vom Vorstand festgesetzt wird, kann sich der AN nicht auf einen durch eine betriebliche Übung entstandenen Anspruch berufen (OGH 8 Ob A 74/04 x = ARD 5546/5/2004, ähnlich OGH 9 Ob A 99/06 h – Auszahlung von Jubiläumsgeld an einzelne AN ohne generalisierendes Prinzip).

So weit der Text.

Muss ehrlich sagen, dass ich eher auf „Anspruch“ tippe und daher die Beträge mitgepfändet werden müssen, aber das ist halt wirklich nur ein Tipp aus weiter Ferne!

LG