Antwort auf: SEG-Zulagen

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#67496
rkraft
Teilnehmer

Liebe/r TP,

der Kollektivvertrag für Arbeitnehmer der Gesundheits- und Sozialberufe (BAGS-KV) sieht im § 31 tatsächlich – wie Sie zutreffend anführen – nur in sehr allgemein gehaltener Weise eine Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulage für „Arbeitnehmerinnen, die unter erschwerten Bedingungen arbeiten“ vor, ohne Details zu definieren.

Der Umstand, dass der Kollektivvertrag eine solche Zulage vorsieht, entkräftet m.E. eindeutig das Argument, dass Gefahren und Erschwernisse mit der Einstufung in die Verwendungsgruppe allgemein abgegolten sind. Wäre dieses Argument zutreffend, bliebe ja für die SEG-Zulage überhaupt kein Raum. Abgegolten sind daher mit dem Entgelt laut Einstufung nur jene Verschmutzungen, Erschwernisse bzw Gefährdungen, die nicht die maßgebliche „AUSSERORDENTLICHKEITS-Schwelle“ überschreiten. Wo hier die Grenze liegt, ist aber nun infolge der schwammigen KV-Regelung nicht messerscharf festzustellen.

Ich denke, dass man sich auch für die arbeitsrechtliche Beurteilung gemäß dem BAGS-KV an den steuerlich herausgearbeiteten Kriterien orientieren wird können. Und da ist es durchaus anerkannt, dass nicht nur physische, sondern AUCH PSYCHISCHE FAKTOREN eine ERSCHWERNIS bewirken können (eine psychisch bedingte Verschmutzung oder Gefährdung wird hingegen kaum in Betracht kommen).

So wird zB innerhalb der Berufsgruppe Ärzte den Ärzten in Unfall-, Intensivstationen und psychiatrischen Stationen der erschwerende Charakter der Tätigkeit zugestanden. In der Berufsgruppe Pflegepersonal in Krankenanstalten wird zB ebenfalls bei der Tätigkeit in Unfall-, Intensivstationen und in psychiatrischen Stationen die Erschwernis anerkannt; ebenso im Falle von Tätigkeiten mit kurzfristigen medizinischen Entscheidungen ohne Anstaltsarzt (siehe zu all diesen Beispielen die Rz 1136 Lohnsteuerrichtlinien).
Diese von der Finanz anerkannten Beispiele zeigen, dass sehr wohl psychische Erschwernisse in Betracht kommen.

Ob letztlich eine analoge Anwendung auf die Betreuung verhaltensauffälliger Jugendlicher in einer Wohngemeinschaft in Frage kommt, ist schwer zu beurteilen, ich fürchte aber (bloß gefühlsmäßig, ohne eine fundierte Grundlage dafür bieten zu können), dass die Finanz dies eher verneinen würde.

Interessant wäre, wenn Sie eine Anfrage nach § 90 EStG ans zuständige Betriebsstättenfinanzamt stellen würden. Damit könnte man zumindest die steuerliche Seite etwas aufhellen:
Für eine § 90-Anfrage ist nur ein formloses Schreiben an das Finanzamt nötig, in dem Sie möglichst KONKRET den Sachverhalt schildern und die zu beurteilende Lohnsteuerfrage formulieren. Am besten Sie führen dabei Ihre Rechtsmeinung (in der Sie kurz die besonderen Erschwernisfaktoren hervorheben, zB typisch auftretende, den Betreuer besonders belastende Verhaltensstörungen der Schützlinge) an und ersuchen die Finanz um Bestätigung Ihrer Rechtsmeinung. Die Finanz muss auf eine solche Anfrage laut Gesetz tunlichst binnen 14 Tagen schriftlich antworten.

Schöne Grüße,
Rainer Kraft