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Von der Führungsetage ins Abseits – Wissenswertes zur Bestellung und Abberufung von GmbH-Geschäftsführern durch die Gesellschafter

(Bild: © ilkercelik) (Bild: © ilkercelik)

Sie sind die wichtigsten Entscheidungsträger einer GmbH, sie tragen Verantwortung und haften für ihre Fehlentscheidungen: die Geschäftsführer. Ihnen kommt eine besondere Stellung in der GmbH zu, weswegen ihre Bestellung und Abberufung für jede GmbH im Laufe der Zeit zum Thema wird und daher in der Praxis sehr bedeutend ist. Der Beitrag widmet sich der Frage, wie Geschäftsführer einer GmbH bestellt werden, arbeitet die zum Teil sehr sensible Frage ihrer Abberufung und die dafür notwendigen Voraussetzungen auf und zeigt, dass der Weg von der Führungsetage ins Abseits ein sehr kurzer sein kann und der Job als Geschäftsführer bei Leibe kein Job für die Ewigkeit ist. Ausnahmen bestätigen die Regel.

1. Wer kann Geschäftsführer einer GmbH werden?

Geschäftsführer eine GmbH kann jede natürliche (nicht juristische) handlungs- und geschäftsfähige Person sein. Jede GmbH muss zumindest einen Geschäftsführer haben. Dies ergibt sich aus § 15 Abs 1 GmbHG. In Sondergesetzen oder auch im Gesellschaftsvertrag kann freilich eine höhere Anzahl von Geschäftsführer vorgesehen sein. So etwa in § 5 Abs 1 Z 12 BWG, der für Kreditinstitute in der Rechtsform einer GmbH mindestens zwei Geschäftsführer vorsieht.

Eine besondere Ausbildung oder Befähigung iSv besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten oder Befähigungsnachweisen schreibt das Gesetz nicht vor. Zu beachten ist aber, dass zumindest ein Geschäftsführer seinen Wohnsitz im Inland haben muss. Ebenso zu beachten ist, dass Aufsichtsratsmitglieder nur unter den Voraussetzungen des § 30e Abs 2 GmbHG zum Geschäftsführer bestellt werden können, dh nur für einen im Voraus begrenzten Zeitraum können durch Gesellschafterbeschluss einzelne Aufsichtsratsmitglieder zu Vertretern von verhinderten Geschäftsführern bestellt werden. In dieser Zeit dürfen sie keine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ausüben.

Anders als bei den Personengesellschaften, bei denen sich die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis bereits dem Gesetz nach (siehe dazu etwa §§ 114, 125 UGB) aus der Gesellschafterstellung ergibt, bedarf es bei den Kapitalgesellschaften GmbH und AG eines förmlichen Bestellungsaktes zur Erlangung der Stellung des Geschäftsführers bzw Vorstandes.

Ebenso anders als bei Personengesellschaften kann bei GmbH und AG Geschäftsführer bzw Vorstand auch eine Person sein, die nicht Gesellschafter ist. Dies ergibt sich aus dem Prinzip der Dritt- bzw Fremdorganschaft, wonach Geschäftsführer einer GmbH bzw Vorstandsmitglieder einer AG Gesellschafter sein können aber nicht müssen.

2. Die Bestellung zum Geschäftsführer

Die Bestellung zum Geschäftsführer kann auf mehrere Arten und Weisen geschehen. Diese und die dabei zu beachtenden Besonderheiten werden im Folgenden kurz dargestellt:

2.1. Bestellung durch Gesellschaftsvertrag

Die erste Möglichkeit den Geschäftsführer zu bestellen, ist die Bestellung durch Gesellschaftsvertrag. Im Gesellschaftsvertrag können jedoch nur einstimmig Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt werden und die Bestellung maximal bis zum Ende der Gesellschafterstellung aufrecht bleiben. Scheidet der Gesellschafter aus der GmbH aus, so erlischt auch automatisch seine Stellung als Geschäftsführer.

Die Bestellung kann aber nicht nur im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag sondern auch durch Änderung des Gesellschaftsvertrages erfolgen. Für eine Änderung des Gesellschaftsvertrages ist eine Mehrheit von 3⁄4 der abgegebenen Stimmen erforderlich (§ 50 Abs 1 GmbHG). Die Bestellung zum Geschäftsführer wird in diesem Fall erst mit Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrages im Firmenbuch wirksam.

Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag bietet für den Bestellten die Möglichkeit, dass er verlangen kann, dass im Gesellschaftsvertrag der Passus aufgenommen wird, dass er vorzeitig nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann, Dies schafft für den Geschäftsführer eine größere Rechtssicherheit, da er ansonsten jederzeit ohne wichtigen Grund wieder abberufen werden könnte, was sich nachfolgend noch zeigen soll.

2.2. Bestellung durch Gesellschafterbeschluss

Die Bestellung der Geschäftsführer kann durch Gesellschafterbeschluss (§ 15 Abs 1 Satz 3 GmbHG) erfolgen, für den einfache Mehrheit genügt (§ 39 Abs 1 GmbHG), sofern im Gesellschaftsvertrag nicht Abweichendes vorgesehen ist.

Durch Gesellschafterbeschluss können sowohl Gesellschafter als auch Dritte zum Geschäftsführer bestellt werden. Soll durch Gesellschafterbeschluss ein Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt werden, so hat er dabei ein Stimmrecht. Dh hält ein Gesellschafter mehr als 50% der Anteile, kann er sich durch Gesellschafterbeschluss selbst zum Geschäftsführer bestellen. Die Bestellung ist mit der (auch konkludenten) Zustimmung des Bestellten unabhängig von der Eintragung ins Firmenbuch wirksam.

2.3. Sonderfälle

Einzelnen Gesellschaftern können gesellschaftsvertraglich Namhaftmachungsrechte (bindende Vorschläge), Zustimmungsvorbehalte (Vetorechte) und Entsendungsrechte eingeräumt werden, ebenso wie ein Sonderrecht auf Geschäftsführung.

3. Die Abberufung als Geschäftsführer

3.1. Abberufung durch Gesellschafterbeschluss

Eine Abberufung kann unabhängig von der Art der Bestellung jederzeit durch Gesellschafterbeschluss erfolgen (§ 16 Abs 1 GmbHG).

Für die Abberufung genügt mangels entgegenstehender gesellschaftsvertraglicher Regelung eine einfache Mehrheit. Eine Begründung ist nicht erforderlich; zu beachten ist jedoch, dass bei der Abberufung eines Geschäftsführers, der auch Gesellschafter ist, diesem ein Stimmrecht zukommt. Dh hält ein Gesellschafter mehr als 50% der Anteile, so konnte er sich bereits im Alleingang zum Geschäftsführer bestellen und kann durch Gesellschafterbeschluss auch nicht abberufen werden.

Die Abberufung ist mit Zugang der Bekanntgabe des Beschlusses an den Geschäftsführer wirksam. Ist er bei der Beschlussfassung anwesend, dann sofort. Die spätere Eintragung hat bloß deklarative Wirkung. Solange die Abberufung aber nicht in das Firmenbuch eingetragen und bekanntgemacht worden ist, kann sie Dritten nicht entgegengehalten werden, außer diesen war die Abberufung bekannt.

Für die Abberufung von Gesellschaftern, die im Gesellschaftsvertrag bestellt worden sind und die im Gesellschaftsvertrag in der Form Sorge getragen haben, dass die Möglichkeit ihrer Abberufung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt ist, sind nicht mehr einer oben dargestellten „Willkür“ ihrer Gesellschafterkollegen ausgesetzt und sind gegen eine unbegründete Abberufung geschützt (§ 16 Abs 3 GmbHG). Dies empfiehlt sich vor allem für Minderheitsgesellschafter und solche, die selbst keine einfache Mehrheit an Stimmrechten besitzen. In diesem Fall ist der Widerruf der Bestellung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes zwar solange wirksam, bis über seine Unwirksamkeit, insbesondere auch über das Vorliegen eines wichtigen Grundes rechtskräftig durch ein Gericht entschieden ist (§§ 41, 42 und 44 GmbHG).

Beispiele für wichtige Gründe sind: Unfähigkeit zur Geschäftsführung, Änderung der Gesellschaftsverhältnisse, wodurch ein Geschäftsführer überflüssig wird, Pflichtverstöße wie etwa eine Verletzung des Wettbewerbsverbotes nach § 24 GmbHG, Stellen eines unberechtigten Insolvenzantrages, grobe Pflichtverletzung und Verlust des Vertrauens. Hierbei handelt es sich aber lediglich um eine demonstrative (beispielhafte) Aufzählung; ein wichtiger Grund ist auch immer dann anzunehmen, wenn das weitere Verbleiben des Geschäftsführers nach den Umständen des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen sämtlicher Gesellschafter den übrigen Gesellschaftern nicht mehr zumutbar ist, etwa weil die Fortdauer der Tätigkeit des Geschäftsführers die Belange der Gesellschaft erheblich gefährden würden.

Es sind jeweils die Gesamtumstände des Einzelfalles unter Abwägung der Interessen der Gesellschaft bzw sämtlicher Gesellschafter zu würdigen. Verschulden ist jeweils keine notwendige Voraussetzung. So kann auch unverschuldete dauernde Krankheit genügen. Grobes Verschulden ist nur dann entscheidend, wenn der wichtige Grund der groben Pflichtverletzung geltend gemacht wird.

Gesellschafter, die im Gesellschaftsvertrag ein Sonderrecht auf Geschäftsführung eingeräumt bekommen haben, müssen ihre Abberufung durch Gesellschafterbeschluss zustimmen. Tun sie dies nicht, so bleibt nur die Möglichkeit einer gerichtlichen Abberufung aus wichtigem Grund.

3.2. Gerichtliche Abberufung aus wichtigem Grund (Abberufungsklage)

Die in § 16 Abs 2 GmbHG geregelte Abberufung durch das Gericht spielt dann eine wichtigen Rolle, wenn eine Abberufung durch Gesellschafterbeschluss nicht möglich ist, etwa weil der Geschäftsführer, der auch Gesellschafter ist und mehr als 50% der Anteile hält gegen seine Abberufung stimmt oder er zwar selbst nicht mehr als 50% der Anteile hält, er oder aber auch ein Geschäftsführer, der nicht zugleich Gesellschafter ist, aber von der Mehrheit gestützt wird. Ebenso, wenn einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag ein Sonderrecht auf Geschäftsführung eingeräumt wurde.

Aus diesem Grund sieht § 16 Abs 2 GmbHG vor, dass ein Geschäftsführer aus wichtigem Grund abberufen werden kann. Es handelt sich um die Abberufung durch Abberufungsklage. Klageberechtigt sind nach überwiegender Auffassung die übrigen Gesellschafter. Das Gericht hat die geltend gemachten Gründe dahingehend zu prüfen, ob diese wichtige Gründe darstellen. Die Beweislast, dass es sich um wichtige Gründe handelt, trifft den Kläger.

3.3. Sonderfälle

Gesellschafter, denen im Gesellschaftsvertrag ein Sonderrecht auf Geschäftsführung eingeräumt worden ist (§ 50 Abs 4 GmbHG) können gerichtlich nur aus wichtigem Grund abberufen werden. Geschäftsführer, die basierend auf einer diesbezüglichen gesellschaftsvertraglichen Regelung durch einen Gesellschafter entsandt worden sind, können von diesem auch wieder abberufen werden.

4. Fazit

Der Beitrag soll zeigen, dass die Abberufung eines Geschäftsführers grundsätzlich ohne wichtigen Grund vollzogen werden kann. Speziell im Gesellschaftsvertrag gibt es jedoch für Gesellschafter zahlreiche Möglichkeiten sich durch eine Abberufung ohne wichtigen Grund abzusichern, weswegen das Vorliegen eines wichtigen Grundes notwendig ist. Ist von letzterer Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht worden, so bleibt der Geschäftsführer etwas überspitzt formuliert „Spielball“ der Gesellschafter und muss durch sein Handeln immer darauf achten, dass er stets Gesellschafter mit Stimmrechten von mindestens 50% hinter sich vereint, was einer eigenständigen Entscheidungsfindung im Wege stehen kann.

Für denjenigen, der sich rechtlich nicht absichert, kann der Weg von der Führungsetage ins Abseits ein kurzer sein, wie der obige Beitrag zweifellos dargelegt hat.

Zum Autor:

Univ. Lektor Dr. Patrick Stummer, Institut für Recht der Wirtschaft, Universität Wien

Für diesen Beitrag wurde folgende Literatur verwendet: Rieder/Huemer, Gesellschaftsrecht (4. Auflage); Fritz/Scharf/Siess, Die GmbH in der Praxis (3. Auflage); Mader, Kapitalgesellschaften (9. Auflage); Torggler, GmbH-Gesetz; Straube/Ratka/Rauter, Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz.