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OGH zur Frage des Rechts auf Beschäftigung und zur Qualifikation der Nichtbeschäftigung als Mobbing

(Bild: © iStock/Josh Hild) (Bild: © iStock/Josh Hild)

Der OGH stellt erneut klar, dass nur in Ausnahmefällen ein Recht auf Beschäftigung besteht und eine Nichtbeschäftigung im Rahmen einer Dienstfreistellung grundsätzlich nicht als Mobbing zu qualifizieren ist.

Der Kläger war als sicherheitspolitischer Forscher und Hauptlehroffizier tätig, bevor auf seine Arbeitsleistung verzichtet wurde. Bereits die Vorinstanzen gelangten zur Auffassung, dass ein „Recht auf Beschäftigung“ nicht zustehe und es nicht unüblich sei, dass mit einer Dienstfreistellung auch der Wegfall bestimmter dienstlicher Kontakte und die Einschränkung des Zugriffs auf gewisse Publikationen verbunden ist. Der Kläger argumentierte, dass auch intellektuelle Fähigkeiten „einrosten“ können und seine Beschäftigung für den Erhalt und die Entwicklung seiner beruflich-wissenschaftlichen Qualifikation von ausschlaggebender Bedeutung sei.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) führte aus, dass nach gefestigter Rechtsprechung kein allgemeines Recht auf Beschäftigung besteht (OGH 3.5.2021, 8 ObA 12/21d). Abseits ausdrücklicher gesetzlicher Anordnungen (z.B. § 18 TAG; § 18 BAG) wird nur in Ausnahmefällen bestimmten Arbeitnehmern, bei denen das Brachliegen ihrer Fähigkeiten zum Qualitätsverlust und zur Minderung des Niveaus führt, ein sich aus der Natur des Arbeitsvertrages ergebendes Recht auf Beschäftigung zuerkannt (etwa beim Gefäßchirurgen oder Profifußballer, nicht hingegen beim Verkaufsleiter). Im Einzelfall könnten zwar auch schutzwürdige Interessen eines Wissenschaftlers durch eine Nichtbeschäftigung beeinträchtigt werden (z.B. wenn dieser ausnahmsweise ein eigenes objektiv nachvollziehbares Interesse an den Arbeitsergebnissen hat) – dann ist im Rahmen einer Interessenabwägung danach zu fragen, ob den schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers wichtige Gründe entgegenstehen, die dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers objektiv unzumutbar machen.

Im vorliegenden Fall stellte sich diese Frage aber gar nicht, weil keine Beeinträchtigung schützenswerter Interessen des Klägers festgestellt werden konnte.

Auch ein für Mobbing charakteristisches Geschehen konnte vom Kläger nicht erfolgreich argumentiert werden. Für Mobbing ist das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung etc. Die Beurteilung, ob Auseinandersetzungen zwischen Mitarbeitern am Arbeitsplatz Mobbing zugrunde liegt, das den Dienstgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht zu Gegenmaßnahmen verpflichtet und um welche Gegenmaßnahmen es sich dabei handeln muss, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Selbst wenn man die Nichtbeschäftigung als Mobbinghandlung in Betracht ziehen würde, würde dadurch quasi durch die Hintertür ein Recht auf Beschäftigung zugebilligt. Das liefe der Rechtsprechung zuwider, die ein allgemeines Recht auf Beschäftigung nicht anerkennt.

Auch die vom Kläger vorgebrachte Ladung zur ärztlichen Untersuchung zur Überprüfung seiner Dienstfähigkeit, die herabwürdigenden Äußerungen des Beklagtenvertreters oder die Nichtbeantwortung zweier seiner Schreiben zu seiner „Dienstfreistellung“ konnten kein Mobbing begründen, weil dies nicht als konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen („Bossing“)  qualifiziert werden kann, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder mehreren Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel bzw. Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet.

Zur Autorin

Mag. Eszter Tóth ist Rechtsanwaltsanwärterin bei Preslmayr Rechtsanwälte.

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