Antwort auf: Entlassung

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rkraft
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Liebe Ingrid,

wenn ein Dienstnehmer seinen Urlaub ohne Absprache mit dem Dienstgeber (bzw der Geschäftleitung oder dem zuständigen Vorgesetzten) antritt, ist dies grundsätzlich eine Pflichtverletzung, die eine Entlassung rechtfertigen kann. In arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten wurde schon einigemale ausgesprochen, dass eine Entlassung wegen eigenmächtigen Urlaubsantritts berechtigt ist (zum Beispiel: OLG Wien 18. 11. 2004, 10 Ra 153/04z).

Wie Sie wissen, ist bei Entlassungen aber immer höchste Vorsicht geboten. Schon oft haben Arbeitgeber vor Gericht dabei den Kürzeren gezogen, obwohl der Sachverhalt zunächst sonnenklar ausgesehen hat.

Es kommt immer ganz entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an. Bei einer beabsichtigten Entlassung wegen eigenmächtigen Urlaubsantritts ist beispielsweise von Bedeutung,
– in welcher Art und Weise im konkreten Betrieb üblicherweise Urlaubsvereinbarungen zustande kamen bzw kommen: Es macht einen großen Unterschied, ob im Betrieb strikte Regelungen für die Urlaubsgenehmigung existieren und auch immer eingehalten wurden (zB schriftlicher Urlaubsantrag an Vorgesetzten, ausdrückliche Genehmigung durch diesen), oder ob der Urlaubsverbrauch – wie in manchen Betrieben üblich – eher locker gehandhabt wurde (zB Arbeitnehmer haben weitgehend freie Hand, sich kurzfristig Urlaub zu nehmen, ohne dies vorher mit den vorgesetzten Stellen abzuklären, in diesem Fall kamen die Urlaubsvereinarungen quasi konkludent zustande).
In letzterem Fall wird man sich eher schwer tun, als Argument für die Entlassung einen „eigenmächtigen Urlaubsantritt“ durchzubringen.
– Auch die Beweisfrage spielt eine wichtige Rolle. Wenn es dem Arbeitnehmer zB gelingt, das Gericht davon zu überzeugen, dass er den Urlaubswunsch doch mit dem Geschäftsführer abgeklärt hat oder dass es seitens der Firma in der Vergangenheit toleriert wurde, wenn Mitarbeiter kurzfristig und ohne ausdrückliche Abklärung bzw Genehmigung Urlaub nahmen, wird man sich ebenfalls schwer tun, eine Entlassung durchzubringen.

Zur Frage der Entlassungszustellung:
🙁 Laut Rechtsprechung gilt zwar als Grundregel, dass eine Willenserklärung (zB Entlassung) dem Erklärungsempfänger erst dann als zugegangen gilt, wenn sich dieser unter normalen Umständen von ihrem Inhalt Kenntnis verschaffen kann. Das heißt, die postalisch übermittelte Entlassung gilt einem Arbeitnehmer, der beim Zustellversuch nicht zu Hause, sondern auf Urlaub ist, normalerweise erst am ersten Werktag nach der Rückkehr als zugestellt (vgl OGH 25. 2. 2004, 9 ObA 147/03p).
🙂 ABER: In dem Sonderfall, dass der Arbeitnehmer den Urlaub unberechtigt angetreten hat, wurde in der Rechtsprechung schon des öfteren entschieden, dass die Zustellung an die Wohnadresse des Arbeitnehmers auch bei dessen Abwesenheit wirksam erfolgt:

„Bei Entlassungen, deren Grund unmittelbar in einem unberechtigten Urlaubsantritt liegt, gilt der erfolglose Versuch, die Entlassungserklärung wegen der dem Arbeitgeber nicht bekannten Urlaubsadresse an die Wohnadresse zuzustellen, als ordnungsgemäße Zustellung. Somit gilt die Entlassungserklärung dem Arbeitnehmer gegenüber nicht erst nach Rückkehr von seinem eigenmächtig angetretenen Urlaub als rechtswirksam zugestellt, sondern bereits mit Zustellung an dessen Wohnadresse während des Urlaubs (OLG Wien 18. 11. 2004, 10 Ra 153/04z).

So unbefriedigend es aus Arbeitgebersicht letztlich ist, sollten Sie aus oben genannten Gründen bei der Entscheidung über die Entlassung sehr vorsichtig vorgehen.

Schönes Wochenende,
Rainer Kraft